Aus Kammern und Verbänden

Bald Dopingproben vor Staatsexamensprüfungen?

"Neuroenhancer – Doping fürs Gehirn" – über dieses Thema referierte Prof. Dr. Fritz Sörgel, Institut für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung in Heroldsberg bei Nürnberg, auf einer Veranstaltung der DPhG am 20. November 2010 in Düsseldorf.
Prof. Dr. Fritz Sörgel
Foto: Annette Koggel

Prof. Dr. Ulrich Jaehde, Universität Bonn, führte in das Thema ein und stellte dabei die Frage, ob die Einnahme von Neuroenhancern nicht mit Kaffeetrinken vergleichbar sei. Sörgel hielt jedoch am Begriff "Gehirndoping" fest und betrachtete das Thema aus ethischer und wissenschaftlicher Sicht. Mit einigen Fallbeispielen aus Sport und Gesellschaft legte er dar, dass die Grenzen von Doping zu harten Drogen fließend sind. Als der ehemalige Tour-de-France-Sieger Marco Pantani (1970 – 2004) des Dopings überführt worden war, tauchte er ab und wurde schließlich in seinem Hotelzimmer tot aufgefunden; die Todesursache war wahrscheinlich ein Cocktail mehrerer Antidepressiva mit Cocain. Sogar die renommierte Zeitschrift "Nature" griff das Thema 2007 auf.

Heutzutage gehören Psychostimulanzien wie Coffein, Nicotin und Alkohol zum Alltag und sind gesellschaftlich akzeptiert. Auch Schokolade spielt in der überbordenden Diskussion um Substanzen, die Glücksgefühle hervorrufen sollen, eine Rolle.

Eine Umfrage von "Nature" im Jahre 2008 unter 1400 Wissenschaftlern ergab, dass 20% der Befragten (jeder Fünfte!) bereits einen der "Neuroenhancer" Methylphenidat oder Modafinil oder einen Betablocker zur Verbesserung der kognitiven Leistung eingenommen haben. Einige dieser schlauen Köpfe werden wohl ziemlich geraucht haben, als die World Anti-Brain Doping Authority (WABDA) am 1. April 2008 forderte, Urinproben für Professoren einzuführen. Aber diejenigen der 20%, die ihre tägliche Ration Ritalin vor dem Lesen des Artikels bereits eingenommen hatten, konnten sich beruhigt zurücklehnen, denn sie brauchten ja nicht lange, um zu verstehen, dass es sich hier (noch) um einen Aprilscherz handelte.

Im Zusammenhang mit Neuroenhancern sind noch viele wichtige Fragen unbeantwortet. Sollte beispielsweise einem Nobelpreisträger der Preis aberkannt werden, wenn er zugibt, seine Leistungen unter Einsatz von Neuroenhancern erreicht zu haben, genauso wie einem Sportler der Olympiasieg bei positivem Dopingtest aberkannt wird? Oder vergleicht man dabei Äpfel mit Birnen? Sollte Doping bei positivem Nutzen für die Gesellschaft erlaubt sein? Oder gar gefördert werden?

Sörgel forderte unmissverständlich: Die Gesellschaft muss sich klar positionieren. Ob eines Tages Dopingproben vor Staatsexamensprüfungen durchgeführt werden, ist daher keine naturwissenschaftliche, sondern eine gesellschaftliche Frage. Gerade Apotheker sollten sich an dieser Diskussion beteiligen.


Sascha van Bömmel-Wegmann

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