Arzneimittel und Therapie

Krebs in Deutschland: Lungenkrebs ist eines der größten Probleme

Krebserkrankungen sind nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen derzeit die zweithäufigste Todesursache in Deutschland. Tendenz steigend: Bis zum Jahr 2010 wird Krebs Schätzungen zufolge die "Spitzenposition" unter den Todesursachen einnehmen. Einen großen Anteil hieran hat der Lungenkrebs. Rund 17 Prozent aller Krebsneuerkrankungen der Männer in Deutschland betreffen die Lunge, das macht den Lungenkrebs nach dem Prostatakrebs zum zweithäufigsten Tumor beim Mann. Frauen sind derzeit noch etwa dreimal weniger als Männer von einem Lungenkarzinom betroffen, allerdings wird sich dies aufgrund der Rauchgewohnheiten der weiblichen Bevölkerung künftig wahrscheinlich ändern. Insgesamt rechnet man in Deutschland derzeit pro 100 000 Menschen im Mittel mit etwa 50 Lungenkrebs-Neuerkrankungen pro Jahr.

Hauptrisikofaktor Rauchen

Der Lungenkrebs gehört zu den bösartigen Tumoren, für die der Hauptrisikofaktor seit langem belegt ist. Bei Männern sind bis zu 90 Prozent, bei Frauen zurzeit bis zu 60 Prozent der Lungenkrebserkrankungen auf das aktive Rauchen zurückzuführen. Dabei steigt das Erkrankungsrisiko mit der Anzahl der gerauchten Zigaretten, der Dauer des Rauchens sowie der Inhalationstiefe und der Teer- und Nikotinkonzentration.

Etwa jeder zehnte Raucher erkrankt im Laufe seines Lebens, im Durchschnitt 30 bis 40 Jahre nach Beginn der "Raucherkarriere". Auch durch das Passivrauchen wird das persönliche Risiko etwas erhöht (1,3fach bis 1,4fach).

Ein vergleichsweise geringer Anteil aller Lungenkrebsfälle wird auf berufliche Exposition gegenüber verschiedenen kanzerogenen Stoffen zurückgeführt, dennoch sollen hier beispielhaft einige Substanzen genannt werden, da sich ihre schädigende Wirkung durch gleichzeitiges Rauchen stark erhöht: Asbest, Arsen, Chrom, Nickel, aromatische Kohlenwasserstoffe und Radon. Lungennarben stellen auch ein erhöhtes Risiko dar. Sie entstehen z. B. nach Tuberkulose oder Operationen.

Schlechte Prognose, da meist erst spät entdeckt

Die Heilungschancen sind bei Lungenkrebs schlecht. Fast zwei Drittel aller Patienten können bereits bei der Diagnosestellung nicht mehr operiert werden. Von ihnen überleben nur etwa fünf Prozent die ersten fünf Jahre nach Ausbruch der Krankheit. Wenn Lungenkrebs operiert werden kann, besteht prinzipiell eine vollständige Heilungschance. In manchen Fällen kann der Tumor, gerade wenn er weit außen in der Lunge sitzt, durch eine relativ kleine Operation entfernt werden. Dabei wird der Lungenflügel, in dem sich der Krebs befindet, entfernt. Sind keine Lymphknoten befallen, überleben etwa 40 bis 80 Prozent der Patienten die ersten fünf Jahre nach der Operation.

Ein Grund für die schlechte Prognose liegt darin, dass Lungenkarzinome anfänglich nur selten Beschwerden machen. Deshalb werden sehr kleine Bronchialkarzinome fast immer nur zufällig entdeckt, z. B. bei Röntgenuntersuchungen aus anderem Anlass.

Erst wenn hartnäckiger Husten oder Blutbeimengungen im Auswurf, Schmerzen, Fieberschübe, Atemnot, Abgeschlagenheit oder Gewichtsverlust bemerkt werden, gehen die Patienten zum Arzt. Dann ist es in vielen Fällen allerdings schon zu spät. Erschwert wird die Situation dadurch, dass die Krankheitszeichen nicht spezifisch sind und daher fehlgedeutet werden können. Vor allem bei starken Rauchern wird Lungenkrebs häufig zunächst für eine chronische Lungenentzündung gehalten.

Eine routinemäßige Früherkennungsuntersuchung, um Lungenkrebs in einem noch gut behandelbaren und heilbaren Stadium aufzudecken, gibt es derzeit leider nicht.

Röntgen, CT und Bronchoskopie zur Diagnose

Zur Diagnose eines Lungenkarzinoms müssen eine Reihe von Untersuchungen durchgeführt werden. Zu den wichtigsten Untersuchungsmethoden gehört die Röntgenübersichtsaufnahme der Lungen. Lungenkarzinome im äußeren Bereich der Lungen sind ab etwa 1 cm Größe als runde Herde erkennbar, allerdings können derartige Herde auch bei anderen Lungenkrankheiten auftreten. Bronchialkarzinome sind nicht in allen Fällen durch charakteristische Veränderungen im Röntgenbild gekennzeichnet, sondern können bisweilen wie gutartige Lungenerkrankungen erscheinen.

Die Interpretation der Bilder und richtige Einschätzung der Röntgenbefunde erfordern Erfahrung. Tumoren im zentralen Bereich der Lunge können im Röntgenbild zudem oft nicht erkannt werden, da diese Region von anderen Strukturen des Brustraums überlagert ist. Mit der Computertomografie (CT) kann aber auch dieser Bereich in Schnittbildern gut dargestellt werden. Bei unklaren Röntgenbefunden sowie zur genauen Bestimmung der Ausbreitung eines Lungenkrebses ist die Computertomografie unverzichtbar. Mit den derzeit meistverbreiteten Geräten können Tumoren ab etwa 0,5 cm Durchmesser sichtbar gemacht werden.

Die zentrale diagnostische Maßnahme ist die Bronchoskopie, d. h. die Untersuchung der Bronchien und ihrer Verzweigungen mit einem durch die Luftröhre eingeführten optischen Gerät (Bronchoskop). Ein wichtiges Ziel der Bronchoskopie ist die Entnahme von Gewebeproben aus einem verdächtigen Bereich oder auch von vereinzelten Zellen zur anschließenden histologischen Untersuchung. Bei mehr als 70 Prozent der Patienten lässt sich mithilfe des bei der Bronchoskopie entnommenen Materials eine Diagnose stellen.

Durch die mikroskopische Untersuchung des Tumorgewebes unterscheidet der Arzt im Wesentlichen vier verschiedene Arten von Bronchialkarzinomen. Das häufigste ist das Plattenepithelkarzinom (35 bis 45%), gefolgt vom Adenokarzinom (25 bis 35%), dem kleinzelligen Karzinom (20 bis 25%) und dem großzelligen Karzinom (10 bis 15%). Einige seltene Tumoren kommen zusammen bei etwa 10 bis 15 Prozent der Erkrankungen vor.

Hinsichtlich der Wirksamkeit der verschiedenen Therapieformen und der Therapieplanung wird prinzipiell immer die Unterscheidung zwischen kleinzelligem Lungenkarzinom und der Gruppe der nicht-kleinzelligen, also der restlichen Lungenkarzinome, getroffen.

TNM-Klassifizierung zur Bestimmung des Krebsstadiums

Anhand der Untersuchungsergebnisse wird die Ausbreitung der Erkrankung in Form von Krankheitsstadien beschrieben. Abhängig von der Größe des Tumors, dem Lymphknotenbefall und der Metastasierung, wird beim nicht-kleinzelligen Lungenkrebs das Stadium in der so genannten TNM-Klassifikation angegeben.

T steht für Tumorgröße, N steht für Nodus (= Lymphknoten) und M steht für Metastasen.

Eine (vorläufige) Einstufung erfolgt vor der Operation, genaue Angaben erhält man aber erst durch die feingewebliche Untersuchung des bei der Operation entnommenen Gewebes.

Die Beschreibung der Krankheitsausdehnung bei kleinzelligen Bronchialkarzinomen kann ebenfalls mithilfe des TNM-Systems erfolgen. Oft wird von Ärzten jedoch eine andere Klassifikation gewählt. Sie unterscheiden die auf einen Lungenflügel begrenzte Krankheitsausdehnung (limited disease) von der über diese Grenze hinausgehenden Tumorausbreitung (extensive disease). Beide Stadien können dann noch weiter unterteilt werden.

Die Therapie richtet sich nach Stadium und Typ

Die Therapie des Bronchialkarzinoms richtet sich nach dem Ausbreitungsstadium der Erkrankung und dem feingeweblichen Typ des Karzinoms (kleinzellig oder nicht-kleinzellig).

Da die Therapie Einfluss auf die Lungenfunktion hat, ist für die Therapieentscheidung das Alter und der Allgemeinzustand des Erkrankten zudem mitentscheidend. Bei hohem Alter oder eingeschränktem Allgemeinzustand können bestimmte Therapieformen nur beschränkt oder gar nicht angewendet werden.

Möglichst schnell mit der Therapie beginnen

Generell gilt, dass nach der Diagnosestellung möglichst rasch mit einer Therapie begonnen werden sollte. Ein Vorgehen nach "wait and watch" ist beim Lungenkarzinom nicht angebracht; eine Chemotherapie ist in jedem Fall der "best supportive care" (BSC) überlegen.

Eine einheitliche Behandlungsstrategie gibt es für nicht-kleinzellige Bronchialkarzinome nicht, auch wenn verschiedene Standardregimes etabliert sind. Viele Therapien werden im Rahmen von Studien durchgeführt, in denen neue Zytostatika-Kombinationen, modifizierte Therapieschemata, abweichende Dosierungen oder Dosisintervalle sowie natürlich neue Substanzen untersucht werden. Einen Quantensprung konnte man mithilfe der in diesen Studien gewonnenen Erkenntnisse in den vergangenen Jahren nicht erreichen. Allerdings ist es gelungen, die Einjahres-Überlebensrate nach einer Chemotherapie von früher 15 bis 20 Prozent auf mittlerweile 30 Prozent zu steigern.

Kasten Risikofaktoren für Lungenkrebs

  • Rauchen
  • genetische Faktoren
  • berufliche Faktoren (Umgang mit kanzerogenen Stoffen am Arbeitsplatz)
  • Ernährung, Übergewicht
  • Viren und andere biologische Agenzien
  • perinatale Faktoren

Kasten Arten des Bronchialkarzinoms (Häufigkeit in %)

  • Plattenepithelkarzinom: 35 bis 45%
  • Adenokarzinom: 25 bis 35%
  • kleinzelliges Bronchialkarzinom: 20 bis 25%
  • großzelliges Bronchialkarzinom: 10 bis 15%
  • seltene Tumoren: 10 bis 15%

Kasten Wie entsteht Krebs?

Die Zellen jedes Organismus befinden sich in einem exakt geregelten homöostatischen Gleichgewicht zwischen Wachstum, Differenzierung und Zelltod. Das Wachstumsverhalten und der Ablauf des Zellzyklus sind genetisch festgelegt. Fehlregulationen der Genaktivität durch DNA-Schädigungen können zu unkontrolliertem Zellwachstum führen. Bei der Entstehung eines Tumors sind exogene und endogene Faktoren beteiligt.

Von zentraler Bedeutung sind genetische Veränderungen, die als Folge unterschiedlicher Karzinogene auftreten können. Solche Genmutationen finden laufend statt, werden in der Regel aber von der Zelle selbst repariert. Ist eine Reparatur nicht mehr möglich, wird die veränderte Zelle entfernt und in den Zelltod geschickt. Erst wenn die verschiedenen Reparatur- und Aussonderungsmechanismen nicht mehr funktionieren, kann sich ein Tumor entwickeln.

Kasten TNM-Klassifikation

Nicht-kleinzellige Bronchialkarzinome werden nach der TNM-Klassifikation eingeteilt. Diese beruht auf:

  • Tumorgröße: T 1 bis 4
  • Befall der Lymphknoten:N 0 bis 2 (3)
  • Nachweis von Metastasen:M 0/1

Ergänzt wird diese Einteilung durch das Ausmaß der Malignität (Grading: G1 = gut differenziert bis G4 = anaplastisch, d. h. nicht differenziert und prognostisch ungünstig). Je höher die Werte nach der TNM-Klassifikation und dem Grading sind, desto schlechter sind die Prognosen für den Patienten.

Quellen

www.krebsinformation.de; Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg. Krebs in Deutschland, herausgegeben von der Arbeitsgemeinschaft Bevölkerungsbezogener Krebsregister in Deutschland in Zusammenarbeit mit dem Robert Koch-Institut. 2. Lilly Forschungsgespräch "Krebsforschung: Strategien für das 21. Jahrhundert", 7. November 2002, Hamburg, veranstaltet von der Lilly Deutschland GmbH.

Krebserkrankungen sind derzeit die zweithäufigste Todesursache in Deutschland, Tendenz steigend. Einen großen Anteil daran hat der Lungenkrebs, der zu den bösartigsten Tumoren gehört. Dank der Chemotherapie kann die Prognose bei einem Lungenkarzinom zwar verbessert werden, sie ist aber nach wie vor schlecht. Welches zytostatische Regime dabei gewählt wird, hängt vom Krankheitsstadium, dem Allgemeinzustand und dem Wunsch des Patienten ab. Das bedeutet, dass trotz Vorliegen allgemeiner Standards jede Chemotherapie individuell gestaltet werden sollte. 

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