Heilpraktiker vor Gericht

(bü). "Augen lügen nicht": Einen tiefen Blick in die Augen verbindet der Mensch normalerweise mit Romantik. Er kann aber auch bedeuten: Blähungen! Diese Erkenntnis können Heilpraktiker durch einen geschulten Blick in die Iris eines Patienten erlangen – behaupten zumindest einige von ihnen. Die Therapeuten sehen sich aber nicht als "Wunderheiler", was auch das Bundesverfassungsgericht bestätigte.
60.000 Euro für unschlüssige Konzepte – aktuelle Urteile aus einer umstrittenen Branche

So sollte einem selbsternannten Wunderheiler im wahrsten Sinne des Wortes "das Handwerk gelegt werden", weil er schwer kranken Patienten durch Handauflegen Heilung, zumindest jedoch Milderung der Beschwerden versprach. Die Staatsanwaltschaft stützt das Verbot darauf, dass er keine Heilpraktikererlaubnis besäße. Es sei nicht zu verantworten, dass er seine Patienten gesundheitlich schädige, weil die sich gegebenenfalls zu spät in geschulte ärztliche oder heilpraktische Hände begäben. Die Verfassungsrichter ließen dieses Argument jedoch nicht gelten. Sie machten deutlich: Die Gefahr, dass sich Kranke zu sehr auf ihn verlassen könnten, werde durch eine Erlaubnis oder Ausbildung nicht geringer (Az.: 2 BvR 1802/02).

Zurück zu den echten Heilpraktikern. Vor dem Oberlandesgericht Koblenz standen Eltern eines kranken Jungen einem Heilpraktiker gegenüber, der es nicht geschafft hatte, den Gesundheitszustand des Kindes zu verbessern. Und das, obwohl er bereits 60.000 Euro an Honorar für die Behandlung kassiert hatte. Die Eltern behielten den letzten Teil des Honorars – es ging um 4000 Euro – ein; der Heilpraktiker verklagte sie auf Zahlung. Ohne Erfolg. Zwar müsse ein Heilpraktiker ebenso wenig wie ein Arzt eine Garantie für den Erfolg der Therapie übernehmen. Allerdings dürfe ein Patient erwarten, dass sich der Heilpraktiker "eines plausiblen und schlüssigen Behandlungskonzepts bedient", welches hier jedoch offenbar nicht vorlag (Az.: 12 U 1433/04).

Umstrittene Therapie darf nicht beworben werden

Ein Heilpraktiker aus dem Rheinland hatte in Zeitungen für eine von ihm angewendete Therapie geworben, deren Wirksamkeit wissenschaftlich umstritten ist. Er bot eine auf Magnetfeldern basierende Kernspin-Resonanz-Therapie an, die heilend auf geschädigte Knorpelzellen einwirken sollte. Das Oberlandesgericht Köln entschied, dass er die Werbung einstellen oder in den Anzeigen darauf aufmerksam machen müsse, dass die Therapie "umstritten" ist (Az.: 6 U 138/05).

In Köln wurde der Fall eines Heilpraktikerverbandes verhandelt, der in seinem Vereinsnamen die Bezeichnung "Naturärzte" führen wollte. Schließlich gehöre der Begriff "Naturarzt" in der Schweiz zum allgemeinen Sprachgebrauch. Das habe für einen deutschen Verband jedoch keine Relevanz, so das Oberlandesgericht der Domstadt. Mit der Bezeichnung werde gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verstoßen. Es könne durch die Verwendung des Begriffs "Arzt" der Eindruck entstehen, dass es sich bei dem Verein um eine Institution handele, die "berufsständische Interessen von Ärzten" wahrnehmen dürfe – was tatsächlich aber nicht der Fall war (Az.: 6 U 160/05).

Der "Doktor" und der liebe Fiskus

Die Kosten, die einem Patienten für die Behandlung einer Angststörung durch einen Heilpraktiker entstehen, dürfen als außergewöhnliche Belastung in die Steuererklärung eingetragen werden. Dazu ist es nicht not-wendig, dass ein amtsärztliches Attest vorgelegt wird. Allerdings können die Aufwendungen nur im Rahmen der Höchstsätze der Heilpraktiker-Gebührenordnung berücksichtigt werden. In einem Fall vor dem Finanzge-richt Köln wurden die Gesamtkosten in Höhe von 6500 Euro deswegen auf 4100 Euro gestutzt (Az.: 14 K 1793/04).

Und noch mal das Finanzgericht Köln: Auch wenn ein Heilpraktiker ausschließlich im Bereich Psychotherapie tätig ist, braucht er auf seine Umsätze keine Mehrwertsteuer zu zahlen. Dies gilt unabhängig davon, dass die Behandlungskosten zurzeit noch nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden (Az.: 10 K 5354/02)..

Justizia ist wachsam und wirft ihr gerechtes Auge auch auf dubiose Heilpraktiken, unlauteren Wettbewerb und die steuerliche Berücksichtigung von Heilbehandlungen.
Foto: Bilderbox.com

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