Gesundheitsreform: Merkel: Qualität geht vor Schnelligkeit

BERLIN (ks). Die Gesundheitspolitik wird ein wesentlicher Schwerpunkt der anstehenden Regierungsarbeit sein - das betonte Bundeskanzlerin Angela Merkel im Vorfeld des ersten Spitzengesprächs zur Reform am 29. März im Bundestag. Wichtig sei nicht nur, die Finanzierungsgrundlagen zu reformieren. Es müsse auch eine Struktur gefunden werden, in der der Wettbewerb besser funktionieren kann, so die Kanzlerin. Auch Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) machte deutlich dass Reformen auf der Ausgabenseite nicht minder dringlich seien als auf der Finanzierungsseite.

Merkel betonte, dass sich die Regierungskoalition über die Ausgangslage einig sei: In der laufenden Legislaturperiode werden dem GKV-System bereits zwischen sieben und zehn Milliarden Euro fehlen. Zudem teile man die Auffassung, dass es "Wettbewerbsspielräume" gibt. Klar ist man sich aber auch darüber, dass die Gesundheitsversorgung im Laufe der nächsten zehn bis fünfzehn Jahre "tendenziell teurer" wird, betonte die Kanzlerin. Dies dürfe jedoch nicht zur Folge haben, dass Menschen "aus materieller Not heraus" nicht am medizinisch-technischen Fortschritt beteiligt werden.

Merkel machte zudem deutlich, dass gerade in der Gesundheitspolitik das Gemeinwohl über das Partikularinteresse gehen müsse: "Das heißt, wir müssen Schutzmauern aufbrechen und die Kraft haben, neue Wege zu gehen". Sie kündigte an, nun "ganz intensiv, aber auch sehr ruhig und selbstbewusst" an die Arbeit zu gehen. Die Reform solle bis zum Sommer fertig sein - und nicht vor Ostern. Die Kanzlerin ist sich des Zeitdrucks wohl bewusst. Dennoch gelte: Qualität geht vor Schnelligkeit.

Steinbrück: Auch Ausgaben berücksichtigen

Auch der Bundesfinanzminister legte in der Haushaltsdebatte besonderes Augenmerk auf die Gesundheitspolitik. Das ist nicht verwunderlich: Auch wenn die Bundeszuschüsse zur GKV schrittweise gestrichen werden sollen - eine Reihe von Politikern schauen bereits begehrlich auf neue Finanzspritzen des Bundes, Stichwort Kinderversicherung. Steinbrück kam der Union entgegen, indem er einräumte, dass ein überwiegend über Lohnnebenkosten finanziertes Gesundheitssystem Arbeitsplätze gefährde. Dennoch dürfe man nicht nur über die Reform der Einnahmeseite nachdenken, sondern auch die Ausgaben- und Leistungsseite in Angriff nehmen:

Dies sei "unabdingbar, wenn beispielsweise jährlich schätzungsweise 4000 Tonnen Arzneimittel im Wert von mindestens zwei Milliarden Euro auf dem Müll landen, wenn jede dritte von 120 Millionen Röntgenaufnahmen überflüssig ist und wenn für die Versicherten der GKV bei den Kosten völlige Intransparenz herrscht".

Struck: Reform soll von Dauer sein

SPD-Fraktionschef Peter Struck knüpfte gar das Schicksal der großen Koalition an das Gelingen der geplanten Gesundheitsreform: "Wenn wir es nicht schaffen, einen 'dritten Weg' zu finden, dann haben wir es nicht verdient, weiter zur regieren", sagte er. Die Menschen erwarteten zu Recht eine Gesundheitsreform, die von Dauer ist und nachhaltig wirkt. Struck gab sich zuversichtlich, dass die große Koalition diese Aufgabe lösen werde. Er sieht allerdings schon jetzt die Lobbygruppen über die Ergebnisse herfallen. Es werde keine Lösung geben, über die alle sagen: Das ist das Ei des Kolumbus.

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