Prisma

Arzneimittelwirkung auf Pflanzen

Viagra sorgt für mehr Stehvermögen bei Schnittblumen

Ein Par-4 genanntes Protein scheint Mäuse vor der Entstehung einer großen Zahl an Krebsarten zu schützen. Sollte sich der Befund auf den Menschen übertragen lassen, wäre Par-4 für die Krebsprävention und -behandlung interessant.

Wissenschaftler um Vivek Rangnekar von der Universität Kentucky konnten den krebsschützenden Effekt von Par-4 in Mäusen zeigen, die aufgrund einer genetischen Veränderung laufend das Protein bilden. Wie sie in "Cancer Research" schreiben, bewirkt Par-4 bei Krebszellen eine Apoptose – und zwar ausschließlich bei Krebszellen. Gesunde Zellen werden durch das Protein nicht tangiert. Besonders vielversprechend laut den Studienautoren: Par-4 schützte die Mäuse nicht nur vor der Entstehung von spontanen Tumoren, sie bildeten auch unter dem gezielten Angriff mit Onkogenen keine Krebsgeschwüre aus. Vielleicht könne man bei Krebspatienten eine ähnliche Wirkung erzielen, hofft Rangnekar. So wäre es z. B. denkbar, Knochenmarkzellen zu entnehmen, den entsprechenden DNA-Abschnitt in die Zellen einzuschleusen und die Zellen dann wieder zu injizieren, um Tumore zu bekämpfen. <ral

Quelle: Rangnekar, V. et al.: Cancer Res. 67, 9276-9285 (2007).

Für Menschen, die sich nach einem Unfall nur noch mit Hilfe ihrer Augen verständigen können, erhoffen sich Wissenschaftler einen Durchbruch. Ein Computer soll ihre Gedanken in "Sprache" umsetzen.

Wissenschaftler der Boston University haben einem Unfallopfer eine Elektrode ins Gehirn implantiert, die die Impulse von 41 Neuronen im Bereich des Sprachzentrums aufzeichnet. Mit Hilfe einer speziell dafür entwickelten Software sollen einmal die damit "aufgefangenen" Gedanken in Sprache umgewandelt werden können – und zwar mit einer Genauigkeit von 80 Prozent. Die Forscher sind optimistisch, sich künftig mit dem Patienten unterhalten zu können, obwohl die Daten derzeit noch ausgewertet werden. Neurowissenschaftler begrüßen diesen Entwicklungsfortschritt, auch wenn das wirkliche Lesen der Gedanken noch Zukunftsmusik bleibt. Zu bedenken sei, dass es einen großen Unterschied macht, ein Signal auszuwerten, das ein Mensch bewusst senden möchte, oder wirklich in die Tiefen des menschlichen Bewusstseins einzudringen. el

Quelle: Giles J.: New Scientist 2630 vom 17.11.2007

Kaugummis und Lutschpastillen mit Magnolienextrakt sorgen für frischen Atem, indem sie bis zu 62 Prozent der Bakterien im Speichel abtöten, die für schlechten Mundgeruch verantwortlich sind.

In ihrem Experiment testeten Wissenschaftler um Michael Greenberg vom Konzern Wrigley in Chicago die Wirkung von Magnolienextrakt und dessen zwei Hauptbestandteilen Magnolol und Honokiol auf die Mundgeruchsbakterien. Dazu wurden neun Testpersonen Speichelproben entnommen: eine Stunde nach dem Mittagessen und nach dem anschließenden Genuss einer Lutschpastille oder eines Kaugummis mit Magnolienextrakt. Die Lutschpastillen vermochten die Bakterienkonzentration nach 30 Minuten um 62 Prozent, nach 60 Minuten um 34 Prozent herabzusetzen. Der Magnolien-Kaugummi konnte diese nach 40 Minuten um 43 Prozent reduzieren.

Vorhergehende Untersuchungen im Reagenzglas zeigten eine hohe Effizienz des Magnolienextraktes bei Bakterien, die für den Mundgeruch verantwortlich sind: Porphyromonas gingivalis und Fusobacterium nucleatum. Auch Streptococcus mutans, der bei der Entstehung von Karies eine Rolle spielt, wurde durch den Magnolienextrakt abgetötet. el

Quelle: Greenberg M. et al.: J. Agricult. Food Chem. 55, 9465-9469 (2007)

Vor Kurzem ging die Meldung durch die Medien, dass Sildenafil bei Hamstern den Jetlag mildert. Der Einsatz des Potenzmittels bei den Nagern mutet schon einigermaßen kurios an. Dass es nicht beim Hamster bleiben muss, zeigt nun aber eine aktuell an der Universität Würzburg von einer Schülerpraktikantin durchgeführte Untersuchung. In ihr konnte nachgewiesen werden, dass Sildenafil nicht nur Männern, sondern auch Schnittblumen zu mehr Stehvermögen verhilft.

Seit einigen Jahren stößt man immer wieder auf die Behauptung, Sildenafil verlängere die Lebensdauer von Schnittblumen. Diese Behauptung ließ Prof. Dr. Heribert Warzecha, TU Darmstadt, im Rahmen einer schulischen Facharbeit von der Praktikantin Samira Aktas überprüfen, die die prinzipielle Idee hatte, Arzneimittelwirkungen auf Pflanzen zu untersuchen. Für den Test wurden der Jahreszeit entsprechend Schnittblumen der Gattung Gerbera herangezogen. Je drei wurden frisch angeschnitten in 100 ml Wasser gestellt. Ein Trio bekam zusätzlich 0.75 mg Sildenafil, ein weiteres 24 mg Sildenafil zugesetzt. Die Blumen wurden dann über einen Zeitraum von einer Woche beobachtet. Ergebnis: Die Gerbera mit 24 mg Sildenafil blieben eine Woche lang frisch, während die Blumen mit "nur" Wasser schon nach drei Tagen welkten. Von den drei Pflanzen, die in Wasser mit 0.75 mg Sildenafil standen, hielt sich eine länger, die anderen beiden machten ebenfalls schon nach drei Tagen schlapp.

Worauf der "haltbar machende" Effekt des Sildenafil bei Gerbera zurückzuführen ist, ist noch unklar. Beim Menschen beruht die Wirkung von Sildenafil auf der Hemmung der cGMP-spezifischen Phosphodiesterase 5. Darüber wird indirekt die Menge von cGMP erhöht, wenn gleichzeitig durch die Wirkung von Stickstoffmonoxid (NO) die Guanylatzyklaseaktivität gesteigert wird. Aber was passiert in der Pflanze? Auch hier wirkt NO als Signalmolekül. So ist z. B. bekannt, dass die NO-Synthese für das Schließen der Spaltöffnungen notwendig ist und darüber ein Feuchtigkeitsverlust reduziert werden kann. Dies wäre somit ein möglicher Ansatzpunkt. Um ihn zu überprüfen, ließ Warzecha Samira Aktas in einem parallelen Experiment untersuchen, ob die Arzneimittel Isosorbiddinitrat (ISDN) und Molsidomin einen ähnlichen Effekt wie Sildenafil bei Gerbera hervorrufen. Beide bilden im tierischen Organismus NO und zumindest ISDN sollte auch in der Pflanze über dort vorhandene reduzierende Verbindungen dazu in der Lage sein. Molsidomin, ein Prodrug, wird im Mensch zuerst enzymatisch aktiviert, ob dieser Prozess auch in einer Pflanze abläuft, bleibt spekulativ.

"Leider konnten wir keinen Frische-verlängernden Effekt der beiden Koronartherapeutika auf unsere Test-Pflanzen feststellen", so Warzecha. "Wir haben dann überprüft, ob Sildenafil über die Schließung der Spaltöffnungen eine längere Haltbarkeit der Pflanzen bewirkt. Auch hier konnten wir bei mikroskopischen Untersuchungen von Hibiskusblättern keinen Unterschied der Öffnungsweite in Abhängigkeit zur Sildenafil-Behandlung feststellen." Es bleibt also geheimnisvoll, welcher Art der Effekt von Sildenafil auf die Gerbera ist. Sicher ist: Ein Effekt ist da! Und die Beobachtung unterstreicht, dass Pflanzen und Menschen offensichtlich fundamentale biologische Prozesse gemeinsam haben. Zum "Düngemittel" taugt Sildenafil allerdings trotzdem nicht! Warzecha dazu: "Für den Preis von 25 mg Sildenafil kann man sich getrost jeden Tag einen frischen Strauß Blumen leisten." <hw/ral

Quelle: Mitteilung von Prof. Dr. Heribert Warzecha vom 23.11.2007

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