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Vorerst keine Arzneimittel aus dem Automaten

BERLIN (ks). Der Anbieter von Automatisierungssystemen für Apotheken, Rowa, hat im Rechtsstreit um sein Arzneimittelabgabeterminal Visavia einen Rückschlag einstecken müssen. Bereits am 2. September entschied das Verwaltungsgericht Karlsruhe im Fall einer Apotheke in der Mannheimer Innenstadt, dass diese ihren Visavia-Automaten nicht weiter betreiben darf. (Urteil des Verwaltungsgerichts vom 2. September 2008, Az.: 11 K 4331/07)

Bei Visavia handelt es sich um einen computergesteuerten Automaten mit Videotelefon und Außenschalter, an dem Arzneimittel gekauft werden können. Der Kunde legt bei diesem System sein Rezept in den Automaten ein, wo es gescannt wird. Die Ausgabe des Medikaments erfolgt über ein Ausgabefach, nachdem ein per Videotelefon zugeschalteter Apotheker es freigegeben hat. Auch eine eventuelle Beratung und Information erfolgt mittels Videotelefon. Bezahlt wird in bar oder mit Karte. Das Regierungspräsidium Karlsruhe sah durch den Betrieb des Automaten das Arzneimittelrecht verletzt und untersagte dem Mannheimer Apotheker die Abgabe von verschreibungspflichtigen und nicht-verschreibungs-, aber apothekenpflichtigen Arzneimitteln an diesem Automaten. Der Apotheker erhob daraufhin Klage beim Verwaltungsgericht.

Rezepte: Scannen reicht nicht

Wie das Gericht am 30. September bekannt gab, teilte es die Auffassung des Regierungspräsidiums und wies die Klage ab. Nach den maßgeblichen arzneimittelrechtlichen Vorschriften müsse dem Apotheker das Rezept in Papierform vorliegen, wenn er das verordnete Medikament abgebe – er müsse darauf beispielsweise vermerken, welche Apotheke das Medikament zu welchem Preis an welchem Tag abgegeben habe. Dies sei bei der Abgabe am Automaten nicht möglich, denn das Rezept werde erst nachträglich entnommen. Gleiches gelte bei Änderungen der Verschreibung, die unmittelbar bei der Abgabe auf dem Rezept vermerkt werden müssten. Darüber hinaus könne der Apotheker trotz fortschreitender Technik nicht zuverlässig prüfen, ob ein Rezept gefälscht sei. Der Automatenbetrieb ist aus Sicht des Verwaltungsgerichts auch nicht mit einer Versandhandelsapotheke vergleichbar, denn dort liege dem Apotheker das Rezept bei der Abgabe des Medikaments vor.

OTC-Abgabe braucht Ruhe

Der Automatenbetrieb ist nach dem Urteil im konkreten Fall auch für OTC-Präparate unzulässig. Grundsätzlich sei für rezeptfreie Arzneimittel zwar eine Automatenlösung denkbar – im gegebenen Fall verstoße sie jedoch gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften, weil der per Videotelefon zugeschaltete Apotheker wegen der Lage des Automaten an einer Straße mit starkem Auto- und Straßenbahnverkehr seiner Informationspflicht nicht zuverlässig gerecht werden könne. Aufgrund des Straßenlärms und sonstigen Störungen sei eine durchgängige Verständigung nicht gewährleistet, so das Gericht.

Rowa geht in Berufung

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Rowa hat bereits angekündigt, Berufung einzulegen. In einer Pressemitteilung des Unternehmens hieß es, das Gericht habe die Nutzung des Terminals noch nicht erlauben wollen, "da einige wenige, eher formelle rechtliche Gesichtspunkte noch nicht ausreichend durch das Beratungs- und Abgabeterminal Visavia beachtet werden". Auch wenn Rowa sich zuversichtlich gibt, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts in der nächsten Instanz keinen Bestand haben wird, kündigte das Unternehmen an, Änderungen an den Terminals vorzunehmen, die auch einen Betrieb nach den Vorgaben des Verwaltungsgerichts Karlsruhe ermöglichen würden.

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