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Apothekenhonorar: "Keine Sache des Gesetzgebers"

Deutscher Bundestag debattiert über AMG-Novelle

BERLIN (ks). Die 16. AMG-Novelle stand am 28. Juni in der vorletzten Sitzung des Bundestages vor der Sommerpause auf der Tagesordnung. Vertreter der Regierungsfraktionen verteidigten ihr Gesetzeswerk, die Opposition übte Kritik. Allerdings hält das umfangreiche Artikelgesetz auch einige Regelungen bereit, die über die Regierungsfraktionen hinaus Zuspruch fanden. Unisono begrüßt wurde die Neuregelung des Betäubungsmittelrechts, um die Versorgung ambulanter Palliativpatienten mit starken Schmerzmitteln zu verbessern.

Arzneimittelfälschungen besser bekämpfen, Arzneimittel und ihre Nebenwirkungen besser überwachen, Lockerungen bei der Werbung für rezeptfreie Arzneimittel – die AMG-Novelle setzt an vielen Punkten des Arzneimittelrechts an. Darüber hinaus bot sie Gelegenheit, erste Nachjustierungen am Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) vorzunehmen. Genutzt wurde sie beispielsweise auch, um die Versorgung Sterbenskranker mit BtM-Arzneimitteln zu verbessern: Künftig können Ärzte diese Präparate in der ambulanten Palliativversorgung unter strengen Voraussetzungen an Patienten abgeben, wenn es nicht möglich ist, sie rechtzeitig in einer Apotheke zu besorgen.

Am 28. Juni fand im Bundestag die Debatte zur 16. AMG-Novelle statt. Die von derABDA geforderte Erhöhung des Apothekenhonorars ist nicht in die Novelle eingegangen.

Arzneimittelpreisrecht: Gleiches Recht für alle

In der Aussprache anlässlich der 2./3. Lesung im Bundestag hoben Unions- und FDP-Politiker zudem hervor, dass das deutsche Arzneimittelpreisrecht künftig für alle Apotheken gilt, die Patienten in Deutschland mit Arzneimitteln versorgen. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Gesundheitsministerium, Ulrike Flach (FDP), betonte in diesem Zusammenhang, dass das von der Linken geforderte Rx-Versandhandelsverbot auf "erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken" stoße. Ein parallel in den Bundestag eingebrachter entsprechender Antrag der Linksfraktion fand auch keine Mehrheit bei den Parlamentariern. Statt "ungerechtfertigt" in die grundrechtlich geschützte Berufsausübungsfreiheit einzugreifen, so Flach, habe man nun gleiche Wettbewerbsbedingungen für Versandapotheken hergestellt. "Gleiches Recht für alle! Das ist uns so viel wert, dass wir das extra mit in diesen Gesetzentwurf hineingeschrieben haben."

Mit einem gewissen Stolz erklärte die Staatssekretärin zudem, dass man sich "natürlich" auch mit dem Thema Vertraulichkeit befasst habe. "Ein Erfolg unserer Bemühungen ist: Die Erstattungspreise für neue Arzneimittel, die ausgehandelt wurden, bleiben weiter öffentlich." Bisher sei hier ein "ausgewogenes Handeln" zu beobachten, sagte Flach. Man werde die Entwicklung aber "sehr genau im Auge" behalten. In der Union hatte durchaus Bereitschaft bestanden, hier die AMNOG-Regelungen im Sinne der pharmazeutischen Industrie nachzubessern.

Bender: Apothekern einen Gefallen getan

Kritik an der gesetzlichen Unterwerfung ausländischer Versandapotheken unter die Arzneimittelpreisverordnung kam dagegen von der gesundheitspolitischen Sprecherin der Grünen, Biggi Bender. Die Bundesregierung habe sich offenbar geweigert, die Argumente der Anhörung anzuhören. Hier hätten Patientenvertreter vor Nachteilen und großen Belastungen für chronisch Kranke gewarnt. Die Koalition habe aber wohl vor allem den Apothekerinnen und Apothekern einen Gefallen tun wollen – und dabei nicht an Chroniker gedacht, so Benders Vorwurf. Möglicherweise werde sie das schon bald bedauern; schließlich hätten die europäischen Versandapotheken bereits eine Klage gegen die Vorschrift angekündigt.

Linke steht zur Forderung nach Rx-Versandverbot

Martina Bunge (Linke) warb trotz Gegenwind für den Antrag ihrer Fraktion, den Versandhandel mit Arzneimitteln auf rezeptfreie Präparate zu beschränken: "Wir wollen, dass klar ist: Arzneimittelsicherheit und Internethandel kann man nicht zusammenbringen." Es gebe keinen Weg, legale Versandapotheken von illegalen für die Menschen deutlich unterscheidbar zu machen. Ebenso gebe es keinen Weg, eine gute Betreuung online zu gewährleisten und überdies "die vollkommen unangemessenen Abholstellen zu verbieten". Ausländische Versandapotheken an das deutsche Recht zu binden und damit für faire Wettbewerbsbedingungen zu sorgen, sei "nicht ausreichend wirksam".

Lanfermann: Regelung "zur gegebenen Zeit"

Als letzter Redner in der Debatte äußerte sich Heinz Lanfermann (FDP) zu einem Punkt, der in der AMG-Novelle nicht berücksichtigt wurde: die Vergütung der Apotheken. Wer sich gefragt habe, warum im Gesetz nichts über die wirtschaftliche Situation der Apotheken stehe, könne beruhigt werden, so Lanfermann: "Das gehört überhaupt nicht in das Gesetz; denn alle wesentlichen wirtschaftlichen Fragen, die Apotheken angehen, werden in Verhandlungen mit der Regierung geklärt." Alles, was nach diesen Verhandlungen geändert werden könne, werde "zur gegebenen Zeit" auf dem Verordnungswege neu geregelt. "Das ist also keine Frage des Gesetzgebers; dies geht den Wirtschaftsminister und den Gesundheitsminister an", so der FDP-Politiker. Er wies darüber hinaus darauf hin, dass die Vertreter der Koalition eindeutig erklärt hätten, dass der vom Gesetzgeber festgesetzte Apothekenabschlag nur für 2011 und 2012 gelte und nicht verlängert werde. In dieser Höhe könne er daher auch nicht als Ausgangspunkt für die Verhandlungen zum künftigen Abschlag herangezogen werden.

Der Gesetzentwurf wird nun erneut dem Bundesrat zugeleitet. Dieser hatte sich inhaltlich bereits mit der AMG-Novelle befasst und seine Empfehlungen ausgesprochen. Voraussichtlich werden sich die Ländervertreter in der ersten Sitzung nach der Sommerpause am 21. September mit dem Gesetzentwurf befassen. Ein Inkrafttreten der Neuregelungen ist für den 1. Oktober vorgesehen.

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