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Apothekenexklusiv – was ist das noch wert?

Versandapotheken, Discount-Apotheken, Bestellservice von Drogeriemärkten, Gesundheitsregale mit freiverkäuflichen Arzneimitteln im Supermarkt – der Kunde hat heute schon zahlreiche Möglichkeiten, sich mit Gesundheitsmitteln und freiverkäuflichen Arzneimitteln einzudecken. Der Wettbewerb in diesem Segment floriert und ist hart.

Jetzt könnte es sein, dass in diesem Markt ein neues Fach aufgemacht wird: Das Handelsunternehmen Marktkauf hat in ausgewählten Märkten Gesundheitsregale eingerichtet, in denen bisher apothekenexklusive Produkte angeboten werden. Das zur Edeka-Gruppe gehörende Unternehmen ist im Lebensmitteleinzelhandel und Non-Food-Bereich tätig und betreibt mittlerweile an über 300 Standorten in Deutschland Supermärkte. Marktkauf bietet seinen Kunden in einigen Märkten seit Kurzem beispielsweise Produkte an wie Centrum, Eunova, Orthomol, Vichy, pH5 Eucerin, Frei Öl, Bepanthen, Isla Moos, Cetebe und Chlorhexamed u. a., schön oder – besser gesagt – weniger schön auf wenigen Regalmetern zusammengepfercht zwischen Tees und anderen Gesundheitsprodukten. Es sind Marken, die bisher exklusiv über Apotheken vertrieben wurden; Marken, deren Hersteller die exklusive Zusammenarbeit mit den Apotheken ausdrücklich auf ihre Fahnen geschrieben und mit der Apothekenexklusivität geworben haben. Und es sind Produkte, die über den Vertriebskanal Apotheke groß geworden sind. Was ist da passiert? Haben die Hersteller über Nacht die Apothekenexklusivität aufgekündigt? Zählt von heute auf morgen nur noch Masse statt Exklusivität? Ist den Herstellern jetzt der Massmarket lieber als die kleine feine Apotheke?

Nach den uns bisher vorliegenden Informationen zeichnet sich ein diffuses Bild ab. Marktkauf selbst legt nicht offen, woher man die Waren bezogen hat. Die meisten der Hersteller, deren Produkte sich auf einmal bei Marktkauf wiederfinden, erklären, nicht an Marktkauf geliefert zu haben. Sie verweisen auf graue Vertriebskanäle, die nur schwer kontrollierbar seien. So kam es schon in der Vergangenheit immer wieder vor, dass Vichy-Präparate bei Schlecker auftauchten oder Frei Öl-Präparate bei Drogeriemärkten. So sollen auch Apotheker an diesen Geschäften mitunter nicht unbeteiligt gewesen sein und größere Mengen an Drogeriemärkte weiterverkauft haben. Auch im Fall Marktkauf ist ein Apothekernamen gefallen.

Hört man sich im Markt um, kommt man zu dem Ergebnis, dass wohl die Mehrzahl der Hersteller versichert, den Vertriebskanal Apotheke zu schätzen und an der apothekenexklusiven Belieferung festhalten zu wollen. Man kann sich aber durchaus auch den einen oder anderen Hersteller vorstellen, der hier klammheimlich das Tor in Richtung Massmarket aufmachen möchte. Nachdem die Apotheke sein Produkt groß gemacht hat, reicht ihm das nun nicht mehr und er strebt nach mehr Umsatz.

Als Apotheker kommen einem da frühere Beispiele in Erinnerung – Multibionta und Kwai –, Produkte die versuchten, die Apotheke zu verlassen, um sich im Drogeriemarkt zu platzieren, kurze Zeit später aber reumütig in die Apotheke zurückkehrten. Sie mussten die Erfahrung machen, dass im Lebensmitteleinzelhandel und im Dromarkt mit anderen Margen und anderen Bandagen gearbeitet wird. Da sind erst einmal Eintrittsgelder zu bezahlen, um bei den Märkten und Discountern gelistet zu werden. Und wer – pointiert gesagt – die von den Märkten gewünschten Einkaufspreise nicht akzeptiert, wird schneller von der Liste gestrichen als ihm lieb ist.

Was sich aus dem aktuellen Angriff auf die Apothekenexklusivität entwickelt, ist schwer vorhersehbar. Fraglich ist, was Hersteller tun können, die ernsthaft an der exklusiven Zusammenarbeit mit der Apotheke interessiert sind und sich zur Apotheke bekennen.

Beiersdorf beispielsweise hat sich schon sogenannte Selektivverträge einfallen lassen, die mit den Apotheken geschlossen werden.

Die Verträge sollten die Beratung bei den Eucerin-Produkten in der Apotheke sicherstellen. Vertriebskanäle ohne pharmazeutische Beratung erhalten diese Produkte nicht.

Letztendlich stellt sich auch die Frage, inwieweit sich die Vertriebsbindung in Zeiten von europäischem Recht und liberalisiertem Wettbewerb noch halten lässt. Bei uns noch apothekenexklusive Produkte werden europaweit zum Teil schon in Drogeriemärkten verkauft. Man hört bereits, dass das deutsche Recht der Vertriebsbindung auf den europäischen Prüfstand kommen soll. Bricht da gerade wieder ein Sortiment aus der Apotheke heraus?


Peter Ditzel

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