Arzneimittel und Therapie

Diagnostik

Früherkennung von Lungenkrebs

Kann durch eine jährliche Computertomographie die Prognose bei Lungenkrebs verbessert werden? Eine jüngst publizierte Studie belegt dies mit beeindruckend hohen Überlebensraten. Allerdings stößt diese Studie nicht auf einhellige Zustimmung. Kritisiert wird die große Anzahl falsch positiver Befunde.

Lungenkarzinome treten häufig auf und haben eine sehr schlechte Prognose. Wird ein Bronchialkarzinom früh entdeckt und operativ entfernt, liegen die Überlebensraten relativ hoch. Da die meisten Lungentumore jedoch erst in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert werden, wird überlegt, ob nicht durch geeignete Vorsorgeuntersuchungen der Krebs im Frühstadium erkannt werden kann. Diese Überlegungen schlugen sich bereits in den 70er Jahren in Studien zum Screening mittels Röntgenthorax nieder. Diese wurden allerdings nie im großen Rahmen weitergeführt und erst in den 90er Jahren mit Computertomographie(CT)-Untersuchungen weitergeführt.

Im Rahmen des Projektes ELCAP (= the early lung cancer action project) wurde untersucht, ob durch eine jährliche spirale Computertomographie das Lungenkrebsrisiko bei starken Rauchern gesenkt werden kann. Es handelt sich dabei um eine Beobachtungsstudie, die an mehreren Zentren durchgeführt wurde. Insgesamt wurde im Zeitraum von 1993 bis 2005 bei 31.567 asymptomatischen Probanden mit einem erhöhten Lungenkrebsrisiko (meist starke Raucher oder Passivraucher, aber auch Teilnehmer, die beruflich Asbest, Uran, Radon oder Beryllium ausgesetzt waren) ein CT erstellt. Diesem folgte sieben bis 18 Monate später bei 27.456 Probanden eine erneute Aufnahme.

Nach Auswertung aller Daten wurde die lungenkrebsspezifische Zehn-Jahres-Überlebensrate ermittelt und zwar einmal bei allen Patienten, bei denen Lungenkrebs im klinischen Stadium I beim CT-Screening erkannt und durch Biopsie diagnostiziert worden war und zum anderen bei denjenigen Patienten, die innerhalb eines Monats nach Diagnosestellung operiert worden waren.

Hohe Überlebensraten ...

Bei über 4000 Probanden lag ein abzuklärender Befund vor. Bei 484 Teilnehmern wurde ein Tumor der Lunge festgestellt, bei 412 (85%) Probanden handelte es sich um ein Lungenkarzinom im Stadium I. Für diese Untergruppe betrug die geschätzte Zehn-Jahres-Überlebensrate 88% (95% Konfidenzintervall 84 bis 91) – unabhängig davon, welche Therapie eingeleitet wurde. Bei den 302 Patienten, bei denen ein Lungenkarzinom im Stadium I vorlag und die sich innerhalb eines Monates operieren ließen, betrug die Überlebensrate 92% (95% Konfidenzintervall 88 bis 95). Die acht Patienten, bei denen Lungenkrebs im Stadium I diagnostiziert worden war und die nicht behandelt wurden, verstarben innerhalb von fünf Jahren nach der Diagnose.

... aber viel falsch positive Ergebnisse

Lediglich bei etwas über 10% der abzuklärenden Befunde wurde tatsächlich ein bösartiger Lungenkrebs diagnostiziert. In allen anderen Fällen stellte sich das auffällige Ergebnis der CT-Untersuchung im Nachhinein als Artefakt oder gutartiger Befund heraus – dies aber erst nach weiteren diagnostischen Maßnahmen, die mit einem erheblichen personellen, apparativen und finanziellen Aufwand verbunden waren. In dieser Zeit der Ungewissheit ist der Patient einer starken psychischen Belastung ausgesetzt.

Unterschiedliche Reaktionen der Fachwelt

Die Ergebnisse dieser Studie werden unterschiedlich kommentiert. Neben der Kritik am Studienaufbau wie etwa dem Fehlen einer Kontroll-Gruppe befassen sich einige Kommentatoren mit der Relevanz der ermittelten Ergebnisse und geben zu bedenken, dass nicht belegbar sei, ob und in welchem Ausmaß die mit der Spiral-CT entdeckten Lungenkarzinome jemals gefährlich geworden wären. Auch die Reaktionen auf die Studienergebnisse sind unterschiedlich. Sie reichen von einer skeptischen Zurückhaltung bis hin zu der Empfehlung, bei Risikopatienten wie starken Rauchern, Kriegsveteranen, Beschäftigten in Munitionsfabriken sowie Asbestarbeitern ein jährliches Vorsorgescreening zu empfehlen.

Quelle

Henschke, C.; et al.: Survival of patients with stage I lung cancer detected on CT screening. N. Engl. J. Med. 355 , 1763-1771 (2007).

Streit um Lungenkrebsscreening – Kann jährliches Spiral-CT 80% der Todesfälle verhindern? Dtsch. Ärztebl. online vom 26. Oktober 2006.

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr
Fünf-Jahres-Überlebensraten
beim nicht-kleinzelligen
Bronchialkarzinom
Stadium Ia 75 bis 80%
Stadium Ib 55 bis 60%
Stadium IIa 55 bis 60%
Stadium IIb 35 bis 45%
Stadium IIIa 15 bis 40%
Stadium IIIb 5%
Stadium IV 1%
[Quelle: Schmoll, H.-J., Höffken K. und Possinger, K. (Hrsg.): Kompendium Internistische Onkologie. 3 Bde., 4. Aufl., Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg/New York (2005)].

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