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Gesundheitsreform: Der Gesundheitsfonds bleibt in der Kritik

BERLIN (ks). Nach der Entscheidung, die Gesundheitsreform erst zum 1. April 2007 in Kraft treten zu lassen, geht das Ringen um die Umsetzung der Eckpunkte weiter. Die Generalsekretäre von Union und SPD sowie der Regierungssprecher bemühen sich redlich, der Öffentlichkeit einen geordneten Eindruck zu vermitteln. Auch wenn der Reformstart um drei Monate verschoben sei, halte man an den vereinbarten Eckpunkten fest, beteuerten sie am 11. September. Dennoch wird täglich neue Kritik am Reformvorhaben laut Ų insbesondere die unionsgeführten Bundesländer verlangen Änderungen.

Zu Wochenbeginn hatte der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber erklärt, die bisherige Umsetzung der Eckpunkte sei noch nicht hineichend. Stoiber warnte davor, mit dem geplanten Gesundheitsfonds eine neue Großbürokratie zu schaffen. Zudem sieht man in den unionsgeführten Bundesländern die gut wirtschaftenden Kassen und ihre niedrigen Beiträge bedroht. So äußerte man sich auch in Baden-Württemberg, Niedersachsen und dem Saarland kritisch und meldete Änderungswünsche an. Dabei geht es vor allem um den geplanten Zusatzbeitrag, den die Kassen erheben können, wenn sie mit dem ihnen zugewiesenen Pauschalbeitrag nicht auskommen, sowie den neuen morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich. Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller forderte zudem, auf den geplanten zentralen Kassenverband zu verzichten. "Das ist für mich die Vorbereitung der Einheitskasse. Daran kann niemand ein Interesse haben", sagte er dem "Handelsblatt". Kritik am Reformvorhaben kam aber auch aus der SPD. So forderten am vergangenen Wochenende die Landesvorsitzenden aus Thüringen und dem Saarland, Christoph Matschie und Heiko Maas, einen Neuanfang bei der Gesundheitsreform.

An den Eckpunkten wird festgehalten Der SPD-Fraktionsvorsitzende Struck warnte die Union davor, an den Eckpunkten der Reform "herumzufummeln". Die Gesundheitsreform sei "der Lackmustest dieser Koalition" und müsse gelingen, damit die Koalition bis 2009 hält. Dazu seien "Mut und Standvermögen" notwendig. Die Kritiker aus der eigenen Partei – allen voran Andrea Nahles und Karl Lauterbach – hält Struck für "nicht relevant". SPD-Generalsekretär Hubertus Heil betonte nach der SPD-Präsidiumssitzung am 11. September ebenfalls, dass die SPD zu den Eckpunkten und dem Gesundheitsfonds stehe. Auch Nahles und Matschie – die beide dem Präsidium angehören – hätten klargestellt, dass sie nicht grundsätzlich an den Eckpunkten rütteln wollten. Der Fonds "ist nicht die Ideallösung, aber er ist besser als sein Ruf", sagte Heil. Auch Regierungssprecher Ulrich Wilhelm bekräftigte, dass sowohl Bundeskanzlerin Angela Merkel als auch die Koalitionsspitzen mit der Verschiebung der Reform lediglich den Zeitplan strecken wollten. Da es um eine "große und sehr komplexe Reform von großer Bedeutung für Deutschland" gehe, sei eine sorgfältige Beratung von hoher Priorität. Inhaltlich stehe man jedoch zu den Eckpunkten und damit auch zum Fonds, betonte Wilhelm. Er dementierte zudem Berichte, wonach CSU-Chef Edmund Stoiber die Verschiebung des Reformvorhabens initiiert habe. Dies sei ein Vorschlag der Kanzlerin gewesen, der von den Partei- und Fraktionschefs der großen Koalition, der so genannten Siebener Runde, mitgetragen worden sei.

Kritik aus dem Arbeitsministerium Trotz der beschwichtigenden Worte brodelt es unter der –Decke weiter. Die "Berliner Zeitung" und die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichteten am 12. September, dass sich auch im Bundesarbeitsministerium (BMAS) Widerstand gegen den Gesundheitsfonds rege. Dies gehe aus einem Vermerk von Mitarbeitern des Gesundheitsministeriums hervor.

Während in den Eckpunkten vereinbart wurde, den Beitragseinzug dezentral auf Länderebene zu organisieren, verlange das von Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) geleitete BMAS hierfür – jedenfalls nach einer Übergangszeit – "die Bildung einer neuen Bundesverwaltung für den Beitragseinzug". Diese könne beim Bundesversicherungsamt oder dem neuen Bundeskassenverband angesiedelt werden. Auch am geplanten Zusatzbeitrag zweifelt man im BMAS. In dem internen Papier schlage das Ministerium vor, einen bundesweit einheitlichen Zusatzbeitrag von beispielsweise 1,5 Prozent auf den Beitragssatz zu erheben. Der Wettbewerbsanreiz solle dann durch die Rückzahlung von Beiträgen an die Versicherten erreicht werden. Allerdings wird in dem Vermerk darauf hingewiesen, es sei "abwegig, hierfür einen Konsens mit der B-Seite zu erreichen" – also den unionsgeführten Bundesländern.

Beratungen gehen weiter In dieser Woche wird sich eine kleine Arbeitsgruppe von Fachpolitikern aus Bund und Ländern erneut mit dem Arbeitsentwurf aus dem Bundesgesundheitsministerium ausein–andersetzen. Ziel ist es, nach mehreren Beratungstagen die noch bestehenden Streitpunkte bis zum Wochenende auszuräumen.

Nach der Entscheidung, die Gesundheits–reform erst zum 1. April 2007 in Kraft treten zu lassen, geht das Ringen um die Umsetzung der Eckpunkte weiter. Die General–sekretäre von Union und SPD beteuerten am 11. September zwar, man halte an den Eckpunkten fest. Doch wird täglich neue –Kritik am Reformvorhaben laut.

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