Fortbildungskongress

Das ideale Glucocorticoid gibt es noch nicht

Hohe Wirkstoffkonzentration in der Lunge und eine geringe systemische Exposition, dass sind zwei wesentliche Anforderungen, die an eine inhalative Glucocorticoidtherapie gestellt werden. Ein diesbezüglich ideales Glucocorticoid zur inhalativen Therapie gibt es zwar noch nicht, doch neuere Substanzen werden nach Ansicht von Prof. Dr. Petra Högger, Würzburg, den Anforderungen eher gerecht als ältere.

Im Handel befindliche inhalative Glucocorticoide sind nicht gleich. Sie unterscheiden sich sowohl in ihrer Pharmakokinetik als auch in ihrer Pharmakodynamik und damit auch in ihrer Effektivität und Sicherheit. Für die Wirksamkeit ist neben der Dosis entscheidend, wie viel von dem Wirkstoff in der Lunge ankommt, wie lange er im Lungengewebe verweilt und wie hoch seine Rezeptoraffinität ist. Die Sicherheit ist bei den inhalativen Glucocorticoiden eng mit der oralen Bioverfügbarkeit und der Elimination verbunden. Eine Substanz, die nach oraler Aufnahme bei der ersten Leberpassage vollständig inaktiviert wird, die also eine geringe orale Bioverfügbarkeit hat, wird kaum systemische Nebenwirkungen auslösen. Hier unterscheiden sich die zur Verfügung stehenden inhalativen Glucocorticoide deutlich. Beclometasondipropionat hat mit 41% die höchste orale Bioverfügbarkeit, gefolgt von Budesonid mit 11% (s. Tabelle). Eine sehr geringe, unter einem Prozent liegende orale Bioverfügbarkeit weisen die neueren Glucocorticoide Fluticasonpropionat, Mometasonfuroat und Ciclesonid auf.

Betrachtet man die Verweildauer im Lungengewebe und damit die Gewebeaffinität, so hat der pharmakologisch aktive Metabolit von Beclometasondipropionat, das Beclometason-17-monopropionat, die höchste und Budesonid die niedrigste Affinität zum Lungengewebe. Glucocorticoide entfalten ihre Wirkung über einen intrazellulär lokalisierten Glucocorticoidrezeptor. Mit ihm bilden sie einen Komplex, der in den Zellkern transportiert wird und dort über eine DNA-Bindung die antiinflammatorischen Effekte in Gang setzt. Die relative Rezeptoraffinität der Glucocorticoide ist ein Maß für ihre intrinsische Aktivität. Den höchsten Wert weist hier Mometasonfuroat auf, gefolgt von Fluticasonpropionat (Tab). Den geringsten Wert hat Budesonid.

In welchem Ausmaß das Glucocorticoid in der Lunge ankommt, hängt von der Galenik ab, aber auch von der Applikationshilfe und der Inhalationstechnik. Da eine gelöste Substanz besser die Lunge erreicht, werden die Depositionsraten bei Dosieraerosolen höher sein als bei Pulverinhalatoren. Als Beispiel dafür führte Frau Professor Högger die FCKW-haltige alte und die Hydrofluoralkan (HFA)-haltige neue Darreichungsform von Beclometasondipropionat an. In der alten Zubereitung lag der Wirkstoff als Suspension vor, die mittlere pulmonale Deposition betrug 11%. Mit der neuen Zubereitung, in der der Wirkstoff in gelöster Form vorliegt, wurde mit einer mittleren Deposition von 56% ein deutlicher Fortschritt erzielt. Er ermöglichte eine Reduktion der Wirkstoffdosis um die Hälfte. Eine ähnlich hohe mittlere Deposition mit 52% findet man bei Ciclesonid.

In klinischen Studien konnte gezeigt werden, dass mit der Kombination von Glucocorticoid und langwirksamem Beta-2-Sympathomimetikum eine bessere Symptomkontrolle und bessere Lungenfunktionswerte bei Asthma bronchiale zu erzielen sind als mit der jeweiligen Monotherapie.


Tab.: Pharmakokinetische und pharmakodynamische Eigenschaften inhalativ angewandter Glucocorticoide.
Substanz
Orale
Bioverfügbarkeit
Retention
im Lungengewebe*
Eliminationshalbwertszeit [h]
Rel. Rezeptoraffinität**
→ intrinsische Aktivität
i.v.
inhalativ
Beclometasondipropionat***
Beclometason-17-monopropionat
41 %
hoch
hoch
0,5
2,7
6,5
53
1345
Budesonid
11 %
eher gering
2,7
3,3
935
Fluticasonpropionat
< 1 %
hoch
7,8
10 –14
1800
Mometasonfuroat
< 1 %
mittel
5,8
2244
Ciclesonid***
Desisobutyryl-Ciclesonid
< 1 %
hoch
hoch
0,7
3,5
6,7
12
1200
* Verweildauer im humanen Lungengewebe (eigene Untersuchungen)
** Relative Rezeptoraffinität (RRA) mit Bezug auf Dexamethason (RRA = 100)
*** Prodrugs, diese Substanzen werden durch unspezifische Gewebeesterasen aktiviert; die pharmakologisch aktive Substanz ist jeweils kursiv gedruckt.

Besser zwei

Hierfür findet sich eine interessante Erklärung auf molekularpharmakologischer Ebene: Glucocorticoide verstärken die Expression von Beta-2-Rezeptoren. Insgesamt wirken sie einer Toleranzentwicklung unter der Beta-2-Agonisten-Behandlung entgegen. Umgekehrt verstärken Beta-2-Agonisten den antiinflammatorischen Effekt der Glucocorticoide, indem sie Prozesse in Gang setzen, die über eine Phosphorylierung des Glucocorticoidrezeptors den Transport des Glucocorticoidrezeptorkomplexes in den Zellkern erleichtern. Diese Interaktionen sind therapeutisch von Bedeutung. Nach dem Motto " Beta-2 - better two - besser zwei" werden Beta-2-Sympathomimetika und Glucocorticoide entweder zusammen jeweils als Monopräparat oder als fixe Kombination eingesetzt. Fixkombinationen haben ihre Vorzüge in der leichteren Anwendbarkeit. Folgende Kombinationen stehen zur Verfügung:

  • Formoterol + Budesonid (Symbicort®)
  • Fluticasonpropionat + Salmeterol (Viani® , atmadisk®)
  • Beclometasondipropionat + Formoterol (Foster®)

Keine dieser Kombinationen ist jedoch ideal. Wünschenswert ist ein langwirksames Beta-2-Sympathomimetikum, dessen Wirkung schnell eintritt, kombiniert mit einem modernen Glucocorticoid. Fluticason + Salmeterol ist die einzige Fixkombination, die ein modernes Glucocorticoid enthält. Die Wirkung von Salmeterol tritt jedoch erst nach 30 bis 60 Minuten ein. Formoterol ist ein Beta-2-Mimetikum mit schnellem Wirkungseintritt (5 - 15 min). Es steht aber nur in Kombination mit älteren Glucocorticoiden zur Verfügung.


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