Selbstmedikation

Nicotininhalator: Hand-zu-Mund-Ritual wird nachgeahmt

In diesen Tagen wird in Deutschland ein neues Produkt zur Rauchentwöhnung auf den Markt kommen: der Nicorette® Inhaler. Wie die anderen bereits verfügbaren Entwöhnungsmittel ist auch er ein OTC-Produkt, rezeptfrei und nur in Apotheken erhältlich. Auf die neuartige Darreichungsform aufmerksam zu machen, erfordert die kompetente Beratung des Apothekers. In Österreich ist das Produkt schon seit 1998 erfolgreich auf dem Markt. Über die dort gemachten Erfahrungen sprachen wir mit Magister Wolfgang Fischill, Inhaber der Germania Apotheke in Wien.
Wolfgang Fischill
DAZ In Österreich spielt die Nicotinersatztherapie eine größere Rolle als in Deutschland. Über wen erfolgt die Aufklärung und Beratung der Patienten?

Fischill: Vor allem über die Apotheken. Wir sprechen unsere Kunden – vor allem solche mit potenziellen Folgeerkrankungen wie Husten und Sodbrennen – systematisch auf die Rauchproblematik an und klären über die Nicotinersatztherapie auf.

DAZ Der Stellenwert der Nicotinersatztherapie in Ihrer Apotheke ist also hoch?

Fischill: Ja. Wir führen regelmäßig Nichtraucheraktionstage durch und bieten auch Intensivberatungen an, allerdings kostenpflichtig. Bei diesen geht es meist um die Durchführung der Nicotinersatztherapie, aber auch darum, mehr über die Motivation zum Ausstieg zu erfahren und damit mögliche Hilfestellungen zu finden.

DAZ Das heißt also, Sie versuchen, den Raucher in seinem Ausstiegswillen zu unterstützen, aber ohne Eigenmotivation geht es nicht...

Fischill: Ganz richtig, die Motivation muss grundsätzlich vom Raucher selbst kommen. Wichtig ist aber, ihn in seinem Ausstiegswillen zu bestärken, ihm Chancen und Schwierigkeiten zu erklären und insbesondere zu zeigen, dass Rückfälle normal sind. Und dass man nach einem Rückfall mit dem Nicotinersatz weitermachen kann.

DAZ Erzeugen Sie denn mit intensiver Beratung auch so etwas wie Kundenbindung?

Fischill: Durchaus, aber nicht nur das. Ein Bonus nach dem Kauf von zehn Packungen führt neben mehr Kundenbindung vor allem auch zu einer besseren Compliance. Die Schwachstelle bei der Nicotinersatztherapie liegt nämlich meist an einer Unterdosierung und einer zu kurzen Anwendung.

DAZ Von wem waren Kunden, die schon etwas von Nicotinersatzpräparaten gehört haben, über diese Therapiemöglichkeit informiert?

Fischill: Am meisten von Angehörigen, Freunden oder Kollegen, relativ selten vom Arzt.

DAZ Werden denn beim Arzt die Gefahren des Zigarettenrauchens nicht aktiv angesprochen?

Fischill: Beim noch "gesunden" Raucher relativ selten. Sobald aber Beschwerden (Lunge, Herz oder Magen) auftreten, natürlich schon. Die Beratung über einen Rauchstopp erfolgt aber sehr unterschiedlich. In der Regel wird meist nur ganz allgemein zur Verwendung von Nicotinersatz geraten. Genau wie in Deutschland besteht das Problem auch bei uns in der fehlenden Bezahlung durch die Krankenkassen. Für nicht-honorierte Raucherberatung fehlt den Ärzten die Zeit.

DAZ Aber der Arzt steht prinzipiell positiv zum Konzept der Nicotinersatztherapie?

Fischill: Ja, eher positiv, im schlechteren Fall neutral. Von ablehnenden Äußerungen habe ich nie etwas gehört.

DAZ Kommen wir auf den Nicorette® Inhaler zu sprechen. Welche Erfahrungen haben Sie mit ihm bisher gemacht?

Fischill: Der Nicorette® Inhaler macht die Palette von Nicotinersatzprodukten vollständig. Kunden, die mit Kaugummis und Sublingualtabletten nicht zurechtkommen oder die schnelle Wirkung eines Nicotinersatzproduktes brauchen, sind oft mit dem Inhalator erfolgreicher als mit anderen Darreichungsformen. Der Inhalator ist auch für diejenigen gut geeignet, die zum Beispiel auf Flug- oder Zugreisen nicht rauchen dürfen und Entzugserscheinungen bekämpfen müssen.

DAZ Zwischen dem Nicorette® Inhaler und anderen Nicotinersatzpräparaten gibt es keinen prinzipiellen Unterschied. Worin sehen Sie dann seinen Vorteil?

Fischill: Die Unterschiede der galenischen Formen liegen in der Pharmakokinetik. So wirkt ein Pflaster mit seiner kontinuierlichen Nicotinzufuhr am langsamsten, während der Inhaler als deutlich schnellere Form beim intensiven Rauchverlangen als Sofortmaßnahme wirksamer ist. Kaugummi und Sublingualtabletten, auch eher schnelle Formen, werden alternativ zum Inhalator verwendet. Wenn im Beruf nicht gekaut werden kann oder eine Aversion gegen Kauen besteht, ist der Inhalator vorteilhaft. Insgesamt hat die Vielfalt der Darreichungsformen den Vorteil, dass der Kunde wählen und sich für die ihm sympathischste Form entscheiden kann. Dadurch steigen die Erfolgschancen.

Nicotininhaler

Mit dem Nicotininhaler steht eine neue Darreichungsform zur Nicotinersatztherapie in den Apotheken zur Verfügung: Der Inhaler ist aus Kunststoff, sieht wie eine Zigarettenspitze aus und mit ihm wird Nicotin ähnlich dem Pfeifenrauchen gepafft, oder wie beim Zigarettenrauchen gezogen, das Rauchen also imitiert. Im Unterschied zur Zigarette wird dabei das Nicotin zum allergrößten Teil über die Mund-Wangen-Schleimhaut resorbiert. Die Patronen, die in den Inhaler eingelegt werden, enthalten einen porösen Stopfen aus Polyethylen, auf den 10 mg Nicotin und Menthol aufgebracht sind. Durch Ansaugen von Luft wird Nicotin freigesetzt, eingeatmet und über die Mund- und Rachenschleimhaut aufgenommen. Die pharmakologische Nicotinwirkung tritt – ähnlich wie beim Nicotinkaugummi – erst nach etwa 30 Minuten ein.


DAZ Der Nicorette® Inhaler ahmt ein Ritual nach: das Hand-zu-Mund-Ritual. Empfinden Ihre Kunden dies als Vorteil?

Fischill: Ja, eindeutig. Es gibt sogar Raucher, die sich bereits von ihrer Nicotinsucht gelöst haben, aber immer noch einen Inhalator mit sich führen.

DAZ

Wie lange sollte man nach Ihrer Erfahrung den Inhaler benutzen?

Fischill: Idealerweise mindestens drei Monate, so wie auch in der Fachinformation empfohlen. In der Praxis wird leider oft unterdosiert und die Therapie zu früh abgebrochen. Selten kommt es bei Kunden auch zur Daueranwendung. Aber meist kommt es nach langer, über einjähriger Anwendung, dann auch bei ihnen zum Rauchstopp.

DAZ Haben Sie mit dem Nicorette® Inhaler Probleme gesehen?

Fischill: Das häufigste Problem ist die Unterdosierung. Kurzfristige Überdosierungen, wie es sie beim Kaugummi durch zu intensives Kauen gibt, sind beim Inhalator selten. Eine langfristige Verwendung kommt eher selten vor, mögliche damit verbundene Probleme müssen immer im Vergleich zu den Gefahren des Rauchens selbst gesehen werden.

DAZ Welche von Ihnen gemachten Erfahrungen würden Sie an Ihre deutschen Kollegen weitergeben wollen?

Fischill: Jeder Kunde, der es mit ausreichender Beratung schafft, aufzuhören, ist Ihnen dankbar!

DAZ Herr Magister Fischill, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.


ilm

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