Arzneimittel und Therapie

Studie zur Gewichtszunahme unter Kontrazeptiva

Innerhalb von drei Jahren liegt die durchschnittliche Gewichtszunahme bei Anwendung einer Drei-Monatsdepotspritze von Medroxyprogesteron bei 5,1 kg. Bei Anwendung oraler Kontrazeptiva wurde keine Gewichtzunahme im Vergleich zu nicht-hormonellen Verhütungsmethoden beobachtet, wohl aber ein Anstieg des Körperfettanteils. So das Ergebnis einer prospektiven Studie mit über 700 Frauen.

Gewichtszunahme wird häufig als Begründung angegeben, wenn die Verhütung mit Depotpräparaten mit dem Wirkstoff Medroxyprogesteron (z. B. Depot-Clinovir®) beendet werden soll. Nun wurde der Verdacht der Gewichtszunahme in einer prospektiven Studie mit 703 Frauen untersucht. Die Frauen konnten sich zu Beginn für eine von drei Verhütungsmethoden entscheiden: 245 Frauen entschieden sich für orale Kontrazeptiva, 240 für ein intramuskuläres Drei-Monatsdepotpräparat, die übrigen 218 Frauen wählten nicht-hormonelle Verhütungsmethoden. Die Verhütung sollte über drei Jahre fortgeführt werden. Während dieser Zeit und für weitere zwei Jahre im Anschluss wurden Körpergewicht, Körperfettanteil sowie die Fettverteilung regelmäßig kontrolliert. Nach 36 Monaten war in der Gruppe, die das intramuskuläre Depotpräparat bekamen eine signifikant stärkere Gewichtszunahme zu verzeichnen als in den beiden anderen Gruppen. Im Durchschnitt hatten die Frauen in dieser Gruppe 5,1 kg zugelegt, in der Gruppe mit oralen Kontrazeptiva waren es 1,47 kg und bei nicht-hormoneller Verhütung 2,05 kg. Die Zunahme beruhte insbesondere auf einer Zunahme des Körperfettanteils (4,1 kg), der damit um durchschnittlich 3,4% stieg. Die Gewichtszunahme erfolgte insbesondere in den ersten 1,5 Jahren. Nach diesem Zeitraum betrug die Gewichtszunahme im Schnitt bereits 4,4 kg. Die Gewichtszunahme bei Frauen unter oralen Kontrazeptiva unterschied sich nicht von der in der Gruppe mit nicht-hormonellen Verhütungsmethoden. Allerdings war ein stärkerer Anstieg des Körperfettanteils zu verzeichnen (1,63% verglichen mit 0,51%).

Erkenntnisse in die Beratung einbeziehen

Nachdem die Verhütung mit dem 3-Monatsdepotpräparat abgesetzt wurde, wechselte ein Teil der Frauen auf orale Kontrazeptiva und ein Teil auf nicht-hormonelle Methoden. Bei Wechsel auf nicht-hormonelle Methoden verloren die Studienteilnehmerinnen im Schnitt 1,68 kg in den folgenden beiden Jahren. Bei Umstellung auf orale Kontrazeptiva tendierte das Gewicht dagegen weiterhin nach oben (1,72 kg Zunahme in zwei Jahren). Auf welchen Mechanismen die Gewichtszunahme unter Medroxyprogesteron beruht, ist weitgehend unbekannt. In der Studie wurden mittels telefonischer Interviews auch die Ernährungsgewohnheiten abgefragt, demzufolge scheint die Zunahme nicht auf einem gesteigerten Appetit und in der Folge vermehrter Kalorienaufnahme zu beruhen. Als mögliche Ursachen werden unter anderem eine Glucocorticoid-ähnliche Aktivität von Medroxyprogesteron diskutiert oder aber ein durch die Gestagengabe verursachter Östrogenmangel. Steht eine Frau vor der Entscheidung, welche Verhütungsmethode sie anwenden möchte, sollte der Aspekt der Gewichtszunahme in die Beratung einfließen. Der Nachteil der Gewichtszunahme muss sicher in Abwägung mit den Vorteilen von Medroxyprogesteron in Depotform diskutiert werden. Hohe Sicherheit und einfache Anwendung sind Argumente für diese Präparate. Interessant ist die Reversibilität der Gewichtszunahme bei Umstellung auf nicht-hormonelle Verfahren. Auch dieser Aspekt ist ggf. für einige Frauen sicher von Interesse.

Quelle
Berenson AB, et al.: Changes in weight, total fat and central-to-peripher fat ratio associated with injectable and oral contraceptive use. Am J Obstet Gynecol 2009; 200: 329–331.

 

Apothekerin Bettina Christine Martini

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