Gesundheitspolitik

AMG-Novelle: Apothekenhonorar bleibt außen vor

Arzneimittelrecht im Bundestag – Antrag der Linken zum Rx-Versandverbot ohne Mehrheit

Berlin (ks). Schon bald werden sich auch Versandapotheken aus anderen EU-Staaten an das deutsche Arzneimittelpreisrecht halten müssen, wenn sie nach Deutschland liefern – verlockende Boni sind damit für sie tabu. Zudem werden Ärzte unter strengen Voraussetzungen ambulante Palliativpatienten mit Arzneimitteln versorgen können. Außerdem soll es künftig schwerer werden, gefälschte Arzneimittel in die legale Lieferkette einzuschleusen. Dies und mehr regelt die 16. AMG-Novelle, die der Bundestag am 28. Juni in 2./3. Lesung verabschiedet hat. Manch ein bis zuletzt erhoffter Änderungsantrag blieb allerdings aus.

Tags zuvor hatte der Gesundheitsausschuss des Bundestages mit den Stimmen der Regierungskoalition dem Entwurf für das "Zweite Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften" der Bundesregierung sowie 40 Änderungsanträgen zugestimmt. SPD- und Linksfraktion votierten dagegen, die Fraktion der Grünen enthielt sich. Auch wenn kurz vor knapp noch Änderungsanträge eingereicht wurden – der von den Apothekern am meisten Ersehnte blieb aus: Beim Apothekenhonorar bleibt vorerst alles wie gehabt. Eine eindeutige Absage an die Forderung der Apotheker muss das jedoch nicht sein. Möglich ist noch immer, dass Bundesgesundheits- und Bundeswirtschaftsministerium gemeinsam die Arzneimittelpreisverordnung anpacken und hier den Fixzuschlag für die Apotheken erhöhen.

Auch andere Hoffnungen, die in das Artikelgesetz gelegt wurden, mussten begraben werden. So konnte die Union gegenüber dem kleineren Koalitionspartner nicht durchsetzen, die Vertraulichkeit von ausgehandelten Erstattungspreisen gesetzlich abzusichern. Auch sonst fielen die Nachjustierungen am AMNOG – die frühe Nutzenbewertung und die anschließenden Preisverhandlungen betreffend – mager aus. Die Pharmaindustrie hat überdies noch spekuliert, dass Schwarz-Gelb seine Meinung zur künftigen Besetzung und Stimmberechtigung im Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht ändern könnte. Doch es bleibt dabei: Industrievertreter sollen hier künftig kein Stimmrecht mehr haben – an den Sitzungen teilnehmen können sie gleichwohl. Mit Erleichterung dürften es dagegen einige Arzneimittelhersteller aufgenommen haben, dass die geplante Anordnungsbefugnis der Länder für Versorgungsmängel wieder gestrichen wurde. Begründet wird dies damit, dass sowohl im Bundesrat als auch in der Anhörung im Gesundheitsausschuss Nachbesserungsbedarf aufgezeigt und eine Entschädigungsregelung gefordert wurde. Wegen der Eilbedürftigkeit des Gesetzentwurfs solle die Regelung daher noch einmal eingehend geprüft und gegebenenfalls in einem späteren Gesetzgebungsverfahren wieder aufgegriffen werden.

Bereits im Referentenentwurf vorgesehen und seitdem unverändert blieb die Bestimmung, dass die Arzneimittelpreisverordnung künftig auch für ausländische Apotheken gilt, die Arzneimittel an Kunden in Deutschland versenden. Damit wird gesetzlich geregelt, was als höchstgerichtliche Entscheidung seit mehr als eineinhalb Jahren auf sich warten lässt. Für DocMorris, die Europa Apotheek und ihre Mitstreiter bedeutet dies das Aus ihrer Boni-Modelle.

Arzneimittelfälschungen und Pharmakovigilanz

Die meisten Neuregelungen der AMG-Novelle haben ihre Ursache allerdings in Vorgaben der Europäischen Union zu Arzneimittelfälschungen und zur Pharmakovigilanz. Diese werden nun in nationales Recht umgesetzt. Dazu werden unter anderem die Anforderungen an Hersteller, Importeure und Vertreiber von Wirkstoffen konkretisiert. Zudem werden künftig auch sogenannte Arzneimittelvermittler erfasst, die mit Arzneimitteln Handel treiben, ohne Großhändler. Für besonders fälschungsgefährdete Arzneimittel sehen die neuen Regelungen Sicherheitsmerkmale vor, mit denen einzelne Arzneimittelpackungen identifiziert und authentifiziert werden können.

Hand angelegt wird auch am Heilmittelwerberecht. Berücksichtigt wird dabei insbesondere die jüngere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Heilmittelwerbung. Für Wirbel sorgte insbesondere die nun beschlossene Aufhebung des Werbeverbots für nicht verschreibungspflichtige Schlaf- und Beruhigungsmittel – auch wenn das Verbot der Publikumswerbung für Mittel mit potenziell abhängig machenden psychotropen Wirkstoffen ausdrücklich bestehen bleibt.

Keine Mehrheit für Rx-Versandverbot

Keine Mehrheit im Bundestag fand der Antrag der Linksfraktion, den Arzneimittelversandhandel auf rezeptfreie Medikamente zu beschränken. Die SPD-Fraktion kritisierte bei der Ausschusssitzung, dass mit dem nun vorliegenden Gesetzentwurf die Abgabe von Arzneimitteln über sogenannte Pick-up-Stellen, etwa in Drogeriemärkten, nicht verboten werde.

Nach der letzten Station im Bundestag, müssen sich nun die Länder erneut mit dem Gesetzentwurf befassen. Dies wird voraussichtlich nach der Sommerpause geschehen – in der Sitzung des Bundesrats vom 21. September 2012. Inkrafttreten soll das Gesetz im Herbst.



AZ 2012, Nr. 27, S. 1

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