Arzneimittel und Therapie

Erhöhtes Risiko für Knochenbrüche bei Frauen unter PPI?

Die langfristige Anwendung von Protonenpumpeninhibitoren (PPI) kann möglicherweise das Risiko von Frakturen an Hüfte, Handgelenk und Wirbelsäule erhöhen. Nach der Auswertung mehrerer Beobachtungsstudien kommt die amerikanische Food and Drug Administration FDA zu dieser Einschätzung und nimmt einen entsprechenden Warnhinweis in die Fachinformation auf.

Bisher gaben die Studien, die für die Zulassung der verfügbaren Protonenpumpeninhibitoren (PPI) durchgeführt wurden, keinen Hinweis auf eine erhöhte Rate von Knochenbrüchen. Da diese Studien in der Regel nur einen Zeitraum von sechs Monate umfassten, konnte ein langfristiges Risiko aber auch nicht ausgeschlossen werden. Für ihre aktuelle Einschätzung wertete die FDA sieben epidemiologische Studien aus, in denen Patienten, die 50 Jahre und älter waren, über ein bis zwölf Jahre beobachtet wurden. Solch eine Datenbankenanalyse ist zwar mit einem gewissen Unsicherheitsfaktor behaftet, da die FDA keinen direkten Zugang zu den einzelnen Studienprotokollen hatte. Die Studien waren aber von hoher Qualität, so die FDA, auch wenn es prinzipielle Beschränkungen gibt. Sie ergeben sich daraus, dass Angaben zu anderen Faktoren, die das Knochenbruchrisiko erhöhen, in den Studien nicht berücksichtigt werden konnten. Die FDA wertete es aber als ein "echtes Signal", dass sechs der sieben Studien eine Assoziation zwischen der langfristigen Einnahme der PPI und einem erhöhten Knochenbruchrisiko fanden. In einer Studie fiel bereits nach weniger als zwei Jahren ein erhöhtes Knochenbruchrisiko auf, in einer anderen Studie erst nach fünf bis sieben Jahren. Im Allgemeinen war das Risiko auf ältere Personen beschränkt. In zwei Studien konnte eine Dosisabhängigkeit beobachtet werden und in zwei Studien bestand eine Abhängigkeit zur Dauer der Einnahme – beides wertet die FDA ebenfalls als Hinweise auf eine mögliche Kausalität. An der einzigen Studie, die keine erhöhte Assoziation fand, hatten nur Personen mit einem geringen Knochenbruchrisiko aus anderen Gründen teilgenommen. Ob die PPI tatsächlich die Ursache für die vermehrten Knochenbrüche sind, sieht die FDA als nicht gesichert an, zumal es derzeit keine Vorstellungen über den Pathomechanismus gibt. Um die Kausalität einer knochenschädlichen Wirkung der Protonenpumpeninhibitoren zu klären, plant die FDA die Analysen weiterer randomisierter klinischer Studien, die über einen längeren Zeitraum laufen.

Vorsicht in der Selbstmedikation!

Die FDA weist ausdrücklich darauf hin, dass es keinen Zweifel an der Wirksamkeit der PPI und der Notwendigkeit dieser Arzneistoffgruppe gebe. Die Medikation sollten keinesfalls einfach abgesetzt werden. Aber die Ärzte sollten vor allem bei älteren Patienten nach Möglichkeit die niedrigst effektive Dosis und kürzest mögliche Therapiedauer anstreben. Bei Patienten mit einem bekannten erhöhten Osteoporoserisiko sollte regelmäßig der Knochenstatus erhoben und auf die Supplementierung von Vitamin D und Calcium geachtet werden. Auch in einer Patienteninformation gibt die FDA klare Hinweise für die Anwendung der PPI: Im Rahmen der Selbstmedikation sollten Patienten die Arzneimittel nicht länger als absolut notwendig und nicht länger als 14 Tage einnehmen. Halten die Beschwerden darüber hinaus an, so muss der Patient an einen Arzt verwiesen werden. Die Patienten sollten in einem Jahr nicht mehr als dreimal eine vierzehntägige Therapie mit Protonenpumpenhemmern durchführen.

Quelle FDA Drug Safety Communication: Possible increased risk of fractures of the hip, wrist and spine with the use of proton pump inhibitors. Pressemitteilung der FDA vom 25. Mai 2010.

 


ck

Zum Weiterlesen


Sodbrennen: Beratung zu Protonenpumpeninhibitoren

DAZ 2009, Nr. 42, S. 74–75

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