Versandhandelsverbot: Jetzt oder nie!

DAVOS (du). Einen Rückblick und einen Ausblick standespolitischer Bemühungen vor dem Hintergrund des Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetzes (AVWG) und dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) bot die berufspolitische Diskussion im Rahmen des Pharmacon Davos 2007. Trotz der Erfolge im Kampf gegen die Höchstpreisverordnung wird die Situation des Berufstandes der Apotheker weiterhin als kritisch eingestuft. Die größte Gefahr gehe von dem Versandhandel aus. Nur mit einem erneuten Versandhandelsverbot könne sie abgewendet werden.

Pharmacon Davos: Die größte Gefahr für die Pharmazie geht vom Versandhandel aus

ABDA-Hauptgeschäftsführer Dr. Hans-Jürgen Seitz betonte in seinem Bericht, dass die Apotheken und die Arzneimittelversorgung keinesfalls die Kostentreiber im Gesundheitswesen sind. Der Wertschöpfungsanteil der Apotheken ist im Zeitraum 2005/2006 sogar leicht rückläufig gewesen. Das AVWG wirkt und entlastet die gesetzlichen Krankenkassen. Dem am 2. Februar im Bundestag verabschiedeten GKV-WSG ist eine einjährige Diskussion vorausgegangen, in der es der Standespolitik gelungen ist, die für die Apotheken fatale Höchstpreisregelung zu verhindern, die Zuzahlungspflicht zu erhalten und eine einheitliche Vergütung für verschreibungspflichtige und verordnungsfähige Arzneimittel zu sichern, hob Seitz hervor. Ausnahmen sind Zytostatikarezepturen und Sprechstundenbedarf. Hier ist der Preis frei verhandelbar. Auch die geplante 500 Mio.-Euro-Haftung hat dank intensiver Interventionen von Apothekerseite keinen Eingang in das GKV-WSG gefunden. Die bittere Pille, die die Apotheker zu schlucken hätten, sei die Erhöhung des Kassenrabatts von 2 Euro auf 2,30 Euro zum In-Kraft-Treten des GKV-WSG am 1. April 2007. Dieser Zwangsrabatt ist zunächst bis zum 1. Januar 2009 festgeschrieben und kann dann frei verhandelt werden. Seitz betonte, dass die Erfolge der Standespolitik in der Durchsetzung von Apothekerinteressen vor allem durch die Proteste der Apotheker und eine klare inhaltliche Positionierung ermöglicht worden sind. Er sieht in dem jetzt geplanten GKV-WSG eine deutliche Hinwendung der Politik zur inhabergeführten Apotheke. Diese Unterstützung der Politik müsse genutzt werden.

Trotz dieser standespolitischen Erfolge stuft Dr. Lutz Tisch, Abteilung Recht bei der ABDA, die Situation des Berufsstandes der Apotheker weiterhin als außerordentlich kritisch ein. Als besonders bedrohlich wertete er das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster, das die Abholung von über den Versandhandel bestellten Arzneimitteln in Drogeriemärkten erlaubt. Möglich sei eine solche Rechtsprechung nur durch die Einführung des Versandhandels im Zuge des GMG geworden. Welche Folgen dies habe, würden jetzt auch Politiker erkennen. Er verwies dabei auf die Initiative des Landes Nordrhein Westfalen, die ein Verbot des Versandhandels für rezeptpflichtige Arzneimittel zum Ziel hat. Diese Stimmung müsse genutzt werden. Prinzipiell sind die Chancen, das Versandhandelsverbot wieder einzuführen, nach Meinung Tischs gering. Wenn dies gelingen solle, dann jetzt oder nie. Mit außerordentlich klaren Worten appellierte er daher an die Apotheker, sich darauf zu besinnen, was sie können. Er erwartet, dass mit dem Aufleben der Diskussion um ein Versandhandelsverbot Testkäufe in den Apotheken von interessierter Seite forciert werden, um Argumente gegen den Versandhandel auszuhebeln.

Auch Seitz machte deutlich, dass die Politik nur überzeugt werden könne, wenn die pharmazeutische Seite gestärkt wird. Pharmazie müsse vor Ort erlebbar gemacht werden.

Auch die DocMorris-Aktivitäten sorgten für Gesprächsstoff. Welche Konsequenzen die Wiedereröffnung der Doc-Morris-Filiale in Saarbrücken haben wird, wird von der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs abhängen. Hier muss geklärt werden, ob das deutsche Fremd- und Mehrbesitzverbot mit europäischem Recht vereinbar ist. Tisch sieht keinen Grund, sich entmutigen zu lassen.

Dabei hofft er auf eine eindeutige Stellungnahme durch die Bundesregierung im laufenden Vertragsverletzungsverfahren. Dagegen seien Lizenzverträge nichts Neues. Ob sich jedoch der Erwerb einer DocMorris-Lizenz mit einem Eintrittsgeld von 25.000 Euro, einem Monatsbeitrag von 1500 Euro und billiger anzubietenden OTC-Produkten für eine kleinere Apotheke rechnet, sei mehr als fraglich..

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