Aus Kammern und Verbänden

Sommerempfang im Zeichen des Dialogs

Zum Dialog für eine positive Weiterentwicklung des Gesundheitswesens bekannten sich sowohl Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein, als auch Marlis Bredehorst, Staatssekretärin im Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter in Nordrhein-Westfalen, beim traditionellen Sommerempfang des Verbands am 15. September in Düsseldorf. Rund einhundert Gäste konnte Preis dort begrüßen.
Verbandsvorsitzender Thomas Preis
Fotos: Alois Müller

Zunächst ging Preis auf die aktuellen Entwicklungen im Gesundheitswesen und die zwei großen Gesetzesvorhaben auf Bundesebene ein. Hier machte er deutlich, dass die Apothekerschaft das GKV-Finanzierungsgesetz für eine zukunftsorientierte, demografiefeste und sozial gerechte Finanzierung ausdrücklich begrüßt.

Sehr kritisch hingegen äußerte sich Preis zu den aktuellen Entwürfen des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG). Die Apothekerschaft könne die auf sie zukommenden Belastungen nicht stemmen. Er forderte: "Finger weg von der Großhandelsvergütung!" Solche Einsparungen führten zu einer massiven Unterfinanzierung der Apotheke mit nicht absehbaren Folgen für die flächendeckende Arzneimittelversorgung. Schon in den vergangenen Jahren haben die Apotheken den Einfluss der Großhändler auf den Alltag der Arzneimittelversorgung immer mehr verspürt. Als Beispiele nannte Preis Einschränkungen der Liefertouren, Begrenzungen der Sortimente und verringerte Lagerhaltung. Diese Situation werde sich bei einer Kürzung der Großhandelsvergütungen weiter verschärfen. Deshalb forderte er von den Politikern, die Arzneimittelversorgung nicht den Oligopolen der Großhändler auszuliefern. Die öffentlichen, unabhängigen Apotheken seien der letzte Schutzschild für Verbraucher und Patienten vor rein profitorientierten Konzernstrukturen in der Arzneimittelversorgung, so Preis.

Pick-up-Stellen-Verbot erneut gefordert

Preis erinnerte auch an das Verbot von Pick-up-Stellen als Ziel im Koalitionsvertrag. Dieses finde sich im Gesetzesvorhaben jedoch nicht wieder. Angeblich sei es verfassungsrechtlich nicht durchsetzbar. Doch nach Preis lässt das kürzlich gefällte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Arzneimittelabgabeautomaten eine andere Einschätzung zu. Die Apothekerschaft erwarte deshalb, dass CDU und FDP das im Koalitionsvertrag zugesicherte Pick-up-Verbot in den aktuellen Diskussionsprozess zum AMNOG einbringen.

Der Apothekerschaft sei durchaus bewusst, dass im Gesundheitswesen gespart werden müsse. Leider übersähen dabei Politik, Medien und Öffentlichkeit allzu oft, dass die Apotheker bereits seit Jahren ohne ausreichende Gegenfinanzierung neben den heilberuflichen noch zusätzliche Aufgaben wie die Umsetzung der Rabattverträge sowie das Inkasso der Herstellerrabatte durch die Rechenzentren erfüllen, um den Kassen Einsparungen zu garantieren. Deshalb seien die zusätzlichen geplanten Einsparungen für die Apotheken nicht akzeptabel. Preis forderte stattdessen die Politiker in Berlin auf, das gemeinsam von der ABDA mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung entwickelte Konzept einer verstärkten heilberuflichen Kooperation zwischen Ärzten und Apothekern zu prüfen. Durch diese würden die Arzneimitteltherapiequalität steigen und gleichzeitig die Kosten sinken.

Rot-grüne Gesundheitsziele in NRW

Kurz ging Preis auch auf einige gesundheitspolitische Ziele der seit wenigen Wochen regierenden rot-grünen Landesregierung ein, die durch die Leistungen der Apotheker bereits erfüllt werden oder künftig erfüllt werden können. Stichworte waren

  • der demografische Wandel: Gerade ältere Menschen benötigen eine wohnortnahe, persönliche und fachgerechte Betreuung in der Arzneimittelversorgung.
  • das niederschwellige Angebot zur primären und sekundären Prävention: Die Apotheker seien bereit, in Abstimmung mit der Ärzteschaft das Angebot auszuweiten.
  • die unabhängige und transparente Beratung der Patienten: Der freie und unabhängige Heilberuf des Apothekers sei dafür der beste Garant.
Staatssekretärin Marlis Bredehorst

Marlis Bredehorst überbrachte herzliche Grüße von Ministerin Barbara Steffens, bevor sie auf die geplanten Eckpunkte in der Gesundheitspolitik einging. Es sei das übergeordnete Ziel, den Bürgerinnen und Bürgern ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Dabei spielen nach Einschätzung Bredehorsts die Apotheken eine wesentliche Rolle:

Die Beratung in der Apotheke, die Orientierung am Menschen und das Eingehen auf die Patienten tragen zu deren Lebensqualität bei. Die Beratung müsse persönlich und vertraulich erfolgen. Deshalb unterstütze sie ebenso wie die Ministerin die Forderung nach dem Pick-up-Verbot.

Apotheken: Dreh- und Angelpunkte

Unter ordnungsgemäßer und flächedeckender Versorgung mit Arzneimitteln sei mehr als nur die Abgabe von Arzneimitteln zu verstehen, sagte Bredehorst. Sie gab in diesem Zusammenhang ein klares Votum für die inhabergeführte Apotheke ab und meinte, Politiker und die Gesellschaft müssten die heilberufliche Aufgabe der Apotheker stärker anerkennen.

Ministerin Steffens habe die Apotheker bereits nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Fremdbesitzverbot aufgefordert, ihre Chancen zur Entwicklung altersgerechter Angebote zu nutzen. Vor allem im ländlichen Bereich seien diese für eine hochwertige Versorgung von Bedeutung. Die von der Landesregierung angestrebten altersgerechten Quartiere benötigen wohnortnahe Apotheken, die auch eine Art sozialer Zentren für ältere Menschen sind.

Im Weiteren ging Bredehorst auf das AMNOG ein. Ihr Ministerium begrüße die Kosten-Nutzen-Bewertung für die Preisbildung innovativer Arzneimittel. Die von Preis erwähnten Folgen der Änderung der Großhandelsvergütungen für die Apotheken habe das Ministerium noch nicht diskutiert, werde dies jedoch nachholen. Zum Schluss formulierte die Staatssekretärin drei Wünsche für das zukünftige Gesundheitswesen: Es soll

  • den Mensch und seine Selbstbestimmung noch stärker in den Blick nehmen,
  • die Kooperation und Abstimmung verbessern,
  • zugleich leistungsfähig und finanzierbar sein.

Preis bedankte sich für die Ausführungen und die Bereitschaft zum Dialog, den die Apotheker gern kontinuierlich fortsetzen möchten.


Dr. Constanze Schäfer

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