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ADEXA kritisiert Reformpläne

Wenn das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) Anfang 2011 in der jetzigen Form in Kraft tritt, wird es den Apotheken heftige Einbußen bescheren. Auch der inoffizielle Entwurf zur neuen Apothekenbetriebsordnung sowie die Pläne des Gesundheitsministeriums zur Umgestaltung der Krankenversicherung beunruhigen die Apothekenmitarbeiter und die Versicherten. Dazu ein Interview mit den ADEXA-Vorsitzenden Barbara Neusetzer und Tanja Kratt:
Barbara Neusetzer

Welche der Gesetzespläne bewegt die Apothekengewerkschaft derzeit am stärksten?

Neusetzer: Bei der Apothekenbetriebsordnung kursierte vor der Sommerpause ein inoffizieller Referentenentwurf; ein offizieller Entwurf wird frühestens im Dezember erwartet. Aber hier bestehen natürlich noch größere Chancen, mit Änderungswünschen gehört zu werden als beim AMNOG, wo der parlamentarische Prozess schon viel weiter fortgeschritten ist. Hier ist also noch mehr Eile geboten.

Beim AMNOG stehen aus Sicht der Apothekengewerkschaft vor allem zwei Punkte im Fokus: Werden die geplanten Einsparungen von 400 – 500 Mio. Euro beim Großhandel ab Januar umgesetzt und wie angekündigt an die Apotheken weitergegeben? Die Apotheken können dies bei der ohnehin schon dünnen Personaldecke nicht verkraften, ohne dass die Beratung der Patienten darunter erheblich leidet. Und natürlich würden es die Mitarbeiter ausbaden müssen. Voraussetzung für den Erfolg der dringend nötigen Nachwuchswerbung sind aber attraktivere und nicht schlechtere Arbeitsbedingungen. Deshalb sehen wir uns hier mit der ABDA in einem Boot, diesen Kelch von den Apotheken noch abzuwenden, und rufen unsere Mitglieder dazu auf, sich an der Postkartenkampagne der ABDA zu beteiligen.

Der zweite Punkt ist die geplante Änderung der Aut-idem-Regelung: Wenn per Gesetz festgeschrieben wird, dass sich die wirkstoffgleichen Austauschpräparate nur in einer Indikation decken müssen, wird sich die Situation der Patienten verschlechtern. Es wird dann immer häufiger Fälle geben, wo zum Beispiel eine Frau mit Bluthochdruck ein Präparat erhält, das nur gegen Prostataleiden zugelassen ist und nur entsprechende Informationen in der Packungsbeilage enthält. Die negativen Folgen für den Therapieerfolg und die Compliance können wir auch durch noch so gute Beratung in der Apotheke nicht auffangen.


In dem inoffiziellen Entwurf zur Apothekenbetriebsordnung war vorgesehen, dass PTA bei jeder Abgabe von Rx-Präparaten das Rezept einer bzw. einem Approbierten vorlegen. Was sagt ADEXA dazu?

Tanja Kratt

Kratt: Das ist ein Vorschlag, der sowohl praxisfremd ist als auch die PTA in ihrer Position völlig unnötig zurückstufen würde. Ein Apothekenleiter muss selbst entscheiden können und auch die Verantwortung dafür tragen, wem er die beratungsintensiven Positionen im Handverkauf anvertraut. Wir setzen uns ganz im Gegenteil für eine Novellierung der PTA-Ausbildung ein, die die beruflichen Chancen und Kompetenzen der Berufsgruppe erhöht.


Was hält ADEXA von Pick-up-Stellen für Arzneimittel?

Neusetzer: Wir haben uns wiederholt gegen diese Vertriebsform ausgesprochen und tun das nach wie vor. Ein Verbot wäre wünschenswert, weil die Beratung von Angesicht zu Angesicht so wichtig ist. Dem Patienten die Holschuld in Beratungsfragen zuzuweisen und den Apotheken "light" weiter den Weg zu ebnen, halten wir für falsch.


Was sagen Sie zu den Plänen von Minister Rösler für die Krankenversicherung?

Kratt: Jede zusätzliche Belastung der Arbeitnehmer auf Kosten der paritätischen Beitragsverteilung lehnen wir ab. Auch die geplante Ausweitung des Prinzips der Vorkasse in der GKV halten wir für versichertenfeindlich. Die Stärkung der privaten Kassen zulasten der gesetzlichen Versicherung halten wir für reine Klientelpolitik – genau der umgekehrte Weg wäre richtig.


Die Fragen stellte Dr. Sigrid Joachimsthaler.

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