Arzneipflanzenporträt

E. SchneiderRhodiola rosea, die Rosenwurz – Ei

Die Rosenwurz Rhodiola rosea ist keine neu entdeckte Pflanze. Sie war bereits früher in Mitteleuropa in Gebrauch, wie alte pharmaziehistorische Quellen belegen. Da die Pflanze bei uns eher selten vorkommt, geriet sie in Vergessenheit und ist heute fast unbekannt. In Skandinavien, ihrem Hauptverbreitungsgebiet, ist sie dagegen sehr populär. Mit der Einführung der Nahrungsergänzungsmittel wurde es möglich, diese altbekannte Pflanze auch für unseren Markt wiederzuentdecken.

Botanik und Verbreitung

Die Pflanze ist eine sukkulente, ausdauernde Staude. Aus den unterirdischen Organen treiben jedes Jahr 5 bis 50 cm hohe unverzweigte, fleischig beblätterte Blütentriebe mit endständigen Trugdolden (Abb. 1 und 2). Die wechselständig (manchmal auch scheinwirtelig) angeordneten Blätter sind bis 4 cm lang und 1 cm breit, lanzettlich bis löffelförmig und am vorderen Rand gezähnt.

Die Art ist zweihäusig, seltener zwittrig. Die in dichten Trugdolden stehenden Einzelblüten sind klein (bis 5 – 15 mm) und vierzählig. Weibliche Kronblätter sind meist grün, männliche grünlich-gelb bis gelb und je nach Herkunft mehr oder weniger violett überlaufen. Die 3- bis 6-, meist 4-zähligen aufrecht stehenden Balgfrüchte sind gelb bis tiefrot gefärbt. Die bis 2 mm langen braunen Samen werden vom Wind verbreitet [2, 37].

Rhodiola rosea kommt in den zirkumpolaren Gebieten der Nordhalbkugel vor [4], so in den Gebirgen Norwegens, Schwedens und Nordfinnlands, in Island und Grönland, im Norden der Britischen Inseln, in den Alpen, dem Tien-shan, Himalaja und Altai, in Sibirien und im Westen von Nordamerika. Es sind drei Unterarten (ssp. rosea, ssp. heterodonta und ssp. integrifolia) beschrieben, die sich in ihren Verbreitungsgebieten überlappen.

Die Gattung Rhodiola umfasst 36 Arten, die meist in Asien vorkommen. Eine kritische botanische Überarbeitung der Gattung aus neuerer Zeit ist nicht verfügbar. Auch werden in China immer noch neue Arten beschrieben [3]. Diese sind von Bedeutung als mögliche Verfälschungen oder Verwechslungen mit Rhodiola rosea.

Sammlung und Anbau

Verwendet wird der Wurzelstock mit den Wurzeln (Rhodiolae roseae rhizoma). Das bis zu 10 cm dicke Rhizom ist oberflächennah oder unterirdisch horizontal oder vertikal ausgebildet und häufig verzweigt. Die Oberfläche zeigt charakteristische Rhizomschuppen, aus deren Achseln die oberirdischen Triebe entspringen (Abb. 3). Die deutsche Bezeichnung Rosenwurz bezieht sich auf den leichten Rosenduft beim Anschneiden frischer Wurzeln.

Die für die Herstellung von Extrakten verwendeten Wurzeln stammen meist aus Wildsammlung in Russland (Sibirien) und China. Aufgrund der steigenden Nachfrage tauchen verstärkt andere Rhodiola-Arten als Verfälschung im Handel auf. Daher wird ein kontrollierter Anbau angestrebt. Forschungen zur Inkulturnahme der Pflanze und deren Qualitätsoptimierung sind im Gange.

Derzeit wird eine weltweite Sammlung von Rhodiola-Herkünften für Vergleichsuntersuchung angelegt, um geeignetes Material für die Vermehrung auswählen zu können; im Versuchsgarten in Artern/Thüringen wird Material aus dem Altai bearbeitet [37, 33].

In Finnland liegt die längste Erfahrung mit dem Anbau von Rhodiola rosea vor [6, 22]. In Norwegen wird ein EU-Forschungsprojekt über den Einfluss verschiedener Standorte auf die Inhaltsstoffe durchgeführt, um geeignete Ökotypen für einen künftigen Anbau zu finden [29]. Neuerdings hat man auch in Bulgarien mit einem entsprechenden Projekt begonnen [20].

Traditionelle Verwendung

Rhodiola rosea wurde traditionell als Gemüse und Volksheilmittel verwendet [16], so in den skandinavischen Ländern seit der Wikingerzeit. Früher war sie auch in Pharmakopöen (Schweden, Frankreich) aufgeführt und diente u. a. als Mittel gegen Skorbut. Eine arzneiliche Verwendung ist in Skandinavien heute nicht mehr üblich, doch in Dänemark ist Rhodiola rosea als Naturmittel registriert [12]; in Norwegen wird sie zu den Gewürzpflanzen mit Antioxidans-Wirkung gezählt, und aus der Wurzel wird ein Rosenöl-Ersatz gewonnen [15].

Bereits Anfang des 17. Jahrhunderts kam die Rosenwurz in Deutschland in allen größeren Gärten vor; die Wurzel wurde wegen des Duftes als Mittel gegen Kopfweh (so u. a. im Kräuterbuch des Leonhart Fuchs) und als Tonikum geschätzt [26, 28]. In neueren Handbüchern und Internetseiten über Gewürze und Wildgemüse wird die Pflanze wieder aufgeführt. Auch deutsche Gärtnereien haben sie wieder im Sortiment.

Die Ureinwohner des Altai (Russland) verwendeten die Rosenwurz, um der Müdigkeit vorzubeugen und die Arbeitslust zu heben [41]. Die Russen verwendeten sie unter der Bezeichnung "goldene Wurzel" gegen Erkältungen, zur Erhöhung der geistigen und körperlichen Spannkraft, zur Potenzsteigerung und zur "Verlängerung des Lebens" [6]. Die Inuit in Alaska und Kanada verzehren die frische Pflanze und bewahren fermentierte Stiele, Blätter und Blütenknospen (Milchsäuregärung im Fass) gefroren als Wintervorrat auf [32].

Inhaltsstoffe

Die Angaben zu den Inhaltsstoffen der Wurzel von Rhodiola rosea gehen vor allem auf ältere russische Untersuchungen zurück, die in neueren Arbeiten zitiert werden [31, 23, 35, 42]. Als charakteristisch werden die Phenylpropanoide (Abkömmlinge des Zimtsäurealkohols) sowie Phenylethanoide angesehen.

Phenylpropanoide: Rosarin, Rosavin und Rosin kommen nur in Rhodiola rosea vor (Abb. 4); der Gesamtgehalt in der Droge, berechnet als Rosavin, beträgt 1,0 bis 2,5%. Bei der Identitätsprüfung dient Rosavin als Marker.

Phenylethanoide: p-Tyrosol (4-Hydroxyphenyl-ethanol) ist mit 0,3 bis 2,2 mg/g, sein Glucosid Salidrosid (Abb. 5) mit 0,5 bis 1,9% enthalten; in geringen Mengen wurden u. a. Dihydroxyphenyl-ethanol und Picein (4-Acetylphenyl-glucosid) nachgewiesen.

Polyphenole: Gallussäure, (–)-Epigallocatechin-3-O-gallate, Gerbstoffe der Pyrogallolgruppe insgesamt 16%. Kaempferol und andere Flavonoide je nach Herkunft zwischen 0,12 und 0,51%.

Ätherisches Öl: Im getrockneten Rhizom 0,05%. Komponenten sind Monoterpene (25%, u. a. Rosiridol und Rosiridin ), Monoterpenalkohole (24%, darunter Geraniol 12%), geradkettige Alkohole (38%, darunter n-Decanol 30%). Geraniol ist der wichtigste Träger des Rosenduftes. Florale Kopfnoten wie Linalool und seine Oxide, Nonanal, Decanal, Nerol und Zimtalkohol erhöhen den Blütenduft der Rhizome.

Organische Säuren: Ascorbinsäure (im Kraut mehr als in der Wurzel), Oxalsäure, Citronensäure, Äpfelsäure. Die Familie Crassulaceae ist bekannt für den diurnalen Säurerhythmus (CAM, crassulacean acid metabolism), bei dem während der Nacht der pH-Wert der Zellvakuole von 7 auf 4 sinkt. Ursache ist die Anhäufung von Äpfelsäure als Schlüsselreaktion der Kohlendioxid-Dunkelfixierung.

Aus der Säure steht der Pflanze am Tag genügend CO2 für die Photosynthese zur Verfügung, selbst wenn die Spaltöffnungen geschlossen bleiben; so kann sie bei Sonnenschein den Wasserverlust vermindern [11].

Kohlenhydrate: Typisch für die Crassulaceae ist die Akkumulation von Sedoheptulose [21].

Ein altbekanntes Adaptogen

Rhodiola rosea wird neben einer Reihe anderer Pflanzen zu den Adaptogenen ("Anpassungs-Erzeuger") gezählt [43]. Der Begriff Adaptogen wurde 1947 von Lazarev für Substanzen meist pflanzlichen Ursprungs geprägt, die die Widerstandskraft des Organismus unspezifisch steigern [43]. In der ehemaligen Sowjetunion durchforschten Ethnobotaniker ab 1960 insbesondere Sibirien nach Pflanzen, welche die physische und psychische Leistungsfähigkeit von radioaktiv belasteten Personen erhöhen [6]. Die Forschungen waren geheim, erfahren aber heute internationale Aufmerksamkeit [33].

Ein Adaptogen erfüllt nach einer Definition von Brekman folgende Bedingungen: Es

  • ist unbedenklich,
  • ruft nur minimale Veränderungen der physiologischen Funktionen eines Organismus hervor,
  • steigert unspezifisch die Resistenz gegenüber schädigenden Einflüssen durch physikalische, chemische und biologische Stressfaktoren,
  • normalisiert gestörte physiologische Funktionen unabhängig von der Art der Störung [6, 43].

Demnach sind Adaptogene zwar nicht für die Behandlung von Krankheiten indiziert, es ist aber schwierig, eine deutliche Grenzlinie zu Immunstimulanzien, Anabolika, Geriatrika, Tonika und vor allem Nootropika zu ziehen [43].

Der Entwurf einer WHO-Monographie (Radix Rhodiolae roseae) definiert die Rosenwurz als Prophylaktikum zur Stressreduktion und Aufbaumittel im Zusammenhang mit mentaler oder physischer Überarbeitung [44].

Physiologische Wirkung

In Russland wurde zuerst der Einfluss von Rhodiola rosea auf die physische und psychische Leistungsfähigkeit, den Schlaf, den Energieverbrauch, die Herztätigkeit, sowie die Lernfähigkeit und die Antitumorwirkung an Labortieren untersucht und daraufhin als Adaptogen eingestuft [6]. In neueren Untersuchungen standen die molekularen Mechanismen im Vordergrund. Rhodiola verringert den Sauerstoffverbrauch des Herzens und schützt als Antioxidans und Radikalfänger die Zellen vor physikalischen und chemischen Noxen.

Unbedenklichkeit

Die Gattung Rhodiola gehört ebenso wie Sedum zur untoxischen Gruppe innerhalb der Familie Crassulaceae, worauf in der Literatur ausdrücklich hingewiesen wird [7]. Dies bestätigt auch eine Literatursuche, die unter den Stichwörtern "Rhodiola Toxikologie" keine Einträge erbracht hat. Folgende Daten zu Sicherheitsuntersuchungen der Pflanze konnten ermittelt werden.

Toxikologie: Wenige Angaben zu nicht näher beschriebenen toxikologischen Untersuchungen sind vereinzelt in Übersichtsarbeiten zu finden. Für einen Wurzelextrakt wird die LD50 (Maus) mit 26,6 ml/kg KG angegeben. Der Extrakt enthielt 20 mg/ml Salidrosid [16]. Die akute Toxizität an der Maus nach oraler Gabe von Wurzelstock wird mit 5 g/kg KG angegeben [25].

Zytotoxizität: Die Gallussäure-haltige Fraktion von R. coccinea zeigte zytotoxische Aktivität in Tumorzellkulturen von HAT-1080 fibrosarcoma, P388 murine leukemia und KB-V1 multidrug resistant cells. Keine Wirkung konnte für Zellen von UISO-BCA-1 mammary, UISO-COL.II colon, UISO-LUC-1 lung und UISO-MEL-1 melanoma gezeigt werden [45].

Mutagenität: R. rosea ist nicht mutagen, im Gegenteil: Für alkoholische Extrakte konnte im Ames-Test an S. typhimurium TA 98 und TA 100 ein antimutagener Effekt mit bis zu 90% Reversion gezeigt werden [17]. In murinen Knochenmarkzellen erniedrigte ein Extrakt von R. rosea Cyclophosphamid-induzierte Chromosomen-Aberrationen und Micronuclei und hemmte die durch N-Methyl-N-nitrosoharnstoff induzierte ungeplante DNA-Synthese [36]. Beide Effekte deuten auf eine Steigerung der DNA-Reparatur, also ebenfalls auf antimutagene Wirkung hin.

Allergenität: Der frische Wurzelstock von R. rosea kann zu allergischen Reaktionen (Kontaktekzem) führen [2]. Es gibt aber keine Fallbeschreibungen. Crassulaceae sind keine typischen Allergiepflanzen und sind in dem Standardwerk über Pflanzenallergene nicht aufgeführt [27].

Klinische Studien

Für Rhodiola rosea und daraus hergestellte Extrakte liegt eine Anzahl älterer Studien und Anwendungsbeobachtungen am Menschen vor. Sie stammen meist aus Russland und Bulgarien betreffen vor allem die traditionelle Verwendung zur Erhöhung der geistigen und körperlichen Spannkraft [2].

Die meisten neueren Humanstudien zielen auf die psychophysiologische Komponente der adaptogenen Wirkung ab (Tab. 1):

In einer doppelblinden und plazebokontrollierten Studie wurde die adaptogene Wirkung auf Studenten unter Prüfungsdruck während einer 20-tägigen Periode untersucht. Körperliche Fitness, geistige Wachheit und neuromotorische Koordinationsfähigkeit waren signifikant verbessert. Auch das subjektive Wohlbefinden wurde als besser eingeschätzt. Kein Unterschied war zu erkennen bei Textkorrekturaufgaben und Tests auf Muskelschnelligkeit (Tapping test), was von den Autoren auf die suboptimale Dosierung zurückgeführt wird [40].

Die Erhöhung der mentalen Konzentration von Ärzten beim Nachtdienst wurde in einer Doppelblind-Crossover-Studie mit einem Müdigkeits-Index getestet. Als Parameter wurden assoziatives Denken, Kurzzeitgedächtnis, Rechnen, Konzentrationsfähigkeit und audio-visuelles Erkennen geprüft. Die Verbesserungen unter Verum waren statistisch signifikant [13].

In einer randomisierten, doppelblinden, plazebokontrollierten Studie wurde der Effekt einer Einzeldosis eines alkoholischen Extraktes auf die mentale Leistungsfähigkeit getestet (psychometrische Tests, Antifatigue Index; n = 161).

Die Verumgruppe zeigte dabei eine hoch signifikante Verbesserung gegenüber Plazebo [39].

In einer doppelblinden, plazebokontrollierten Studie wurden die physische Leistung, Muskelstärke, Geschwindigkeit der Gliedmaßenbewegung, Reaktionszeit und Aufmerksamkeit teils nach einer Einzeldosis, teils bei vierwöchiger Einnahme vergleichend getestet. In beiden Verum-Gruppen waren die Zeit bis zur Erschöpfung, die Sauerstoffaufnahme und die CO2-Abgabe bei nur unwesentlicher Erhöhung der Lungenventilation signifikant verbessert. Alle anderen untersuchten Parameter blieben unverändert [14].

Ein Kombinationspräparat aus Rhodiola rosea und Cordyceps sinensis wurde bezüglich seines Einflusses auf Kondition, Kraftausübung, Herzfrequenz und die Sauerstoffaufnahme bei trainierten Radsportlern getestet [18]. Zusätzlich wurde das Präparat in einer doppelblinden, plazebokontrollierten Studie bezüglich seines Einflusses auf die Sauerstoffsättigung im Muskel, die Zeit bis zur Erschöpfung, die Sauerstoffaufnahme, die Lungenventilation und den Blutfluss untersucht [10]. In beiden Studien konnte kein signifikanter Unterschied in der Reaktion auf körperliche Stressparameter festgestellt werden. Das bedeutet, dass Rhodiola – anders als Anabolika oder Tonika – nur wenig auf die motorischen Mechanismen direkt einwirkt und dass die erhöhte Ausdauerleistung in früheren Studien psychophysiologisch bedingt gewesen sein muss [43].

In einer offenen Anwendungsstudie zum Einfluss auf das geistige Leistungspotenzial erhielten Probanden im Alter von 50 bis 70 Jahren 8 Wochen lang einen wässrigen Trockenextrakt aus R. rosea, Vitamin B1 und Magnesium. Es zeigte sich eine Verbesserung im Reaktionstest, bei der Aufmerksamkeit und der Zweihand-Koordination. Die Probanden empfanden die Schlafqualität, sowie die Lebensfreude deutlich verbessert [24].

Obwohl in Tierversuchen vielfältige physiologischen Wirkungen nachgewiesenen sind, ist der Wirkmechanismus noch nicht vollständig geklärt. Auch konnte noch keine für eine arzneiliche Wirkung typische Dosis-Wirkungs-Beziehung gefunden werden. Als möglicher Wirkort lässt sich aus den Untersuchungen am Menschen die Beteiligung des Zentralnervensystems postulieren, da nach Einnahme von Rhodiola eine kognitive Stimulation bei gleichzeitiger emotionaler Dämpfung beobachtet wird [6]. Aus dieser Erklärung wird theoretisch abgeleitet, dass bei einer zu hohen Einnahmemenge von mehr als 1,5 bis 2 g Extrakt pro Tag sensible Personen mit nervöser Gereiztheit und Schlaflosigkeit reagieren könnten [30]. In den Studien am Menschen sind allerdings keinerlei unerwünschten Nebenwirkungen beobachtet worden [44].

Nahrungsergänzungsmittel

Rhodiola rosea ist in Europa bisher noch nicht als Arzneimittel zugelassen worden, wird aber in Dänemark als Naturheilmittel mit adaptogenen Eigenschaften (ohne weitere Angabe einer arzneilichen Indikation) klassifiziert [12]. Ansonsten gilt die Rosenwurz in Europa als Nahrungsergänzungsmittel, also als ein Lebensmittel, das dazu bestimmt ist, die normale Ernährung zu ergänzen.

Nahrungsergänzungsmittel können insbesondere pflanzliche Extrakte, Vitamine, Mineralstoffe, Aminosäuren und essenzielle Fettsäuren enthalten und werden in Arzneiformen, z. B. Kapseln oder Tabletten, mit definiertem Wirkstoffgehalt in den Verkehr gebracht.* Die Herstellung von Nahrungsergänzungsmitteln mit pflanzlichen Zutaten soll – analog den pflanzlichen Arzneimitteln – gemäß der Guten Herstellpraxis erfolgen und von einer entsprechenden Qualitätssicherung begleitet sein [5, 38].

Qualitätsbewusstsein auch bei Borderline-Produkten

Die Zahl pflanzlicher Arzneimittel ist in den letzten 25 Jahren, bedingt durch die Nachzulassung, stark gesunken; nur noch etwa 5% der ursprünglichen Präparate sind verfügbar. Dies steht im Widerspruch zur Auffassung der EU, dass der Verbraucher freien Zugang zu Produkten seiner Wahl haben soll. Außerdem ging dadurch "Phytokompetenz" bei den Herstellern verloren.

Durch die Einführung von Nahrungsergänzungsmitteln und ergänzenden bilanzierten Diäten, die rechtlich zu den Lebensmitteln gehören und auch als Borderline-Produkte bezeichnet werden, ist es möglich geworden, pflanzliche Produkte anzubieten, deren sanfte Wirkung nicht im pharmakologischen Bereich liegt [9, 34]. Altbekannte Pflanzenzubereitungen können so wieder für den Verbraucher verfügbar werden, ebenso Bewährtes aus anderen Kulturkreisen [5].

Auch bei Borderline-Produkten ist auf Qualität und Unbedenklichkeit zu achten. So ist es bei exotischen Importprodukten immer wieder zur absichtlichen Zumischung von synthetischen Substanzen gekommen, was sich in ungewöhnlicher, dem pflanzlichen Produkt eigentlich nicht zukommender Wirksamkeit gezeigt hat.

In der Vergangenheit waren Apotheker die ersten, die diese Missstände erkannt haben. Der Apotheker sollte unseriös erscheinenden Produkten kritisch gegenüber stehen, denn dies ist er seinen Kunden schuldig.

Danksagung:


Für die Beschaffung und Übersetzung schwer zugänglicher Literaturstellen aus Skandinavien danke ich besonders Dr. Steinar Dragland, Norwegen und Bertalan Galambosi, Finnland. Für die Überlassung der Abbildungen gilt der Dank den genannten Firmen.

* In Deutschland gibt es seit einigen Jahren ein Produkt mit Rhodiola rosea als Nahrungsergänzungsmittel in Kapselform (Lentaya®). Es enthält 200 mg wässrigen Rhodiola rosea-Trockenextrakt sowie 60 mg Magnesium und 1,4 mg Vitamin B1.

Die Rosenwurz ist zirkumpolar im Norden Eurasiens und Amerikas verbreitet und hat eine lange volksmedizinische Tradition. Vor etwa 50 Jahren wurden ihre adaptogenen Eigenschaften entdeckt, das heißt, dass sie die Widerstandskraft des Körpers gegen verschiedenste Stressfaktoren stärkt. Heute ist ein Nahrungsergänzungsmittel, das u.a. einen Extrakt der Rosenwurz enthält, auf dem Markt.

Rhodiola rosea

Namen: Rhodiola rosea L. Nach den Regeln für wissenschaftliche Pflanzennamen wird der Gattungsname auf dem i, der Artname auf dem o betont.

Familie: Crassulaceae, Dickblattgewächse.

Synonyme: Rhodiola roanensis Britt., Sedum rosea (L.) Scop., Sedum rosea var. roanese (Britt.) Berger, Rhodiola arctica Boriss., Rhodiola scopolii Simonk.

Volkstümliche Bezeichnung im Verbreitungsgebiet: deutsch: Rosenwurz; englisch: Roseroot; Schweden: Fjällkaktus; Norwegen: Rosenrot; Dänemark: Rosenrod; Finnland: Ruusujuuri; Island: Bloūrót, Svĺfla; Kanada: Roseroot, Golden Root, Arctic Root, Orpin Rose, Rhodiole Rougeatre.

Der Autor

Dr. Ernst Schneider (Jg. 1952) studierte Biologie und Pharmazie und wurde im Fach Pharmakologie promoviert. Nach 16 Jahren Industrieerfahrung in den Tätigkeitsbereichen Produktentwicklung, Herstellung von Kräutertees und Extrakten, Qualitätskontrolle, Zulassung und Arzneipflanzenanbau ist er heute selbstständiger wissenschaftlicher Dienstleister im Projektmanagement für Rohstoffsicherungsprojekte, GMP pflanzlicher Arzneimittel und Arzneipflanzeninformation. Öffentlich bestellter Sachverständiger für Pharmakognosie.

Anschrift: Dr. Ernst Schneider PhytoConsulting, Seeblick 11, 84163 Marklkofen-Freinberg, schneider.e@phyto-consulting.de

Zusammenfassung

Rhodiola rosea ist in Skandinavien, ihrem Hauptverbreitungsgebiet, sehr populär. In Russland wurde ihre adaptogene Eigenschaft entdeckt und wissenschaftlich belegt. Danach wurde diese altbekannte Nutzpflanze auch für den deutschen Markt wiederentdeckt. Ein Präparat, das außer dem Extrakt auch Magnesium und Vitamin B1 enthält, ist als Nahrungsergänzungsmittel zugelassen.

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