Mit blauem Auge davon gekommen, aber...: Berufspolitische Diskussion über Sparg

DAVOS (diz). Beim Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz (AVWG), das am 15. Februar die Abschlussberatungen des Gesundheitsausschusses und am 17. Februar des Bundestags passierte und in der jetzt vorliegenden Form wohl am 1. April in Kraft treten wird, dürften die Apotheker mit einem blauen Auge davon gekommen sein. Diese Ansicht vertrat Dr. Hans-Jürgen Seitz, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände ABDA in der berufspolitischen Diskussion, die am 16. Februar im Rahmen des Fortbildungskongresses der Bundesapothekerkammer in Davos stattfand.

Seitz begründete seine Ansicht mit deutlichen Verbesserungen im Gesetzentwurf, die die Berufsvertretung in Verhandlungen erreichen konnte, so zum Beispiel einen Bürokratieabbau im Vergleich zu den im Entwurf vorgesehenen Maßnahmen. Außerdem: Obwohl der Gesetzgeber ein generelles Verbot von Naturalrabatten durchgesetzt hat (was eher vor einem ideologischen Hintergrund zu sehen ist), konnte doch erreicht werden, dass Barrabatte weiterhin möglich sind. So wird die Höhe der Barrabatte bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zwar auf die Höhe der Großhandelsspanne begrenzt - Skonti sind weiterhin erlaubt -, dagegen gibt es keine Barrabattbegrenzung auch weiterhin beim Einkauf von OTC-Arzneimitteln. Das stellt gegenüber dem Entwurf des AVWG eine deutliche Verbesserung dar.

Dennoch bleibt es ein Spargesetz, wie Seitz hinzufügte. Und Krankenkassen werden in Zukunft Leistungserbringer oder Dritte, wie es im Gesetz heißt, am Abschluss von Rabattverträgen beteiligen oder sie mit dem Abschluss solcher Verträge beauftragen können - ein Punkt des Spargesetzes, der bei der ABDA auf keine Gegenliebe stößt. Die aktive Rolle des Apothekers bei der Umsetzung von Rabattverträgen zwischen Herstellern und Krankenkassen muss daher in Zukunft ausgebaut werden, bevor andere hier mitspielen.

Lutz Tisch, ABDA-Justitiar, warnte in seinem Statement zur berufspolitischen Diskussion in Davos davor, die fünf Säulen, auf denen der Apothekerberuf ruht, zu gefährden, nämlich die Apothekenpflicht, das Fremd- und Mehrbesitzverbot, den Freien Heilberuf Apotheker, den einheitlichen Arzneimittelabgabepreis und die Kollektivverträge mit Krankenkassen. Gefährdungen kommen nach seiner Ansicht beispielsweise aus den Bereichen Versandhandel, aus dem Trend hin zur Ökonomisierung und aus der Infragestellung der Apotheke und des Apothekers.

Auch das Fremd- und Mehrbesitzverbot sieht sich immer wieder Gefahren ausgesetzt aus unterschiedlicher Richtung. Tisch forderte die Apotheker dazu auf, die Gemeinwohlpflichten nicht zu vernachlässigen wie den Kontrahierungszwang, die Rezeptur, die Dienstbereitschaft, die Prüf- und Dokumentationspflicht und letztlich auch die Verhinderung des Arzneimittelmehr- und -fehlgebrauchs. Sorgen und Nöte

In der sich anschließenden Diskussion konnten die Apothekerinnen und Apotheker ihre berufspolitischen Sorgen und Nöte vorbringen. Auf dem Podium standen - neben Seitz und Tisch - Hermann S. Keller, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbands, Magdalene Linz, Präsidentin der Bundesapothekerkammer, Dr. Christiane Eckert-Lill, ABDA-Abteilungsleiterin Pharmazie und Friedemann Schmidt, ABDA Vize-Präsident, Rede und Antwort. Unwahrscheinlich sei, so Linz, dass sich am derzeit gültigen Honorar für den Apotheker (8,10 Euro abzgl. zwei Euro für die GKV) in Kürze etwas ändere. Die Regelung sei nun bis 2008 festgeschrieben.

In Sachen Lieferschwierigkeiten bei bestimmten Arzneimitteln wie Spiriva oder Präparaten der Firma Pfizer merkte Keller an, dass man derzeit in Gesprächen mit den Firmen stehe, wie sich Lieferengpässe vermeiden ließen. Schmidt warnte davor, den Fremd- und Mehrbesitz herbeizureden. Da bisher keine politische Diskussion in diesem Zusammenhang laufe, halte er es für besser, dieses Thema nicht weiter zu diskutieren.

Weitere Themen der berufspolitischen Runde waren die Importregelung und die undurchsichtige Konstruktion der Zur Rose-Versandapotheke in Halle. Bei letzterem Problem zeigten sich vor allem die Behörden äußerst unkooperativ. Gefährlich sei es, Ungerechtigkeiten gegenüber dem Apotheker und seiner Apotheke über den Ansatz der Inländerdiskriminierung regeln zu wollen. Dieser Schuss könnte auch nach hinten losgehen. Eine Folge könnte dann sein, dass der Arzneimittelpreis für verschreibungspflichtige Arzneimittel freigegeben werden wird.

Kritik übten viele Apothekerinnen und Apotheker an der Öffentlichkeitsarbeit der ABDA: Die Apotheker sind zu selten in den Medien, sie wehren sich nicht gegen Sendungen wie WISO. Seitz konnte vielen der Fragen gerecht werden, machte aber auch klar, dass einem bei vielen Punkten die Hände gebunden seien. Auch bei den Forderungen nach Streik der Apotheker u. Ä. meinte Seitz, dass die ABDA eher auf Dialog setze denn auf Konfrontation. Gleichwohl gestand er ein, dass die Öffentlichkeitsarbeit mitunter stärker professionalisiert werden müsse: die richtige Botschaft zu richtigen Zeit im richtigen Medium.

Im pharmazeutischen Bereich müssen die Apotheker noch besser werden in Sachen Information und Beratung, wie Linz aufgrund von Pseudo-Customer-Untersuchungen feststellte. Eckert-Lill ergänzte, dass die Softskills, die kommunikativen und sozialen Fähigkeiten im praktischen Prüfungsabschnitt verankert werden sollten.

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