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Visavia-Apothekenterminal widerspricht Apothekenrecht

KOBLENZ (ks). Der Hersteller von Apotheken-Automatisierungssystemen Rowa hat mit seinem Abgabeterminal für Arzneimittel – visavia – wenig Glück. Aus Sicht des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Rheinland-Pfalz steht das Terminal, über das Medikamente ohne persönlichen Kontakt mit dem Apotheker an den Kunden ausgegeben werden können, im Widerspruch zu dem derzeit gesetzlich ausgeformten Arzneimittelschutz. (Urteil vom 7. Juli 2009, Az.: 6 A 11397/08.OVG)

Über das visavia-Terminal können Apothekenkunden auch bei Abwesenheit des Apothekers – etwa während der Nacht – Arzneimittel erhalten. Dabei werden sie allerdings lediglich mittels eines Bildschirmtelefons mit dem Apotheker verbunden. Das Land Rheinland-Pfalz beanstandete diesen "kundendistanzierten Betrieb" und untersagte einem Apotheker daher, das Terminal zu betreiben. Der Apotheker erhob daraufhin Klage, um feststellen zu lassen, dass das Gerät mit dem Apotheken- und Arzneimittelrecht vereinbar ist. Das Verwaltungsgericht Mainz hielt das Abgabeterminal für zulässig, wenn ein Drucker integriert werde, mit dem auf den Originalverschreibungen gesetzlich notwendige Angaben angebracht werden können. Auf Berufung des Landes wies das OVG die Klage des Apothekers nun jedoch ab.

Höchstpersönliche Arzneimittelabgabe

Das Apotheken- und Arzneimittelrecht weise zum Schutz vor einer fehlerhaften Medikamentenabgabe einen hohen Sicherheitsstandard für den Betrieb einer Apotheke auf, so das OVG. Dieser werde abgesenkt, wenn mit Hilfe des Terminals eine höchstpersönliche Abgabe der Arzneimittel durch den Apotheker an den Kunden ausgeschlossen sei. Denn dem Recht liege noch immer das "Leitbild vom Apotheker in seiner Apotheke" zugrunde. Hiervon entferne sich indes der extern elektronisch gesteuerte Arzneimittelabsatz grundlegend. Derartige Abstriche bei der Arzneimittelsicherheit könne nur der Gesetzgeber vornehmen. Der Schutz sei nicht bereits aufgrund der gesetzlichen Zulassung des Versandhandels mit Medikamenten gelockert worden. Denn dieser setze nach wie vor voraus, dass die Bereitstellung der Arzneimittel (vor dem Versand) durch pharmazeutisches Personal kontrolliert werde.

Revision beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache wurde die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen. Wie Rowa mitteilte, hat der betroffene Apotheker das Rechtsmittel bereits eingelegt. Da zuvor schon durch den Verwaltungsgerichtshof (VGH) Hessen einstweilen die Zulässigkeit für die Abgabe nicht-verschreibungspflichtiger Arzneimittel durch den visavia-Automaten erklärt worden sei, müsse das Bundesverwaltungsgericht nun für eine endgültige Klärung sorgen.

Urteil bedeutet kein Verbot des Weiterbetriebs

Bei Rowa zeigte man sich über das Urteil des OVG Rheinland-Pfalz erwartungsgemäß enttäuscht. Dort ist man davon überzeugt, dass das visavia-Terminal mit seinen Beratungsmöglichkeiten sämtlichen Anforderungen an eine ausreichende Beratung entspricht. Das in dem Urteil vertretene Bild des Apothekers sei "nicht nur unzeitgemäß, sondern auch innovationsfeindlich", so der Hersteller der Automatisierungssysteme. Zudem beschränke die Entscheidung die Effizienz der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung. Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Zulässigkeit des Versandhandels mit Arzneimitteln und der Billigung von Pick-up-Stellen durch die Gerichte sei nicht verständlich, weshalb das mittlerweile etablierte visavia-System nicht zulässig sein sollte. Rowa wies zudem darauf hin, dass das Urteil für Apotheker, die bereits ein visavia-System nutzen, vorerst ohne Auswirkungen bleibe. Auch dem klagenden Apotheker sei bislang der Weiterbetrieb des visavia-Systems nicht verboten.

Entscheidung im Wortlaut bei DAZonline

Das hier genannte Urteil können Sie neben anderen apotheken- und arzneimittelrechtlichen Entscheidungen im Wortlaut abrufen bei DAZonline unter www.deutsche-apotheker-zeitung.de.
Rubrik: Recht/Urteile, Benutzername: apotheke, Kennwort: daz.

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