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Bewährte Grundlage der Lohnfestsetzung

Am 9. April 1949 trat das Tarifvertragsgesetz (TVG) in Kraft. In den sechzig Jahren seit seiner Verabschiedung hat diese rechtliche Grundlage der praktischen Tarifpolitik nur wenig Änderungen erfahren. Bundesweit wurden seither etwa 400.000 Tarifverträge abgeschlossen. Für rund 86 Prozent aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind Tarifverträge ganz oder überwiegend maßgebend (Stand 2007).

Während das Grundgesetz in Artikel 9 Absatz 3 das Recht der Tarifautonomie für Arbeitgeber und Arbeitnehmer festlegt, sind die Rahmenbedingungen für die Tarifverträge im TVG ausgeführt. Dieses Gesetz regelt unter anderem folgende Aspekte:

  • Inhalt und Form von Tarifverträgen. (§ 1)
  • Wer sind die Tarifvertragsparteien? (§ 2)
  • Wann und für wen besteht Tarifbindung? (§ 3)
  • Wann und wie können Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt werden? (§ 5)
  • Das beim Bundesarbeitsministerium (BMAS) geführte Tarifregister und die Übersendungs- und Mitteilungspflichten der Tarifvertragsparteien. (§ 6)

Diese rechtlichen Grundlagen haben sich in der tarifpolitischen Praxis bewährt und sind im Verlauf der 60-jährigen Geschichte nur geringfügig verändert worden, zuletzt im Jahr 2006.

Was in den Tarifverträgen völlig unabhängig von staatlicher Einflussnahme festgelegt werden kann, sind die Höhe von Löhnen und Gehältern sowie sonstige Vergütungen und Entgelte. Bei anderen Bedingungen wie der Dauer der Arbeitszeit und dem Urlaubsanspruch gibt es gesetzliche Mindeststandards, von denen Tarifverträge nur zugunsten der Arbeitnehmer abweichen dürfen.

Tarifbindung

Jeder Arbeitgeber, der über die Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband tarifgebunden ist oder selbst Tarifvertragspartei ist, muss die tariflichen Bedingungen gesetzlich zwingend für alle gewerkschaftlich organisierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anwenden.

Ob tarifgebundene Arbeitgeber die Tarifbedingungen auch für Nichtgewerkschaftsmitglieder übernehmen, steht in ihrem Belieben und kann gegebenenfalls einzelvertraglich geregelt werden.

Bei den öffentlichen Apotheken sind – mit Ausnahme des Kammerbezirks Sachsen – die meisten Arbeitgeber tarifgebundene Mitglieder ihres Arbeitgeberverbands. Apothekenangestellte haben nur wenn sie Mitglied bei ADEXA sind einen Anspruch auf die Tarifleistungen ohne einzelvertragliche Regelung! Deshalb ist eine Mitgliedschaft bei ADEXA für alle Apothekenmitarbeiterinnen und -mitarbeiter unbedingt empfehlenswert.

7800 Verträge pro Jahr

Im Tarifregister des BMAS wurden seit 1949 rund 400.000 Tarifverträge registriert, im letzten Jahrzehnt pro Jahr durchschnittlich 7800 Verträge.

Ende 2007 waren rund 70.000 Tarifverträge gültig – dabei handelte es sich bei rund 53 Prozent um Verbandstarifverträge und bei 46 Prozent um Firmentarifverträge.

In 25 Branchen gab es 2007 insgesamt 82 Tarifverträge, die für allgemeinverbindlich erklärt wurden. Das entspricht rund 0,1 Prozent der gültigen Gesamtverträge. Verträge können nur vom Bundesarbeitsministerium im Einvernehmen mit den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer für allgemeinverbindlich erklärt werden, wenn die tarifgebundenen Arbeitgeber mindestens 50 Prozent der Arbeitnehmer beschäftigen und ein öffentliches Interesse an der Allgemeinverbindlicherklärung besteht.

Geschichtlicher Rückblick

1873 wurde der erste zentrale Tarifvertrag für die Buchdrucker abgeschlossen. Vor Beginn des Ersten Weltkriegs bestanden schon 13.500 Tarifverträge. Nach Kriegsende wurde im Dezember 1918 das erste unabhängige Tarifvertragsrecht beschlossen.

Die Nationalsozialisten hoben 1933 die Tarifautonomie und Koalitionsfreiheit auf und lösten die Gewerkschaften auf.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs konnten Arbeitgeber und Arbeitnehmer ab 1946 wieder Tarifverträge abschließen. Das 1949 verabschiedete TVG galt zunächst nur in der britischen und der amerikanischen Besatzungszone, ab 1953 auch in der ehemaligen französischen Zone und ab 1959 im Saarland. Berlin (West), das 1950 ein eigenes Tarifvertragsgesetz bekommen hatte, übernahm 1975 das bundesdeutsche Gesetz. 1990 wurde das TVG auch auf die neuen Bundesländer ausgedehnt. In der DDR bestand vorher eine einheitliche Gewerkschaft mit Fachgruppen, der FDGB, während in der Bundesrepublik diverse große und kleine Branchengewerkschaften bestanden und bestehen.

Ende 1949, also nur acht Monate nach Inkrafttreten des TVG, wurde die in Landesgruppen organisierte "Tarifgemeinschaft deutscher angestellter Apotheker" gegründet, die sich 1954 zum Bundesverband der Angestellten in öffentlichen Apotheken" (BVA) zusammenschlossen, dem Vorläufer von ADEXA.

Dr. Sigrid Joachimsthaler

Quellen: Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW, WSI.

Kommentar

Tarifverträge: Sicherheit für beide Seiten
Tarifautonomie und Tarifverträge – dieses System hat sich über sechs Jahrzehnte bewährt, um die Gehälter und Arbeitsbedingungen in gemeinsamer sozialer Verantwortung von Arbeitgebervertretern und Gewerkschaften festzulegen. Wer wollte schon dauerhafte staatliche Eingriffe bei der Lohnfindung? Wer in einer Branche von Kleinbetrieben wie den Apotheken deshalb dem Flächentarifvertrag den Rücken kehrt, der gefährdet den sozialen Frieden und stärkt die Rufe nach dem Gesetzgeber – Stichwörter Mindestlohn und Entsendegesetz.
Die Arbeitgeber in Sachsen machen es sich vermeintlich leicht, indem sie seit Jahren keine Tarifverträge mehr abschließen. Das ist bequem, denn man kann sich ja immer noch in Trittbrettfahrermanier an den Tarifen in den anderen Kammerbezirken orientieren oder – wie leider in vielen Fällen – auf Niedriglöhne und die gesetzlichen Mindeststandards zurückfallen. Den eigenen Arbeitgeberkollegen in anderen Bundesländern gegenüber ist das aber mehr als unsolidarisch. Und langfristig rächt sich der Verzicht auf ein erfolgreiches System der Balance zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern: durch Nachwuchs- und Personalmangel, durch unmotivierte Mitarbeiter und letztlich durch schlechtere Betriebsergebnisse und Apothekenschließungen.
Tanja Kratt
ADEXA Vorstand, Bereich Tarife

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