Arzneimittel und Therapie

Deutsche Novartis-Stiftung: Forschung für das Herz

Die deutsche Novartis-Stiftung für therapeutische Forschung fördert in jedem Jahr Grundlagenforscher aus verschiedenen Arbeitsgebieten. Auf dem Internistenkongress in Wiesbaden wurden vier Projekte ausgezeichnet. Bei allen handelt es sich um Grundlagenforschung, jedoch könnten die Arbeiten, so die Novartis-Stiftung, neue Wege für die Therapie von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bahnen.

Mit ihren Mitteln unterstützt die Stiftung seit über 35 Jahren zukunftsweisende Projekte in der medizinischen Forschung mit dem Ziel, Patienten eine bessere Therapie zu ermöglichen. Eine Projektförderung der Novartis-Stiftung für therapeutische Forschung in Höhe von je rund 150.000 Euro geht in diesem Jahr an Wissenschaftler aus Bonn, Köln, Tübingen und Würzburg. Die Wissenschaftler werden für ihre Vorhaben ausgezeichnet, die sich mit der Erforschung von Herz- und Kreislauf-Erkrankungen befassen.

AT1-Rezeptor spielt bei Typ-2-Diabetes und Arte–riosklerose eine Rolle Bluthochdruck, Typ-2-Diabetes und Arteriosklerose bilden bei vielen Patienten eine unheilvolle Kombination. Der Schnittstelle dieser Volkskrankheiten widmet sich eines der geförderten Projekte; die Preisträger sind Dr. Sven Waßmann und Prof. Dr. Georg Nickenig von der Universität Bonn.

Die Daten sind eindeutig: Wer täglich einen AT1-Rezeptorant–agonisten gegen Bluthochdruck schluckt, reduziert auch sein Risiko für einen Typ-2-Diabetes. Bei der Arteriosklerose wird der AT1-Rezeptor aktiviert. Dadurch könnte nach Ansicht der Forscher das Molekül PPAR-gamma gehemmt und damit die Entstehung der Zuckerkrankheit gefördert werden. Umgekehrt kann möglicherweise eine Hemmung von AT1 die Entstehung eines Typ-2-Diabetes verzögern.

Viel Cholesterin im Blut führt zu erhöhter Bildung und Aktivierung des AT1-Rezeptors, was wiederum Entzündung und Ablagerungen fördert, indem schädliche Sauerstoff-Radikale freigesetzt werden. Daraufhin wandern Leukozyten in den betroffenen Gefäßabschnitt ein, die den Krankheitsprozess der Arteriosklerose beschleunigen – was sich durch die Freisetzung von Entzündungsmediatoren wie Interferon gamma oder Tumor-Nekrose-Faktor alpha zeigt. Schalteten die Stiftungs-Preisträger bei speziell gezüchteten Mäusen den AT1-Rezeptor aus, entwickelten die Tiere auch bei fettreicher Kost kaum Arteriosklerose. Ob aktivierte AT1-Rezeptoren über eine Ausschaltung von PPAR gamma die Insulinresistenz verstärken, wollen die Bonner Forscher jetzt im Tierversuch herausfinden.

Blockade der Thrombozyten Ein weiteres Projekt beleuchtet die molekularen und zellulären Zusammenhänge beim entzündlichen Prozess der Arteriosklerose. Prof. Dr. Meinrad Gawaz, Priv.-Doz. Dr. Andreas May und Dr. Harald Langer von der Universität Tübingen beschäftigen sich mit den Thrombozyten, den Blutplättchen. Diese docken bei einer Verletzung sofort am betroffenen Gewebe an, und auch an den Innenwänden der Gefäße schließen Thrombozyten täglich kleine Wunden. Doch mit zunehmendem Alter reagieren sie dort überschießend.

Wenn an bestimmten Stellen des Gefäßes eine Arteriosklerose gerade begonnen hat, heizen die Blutplättchen den Prozess an. Schädliches LDL-Cholesterin gelangt an den Ort des Geschehens, Entzündungszellen wandern ein. Welche molekularen Faktoren die Thrombozyten an die arteriosklerotische Gefäßinnenwand locken, wie der Kontakt zustande kommt und sich die Plättchen zusammen ballen, haben Gawaz und seine Kollegen mit der neuen Technologie der "RNA-Interferenz", mit der sich rasch und sicher die Aktivitäten von Genen ausschalten lässt, teilweise herausgefunden. Im Fokus der Forscher stehen dabei unter anderem so genannte Matrix-Metalloproteinasen – Moleküle, die Reaktionen von Thrombozyten mit den Endothelzellen der innersten Gefäßschicht vermitteln.

Das Rätsel um NF-kappa B Dr. Ralph Gareus von der Mouse Biology Unit des Europäischen Molekularbiologischen Laboratoriums in Rom und Prof. Dr. Manolis Pasparakis von der Universität Köln erhalten gemeinsam eine Projektförderung. Die Forscher wollen ein Tiermodell etablieren, um NF-kappa B zu untersuchen.

Unter diesem Begriff wird eine Familie von Transkriptionsfaktoren zusammengefasst. Sie schalten eine Vielzahl von Genen an oder aus, die Zytokine regulieren. Schien zunächst klar, dass NF-kappa B bei der Arterio–sklerose ausschließlich schädlich wirkt, so "sind mittlerweile auch schützende Effekte bekannt", erklärte Gareus. Bislang gibt es keine Tiermodelle, um die Rolle von NF-kappa B bei der Arteriosklerose zu untersuchen. Manolis Pasparakis will mit molekularbiologischen Techniken Mäuse züchten, bei denen die NF-kappa-B-Aktivierung nur in den Endothelzellen ausgeschaltet ist. An solchen Mäusen soll sich auch zeigen, wie man die Moleküle für die Therapie der Arteriosklerose am besten nutzen könnte.

Kur für schlappe Stammzellen Dr. Thomas Thum und Priv.-Doz. Dr. Johann Bauersachs von der Universität Würzburg beschäftigen sich in ihrem geförderten Projekt mit der Frage, ob und wie sich beschädigtes Herzgewebe nach einem Infarkt mit Stammzellen aus dem Knochenmark oder Vorläuferzellen regenerieren lässt. Bei einem Herzinfarkt sterben Zellen des betroffenen Herzgewebes ab oder werden erheblich beschädigt. Ob die betroffenen Regionen durch Stammzellen regeneriert werden können, ist derzeit umstritten. Thum und Bauersachs wollen die Gene finden, die in defekten Vorläuferzellen des Menschen vermehrt oder vermindert aktiv sind. Im Visier haben sie vor allem Transkriptionsfaktoren, die ihrerseits ganze Batterien anderer Gene regulieren. Erste Studien ergaben, dass besonders zwei dieser Moleküle – "GATA" und "hey2" genannt – dafür sorgen, dass sich Vorläuferzellen in funktionierende Gefäß-Endothelzellen verwandeln. Im Tierversuch sterben Mäuse-Embyronen, wenn man die Gene für GATA-Faktoren gezielt ausschaltet. Bei Herzinfarkt-Patienten "sind ebenfalls bestimmte GATA-Faktoren dereguliert", erklärte Thum. In Zellkulturen soll die Aktivität der Transkriptionsfaktoren auf Normalmaß reguliert werden. Anschließend überprüfen die Ärzte die Effekte der womöglich gesundeten Vorläuferzellen in einem Tiermodell. Für Funktionsversuche mit menschlichen Vorläuferzellen haben die beiden Mediziner bereits eine Stammzellbank von mehr als 250 Herzinfarkt-Patienten aufgebaut. 

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