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Was ist eigentlich …Ohnmacht?

"Schatz – halt mich fest, ich glaube ich falle in Ohnmacht!" Mit diesen oder ähnlichen Worten fielen in den 1960er-Jahren Frauen im Film in Ohnmacht. Aber nicht nur Frauen, sondern auch die Herren der Schöpfung sind vor einer Ohnmacht nicht gefeit. Zwar ist die Ohnmacht durch einen vorübergehenden Sauerstoffmangel im Gehirn für den Betroffenen in der Regel nicht lebensgefährlich. Allerdings kann es durch Stürze zu schweren Verletzungen kommen. Werden die ersten Anzeichen einer Ohnmacht richtig erkannt, kann man mit einfachen Tricks die drohende Bewusstlosigkeit verhindern oder für kurze Zeit aufhalten.
Muskelübungen gegen Ohnmacht Drei einfache Übungen können helfen, Ohnmachtsanfälle zu verhindern:

Kreuzen Sie die Beine und spannen gleichzeitig die Bein-, Bauch- und Gesäßmuskulatur an. Packen Sie in Brusthöhe mit einer Hand die andere und ziehen Sie kräftig in die Gegenrichtung. Drücken Sie einen Gegenstand fest mit der Hand zusammen. Die Muskelanspannung soll zu einer Kompression der Venen in Bauch und Beinen führen.

Was ist eigentlich eine Ohnmacht? Eine Ohnmacht oder – medizinisch – Synkope beschreibt eine kurzzeitige, in der Regel weniger als eine Minute dauernde Bewusstlosigkeit durch eine verminderte Durchblutung des Gehirns. Eine länger als eine Minute dauernde Ohnmacht wird als Bewusstlosigkeit bezeichnet.

Im Gegensatz zur echten Bewusstlosigkeit besteht für den Ohnmächtigen meist keine direkte Lebensgefahr. Während die Ohnmacht für sich selbst nicht gefährlich ist, können aber durch die resultierenden Stürze Verletzungen entstehen. Etwa jede fünfte Person erleidet mindestens einmal im Leben einen kurzzeitigen Ohnmachtsanfall beziehungsweise eine Synkope. Besonders häufig treten sie ab dem 70. Lebensjahr auf. 30 bis 40% der über 65-Jährigen fallen pro Jahr einmal hin, wobei das Verletzungsrisiko im fortgeschrittenen Alter deutlich erhöht ist. Synkopen treten in jedem Alter auf, sie kommen einzeln oder in Serien vor, es gibt solche mit sehr guter und solche mit sehr schlechter Prognose.

Verminderte Durchblutung: wenige Sekunden reichen

"Bei Bewusstsein" zu sein setzt eine ungestörte Tätigkeit des Gehirns und auch eine intakte Herz-Kreislauf- und Stoffwechselfunktion voraus. Störungen der Herz-Kreislauf-Funktion führen zu einer verminderten Durchblutung des Gehirns. Wenige Sekunden reichen aus, um zu einer Bewusstseinseinschränkung zu führen. Im Extremfall kommt es zu einem vollständigen Bewusstseinsverlust, einer Synkope. 60 bis 80% der Synkopen resultieren aus Kreislaufstörungen, die als Folge zu Durchblutungsstörungen des Gehirns führen.

Vom Kreislauf hängt viel ab

Durch das Herz-Kreislauf-System werden alle Organe mit Blut versorgt. Das Gehirn als spezialisiertes Organ markiert beim Menschen den höchsten Körperpunkt. Es liegt oberhalb des Herzens, weswegen das versorgende Blut gegen die Schwerkraft ins Gehirn transportiert werden muss. Dies erklärt auch die empfindliche Reaktion bei Herzerkrankungen. Doch das besitzt viele unterschiedliche Anpassungsmechanismen, um auch in unterschiedlichen Situationen wie bei körperlicher Belastung oder Flüssigkeitsverlusten nach starkem Schwitzen die angemessene Durchblutung der Organe zu gewährleisten.

Wichtige Parameter für den Blutdruck sind die Pumpleistung des Herzens, der Kontraktionszustand der Gefäße sowie der Flüssigkeitshaushalt. Gerät ein Parameter aus dem Gleichgewicht, versucht der Körper durch Anpassung der anderen, den "normalen" Blutdruck wieder herzustellen. Gesteuert wird der Blutkreislauf durch Nervenimpulse und Hormone.

Das Spektrum der möglichen Ursachen einer Synkope reicht von harmlosen Kreislauffunktionsstörungen bis hin zu schweren Herzerkrankungen.

Am häufigsten:die vasovagale Synkope

Die sogenannte vasovagale Synkope ist die häufigste Ursache. Hierbei kommt es durch eine Überreaktion des Nervensystems zu einer plötzlichen Erweiterung der Blutgefäße in Haut und Muskulatur, wodurch das Blut in die Beine versackt und dem Gehirn fehlt. Dieser plötzliche Blutdruckabfall kann beispielsweise durch Angst, Schmerz, Stress oder nach längerem Stehen in der Sonne oder in großen Menschenmengen ausgelöst werden.

Orthostatische Synkope nach schnellem Aufstehen

Eine andere Ursache für eine Synkope werden einige Leser sicherlich selbst schon einmal erlebt haben. Plötzliches Aufstehen aus einer liegenden Position kann zur orthostatischen Synkope führen. Wie bei der vasovagalen Synkope reicht der Blutdruck nicht aus, das Gehirn ausreichend mit dem notwendigen Blut sowie Sauerstoff zu versorgen. Nach üppigen Mahlzeiten oder bei Menschen mit niedrigem Blutdruck ist diese Form häufiger zu beobachten. Fehlreaktionen der Kreislaufkontrolle können bei bestimmten Menschen auch durch Pressen beim Stuhlgang oder Wasserlassen ausgelöst werden (pressorische Synkopen).

Karotissinus-Syndrom bei engem Hemdkragen

Eine weniger häufig auftretende Synkopenform ist die als Karotissinus-Syndrom bezeichnete. An der Aufzweigung der Halsschlagader (Karotissinus an der Karotisbifurkation) befinden sich Rezeptoren, welche Blutdruck und Puls regulieren. Durch Druck auf diesen Rezeptor kann es zu einer Gefäßerweiterung mit den bekannten Folgen kommen. Auslöser dieser Synkopenform ist beispielsweise ein direkter Druck auf die Arterie, beispielsweise beim Wenden des Kopfes oder bei zu engem Hemdkragen.

Vena-cava-Kompressionssyndrom bei Schwangeren

Ganz besondere Kreislaufverhältnisse liegen bei der fortgeschrittenen Schwangerschaft vor. Die wachsende Gebärmutter drückt auf die Vena cava (untere Hohlvene), welche das Blut aus dem Bauchraum zum Herzen transportiert. Auch dieses so genannte Vena-cava-Kompressionssyndrom kann für eine Synkope verantwortlich sein. Eher seltene Ursachen sind angeborene Anomalien der hirnversorgenden Gefäße oder Fehlstellungen der Rippen im oberen Brustbereich. Bei bestimmten Bewegungen oder Körperhaltungen kann die Blutzufuhr zum Gehirn behindert werden mit der Folge einer Synkope.

Kardiale Ursachen mit weit reichenden Folgen

Diese beschriebenen Synkopen sind im Prinzip eher harmloser Natur. Dabei erlangt der Patient innerhalb von Sekunden oder Minuten nach spontaner Normalisierung der Kreislaufstörung meist von selbst wieder das Bewusstsein. Weit reichende Folgen kann hingegen die kardiale Ursache haben. Durch den Abfall der Pumpleistung des Herzens resultiert eine Durchblutungsminderung des Gehirns. Als mögliche Herzerkrankung kommen Herzrhythmusstörungen mit zu langsamem oder zu schnellem Herzschlag, Herzklappenfehler (zum Beispiel die Aortenstenose), die hypertrophisch-obstruktive Kardiomyopathie, aber auch der Herzinfarkt oder die Lungenembolie in Frage. Während bei den vorher beschriebenen Ursachen selten lang dauernde Folgen resultieren, stehen bei den kreislaufbedingten Synkopen meist schwer wiegende organische Herzerkrankungen im Hintergrund. Im schlimmsten Fall kann der plötzliche Herztod eintreten.

Aber auch direkte Erkrankungen des Gehirns (Enzephalitis) oder der Hirnhäute (Meningitis) können zu Synkopen führen. Immer muss bei Synkopen ein Schlaganfall ausgeschlossen werden. Dieser kann sich anfänglich auch durch eine Bewusstlosigkeit bemerkbar machen. Allerdings kommen zusätzlich (Halbseiten-)Lähmungen, Sprachstörungen oder Gefühlsstörungen hinzu. Eher seltene Ursachen sind Entgleisungen der Blutgas- oder Elektrolytkonzentrationen des Organismus. Auch Medikamente, Alkohol, eine Unterzuckerung oder Drogen können eine Synkope auslösen. Wenn möglich, sollte immer eine Abklärung und Erfragung von eingenommenen Medikamenten, Alkohol oder Drogen sowie einer Zuckererkrankung erfolgen.

Vorausgehende Symptome

Eine Synkope trifft den Patienten nicht wie ein Schlaganfall "aus heiterem Himmel", sondern ihr können einige allgemeine Symptome (wenn auch nur kurzfristig) vorausgehen. Vermehrte Schweißneigung (kalter Schweiß), Übelkeit, Schwindel, Blässe und eventuell auch Herzklopfen können Vorläufer sein. Häufig berichten die Betroffenen auch von einem plötzlichen "Schwarzwerden vor den Augen." Allerdings treten Synkopen durch Herzrhythmusstörungen auch ohne irgendwelche vorausgehende Symptome auf.

Maßnahmen bei einer Synkope

Verliert ein Mensch plötzlich das Bewusstsein, kann jeder mit Maßnahmen der Ersten Hilfe wirkungsvoll eingreifen. Da von außen der Körper des Patienten nicht einzusehen ist, kann auch die Ursache nicht festgestellt werden. Eine Ohnmacht kann auf ernste Erkrankungen wie unerkannte Herzerkrankungen, aber auch auf chronische und bekannte Krankheiten wie einen falsch eingestellten Diabetes mellitus hinweisen. Die Ursache spielt aber bei Sofortmaßnahmen keine wichtige Rolle. Deshalb ist es sinnvoll, ERST den Rettungsdienst zu rufen und DANN mit den Erste-Hilfe-Maßnahmen zu beginnen.

Zunächst ist zu prüfen, ob der Patient auf Ansprache reagiert und ob die Atmung vorhanden ist. Die harmlosen, kreislaufbedingten Synkopen therapieren sich oftmals selbst, da die auslösenden Kreislaufreflexe nur kurze Zeit wirksam sind und zudem der Kreislauf sich in liegender Position automatisch stabilisiert und die Blutversorgung des Gehirns wieder ausreicht. Kommt die Person nicht wieder zu sich, sind beide Beine anzuheben und über Herzniveau zu halten. Dadurch wird das in den Beinen gesammelte Blut wieder dem Körper und hier insbesondere dem Gehirn zugeführt. Ein Stuhl, der unter die Beine geschoben wird, erleichtert die Arbeit. Weiterhin ist die Person immer wieder anzusprechen. Dies dient der Bewusstseinsprüfung. Sätze wie "Hallo, hören Sie mich!" oder "Hallo, aufwachen, wie geht es Ihnen?" zwingen zu einer Antwort. Kommt der Patient trotz dieser Maßnahmen nicht zu Bewusstsein und atmet er, bringt man ihn am besten in die stabile Seitenlage. Hiermit wird verhindert, dass die Zunge in den Rachen gleitet und die Luftwege versperrt. Außerdem kann Schleim aus dem Rachen oder Erbrochenes aus dem Mund abfließen und gelangt nicht in die Lunge.

Wenn man bei der Überprüfung der Atmung keinen Luftstrom über Mund oder Nase feststellt, muss mit der Herz-Lungen-Wiederbelebung begonnen werden. Diese wird bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes fortgeführt.

Vorbeugende Maßnahmen

Vielleicht kommt es bei Bekannten von Ihnen immer wieder zu einer solchen Synkope oder Sie sind gar selbst betroffen? Den relativ häufig auftretenden Synkopen bei Kreislaufschwäche kann am besten durch ein Kreislauftraining vorgebeugt werden:

  • Blutdruck und Puls regelmäßig messen.
  • Sport (besonders Schwimmen und Radfahren) und kalt-warme Wechselbäder regen den Kreislauf an.
  • Langsames, nicht zu überstürztes Aufstehen am Morgen aus dem Bett.
  • Morgengymnastik im Bett.
  • Auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr achten.
  • Morgens eventuell eine Tasse Kaffee oder Tee, um den Kreislauf in Schwung zu bringen.
  • Rauchen einstellen.
  • Bewusst essen – weniger Fettes.
  • Ein zu hoher Blutzucker und erhöhtes Gewicht sollten kontrolliert werden. So kann Gefäßverengungen vorbeugt werden.

Quelle

Krahn, A. D.; et al.: Recurrent unexplained syncope: Diagnostic and therapeutic approach. Can. J. Cardiol. 12(10) , 989-994 (1996).

Voss, F.; et al.: Synkopen: Synkopenabklärung bei geriatrischen Patienten: Normalwerte, Komplikationen und Ergebnisse der invasiven elektrophysiologischen Untersuchung. Z Kardiol 89(11), 1026-1031 (2000).

Koller, M. L.; Meesmann, M.: Synkopen: Die neurokardiogene konvulsive Synkope - Differentialdiagnose, Pathophysiologie und Therapie anhand eines Fallberichts. Z Kardiol 89(11), 1032-1038 (2000).

Anschrift des Verfassers:

Dr. Ingo Blank

Burgenstraße 33

71116 Gärtringen

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