Arzneimittel und Therapie

Raloxifen bei Schizophrenie

Ein SERM könnte eine Option in der Postmenopause sein

Bei Frauen mit Schizophrenie verschlimmern sich die psychotischen Symptome häufig unter sinkenden Estrogen-Spiegeln. Eine adjuvante Estrogen-Therapie ist allerdings mit einem erhöhten Thromboembolierisiko und unerwünschten Wirkungen auf das Brust- und Uterusgewebe verbunden. Eine Alternative könnte der Estrogenrezeptor-Modulator Raloxifen sein, wie eine aktuelle Studie zeigt.

Ein nicht unerheblicher Anteil der an Schizophrenie Erkrankten hat trotz antipsychotischer Medikation persistierende Symptome. Bekannt ist, dass sich bei Frauen psychotische Symptome oft dann verschlimmern, wenn die Estrogen-Spiegel absinken, wie in der Follikelphase des Menstruationszyklus, nach der Geburt oder in den Wechseljahren. Estrogen besitzt das Potenzial, psychotische Symptome abzuschwächen, allerdings ist der Einsatz wegen unerwünschter Wirkungen auf periphere Gewebe limitiert. Als Alternative kommt der selektive Estrogenrezeptor-Modulator Raloxifen infrage, der bei postmenopausaler Osteoporose eingesetzt wird. Raloxifen wirkt im Gehirn ähnlich wie Estrogen, an Uterus- und Brustgewebe dagegen überwiegend als Estrogenrezeptor-Ant­agonist.

Foto: cranach – Fotolia.com

Signifikante Besserung ...

In einer australischen Studie wurden 56 peri- und postmenopausale Frauen (mittleres Alter: 53 Jahre) drei Monate lang randomisiert und doppelblind entweder mit Raloxifen (120 mg/Tag) oder mit Placebo behandelt. Die Teilnehmerinnen hatten eine seit Langem persistierende Schizophrenie oder schizo-affektive Störung und litten trotz antipsychotischer Medikation unter deutlichen Symptomen, d. h. sie erreichten imSchnitt 78 Punkte auf der Positiv- und Negativsymptom­skala (PANSS).

Eine Reduktion der PANSS-Punkte um mindestens 20%, was als klinisches Ansprechen gewertet wurde, erreichten unter Raloxifen 11 von 26 (42%) und unter Placebo 4 von 30 (13%). Üblicherweise wird erst ab einer 30%igen Reduktion des PANSS-Wertes von einem klinisch relevanten Ansprechen ausgegangen. In absoluten Werten betrug die PANSS-Verbesserung –3,8 unter Placebo (Ausgangswert: 77) und –10,2 unter Raloxifen (Ausgangswert 80). Dieser Unterschied war statistisch signifikant.

Die Positiv- und Negativsymptomskala (PANSS)

Die PANSS besteht aus einem formalisierten psychiatrischen Interview, in dem 30 Symptome anhand einer siebenstufigen Skala von 1 (nicht vorhanden) bis 7 (extrem ausgeprägt) bewertet werden. Die Symptome sind drei Skalen zugeordnet: der Positivskala (z. B. Halluzinationen, Wahnvorstellungen), der Negativskala (z. B. Affektverflachung, soziale Isolation) und der psychopathologischen Globalskala (z. B. Schuldgefühle, Depression, Desorientiertheit). Bei der klinischen Prüfung von Neuroleptika wird als primärer Endpunkt in der Regel die Veränderung bei den Punktwerten der PANSS-Skala untersucht.

... aber auch klinisch relevant?

Andererseits ist damit nicht geklärt, ob dieser Unterschied für die Patientinnen auch klinisch relevant ist, indem sie beispielsweise ihren Alltag besser bewältigen können. Im Unterschied zu früheren Studienergebnissen fand sich keine Besserung bei kognitiven Symptomen. Als Risiken sind bei einer längerfristigen Einnahme thromboembolische Ereignisse und Schlaganfälle zu bedenken, insbesondere bei Raucherinnen und deutlichem Übergewicht, beides Risikofaktoren, mit einer hohen Prävalenz bei diesem Patientenkollektiv.  |

Quelle

Kulkarni J, et al. Effect of Adjunctive Raloxifene Therapy on Severity of Refractory Schizophrenia in Women: A Randomized Clinical Trial. JAMA Psychiatry 2016;73:947–954

Apothekerin Dr. Birgit Schindler

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