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Bundesregierung bringt neues Apothekengesetz auf den Weg

BERLIN (ks). Geht es nach dem Willen der Regierungskoalition, könnte schon bald jeder Apotheker des europäischen Wirtschaftsraums deutsche Krankenhäuser mit Arzneimitteln versorgen – vorausgesetzt, er hat zuvor einen entsprechenden Vertrag mit dem Krankenhausträger geschlossen. Dies sieht ein am 2. Dezember von der Bundesregierung in den Bundestag eingebrachter Gesetzentwurf zur Änderung des Apothekengesetzes (ApoG) vor (siehe auch AZ Nr. 39/2004, S. 1).

Es war bereits kurz vor Mitternacht, als vergangene Woche die erste Lesung des Gesetzentwurfs auf der Tagesordnung des Parlaments stand. Was unter Apothekern für hitzige Diskussionen sorgt, vermochte im Bundestag zu dieser späten Stunde keine leidenschaftliche Debatte zu entfachen. Die vorgesehene Redezeit von einer halben Stunde nutzten die Abgeordneten nicht – sie gaben ihre vorgefertigten Reden lediglich zu Protokoll.

Ausgangspunkt der vorgesehenen Gesetzesänderung ist die Auffassung der Bundesregierung, die bisherige Regelung, wonach nur Apotheken des selben oder benachbarten Kreises ein Krankenhaus beliefern dürfen, verstoße gegen die europäischen Vorschriften über den freien Warenverkehr. Da bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik eingeleitet wurde, sei die Änderung notwendig.

SPD: Versorgungsqualität nicht gefährdet

Die SPD-Abgeordnete Marlies Volkmer betonte, dass der Gesetzentwurf strenge Anforderungen für die Verträge vorsehe. "Wichtige Aufgaben, insbesondere die Beratung des Klinikpersonals, müssen ausdrücklich auch weiterhin von einem Apotheker wahrgenommen werden." Zu diskutieren sei allerdings noch die Frage, ob die Präsenz der Versorgerapotheke im Krankenhaus in jedem dringenden Fall sichergestellt ist. Ebenso müsse noch erörtert werden, ob die hohen deutschen Anforderungen an die Arzneimittelsicherheit gewährleistet sind, wenn für die Vertragsapotheke im Ausland die Maßstäbe ihres Herkunftslandes gelten.

CDU: Kein vorauseilender Gehorsam

Der CDU-Abgeordnete Michael Hennrich warf der Bundesregierung vor, in vorauseilendem Gehorsam auf eine von der EU-Kommission eingereichte Klage zu handeln. Er wies darauf hin, dass die Klage von einem großen deutschen Krankenhauskonzern initiiert wurde, der sich durch das geltende ApoG darin gehindert sieht, seine verschiedenen Krankenhäuser konzernübergreifend mit Arzneimitteln zu versorgen. Hennrich gab zu bedenken, dass Rot-Grün auch im Fall von DocMorris das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) nicht abwarten wollte.

Das Ergebnis: Das Versandhandelsverbot für Arzneimittel wurde aufgehoben, obwohl der EuGH anschließend entschied, dass eine nationale Regelung, die den Versand von verschreibungspflichtigen Medikamenten verbietet, nicht gegen europäisches Recht verstößt. Da die Regierung in anderen Fragen die Auseinandersetzung mit der EU-Kommission nicht scheue, liegt für Hennrich "klar auf der Hand, dass die Bundesregierung für die Apotheker und gerade für die mittelständischen Apotheker nichts übrig hat."

Bundesrat gegen Gesetzentwurf

Wolf Bauer (CDU) hielt Rot-Grün vor, mit dem Gesetz Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern und mittelständische Strukturen in Deutschland zu vernichten. Die größten Schwachstellen des Gesetzentwurfes seien jedoch die Vernachlässigung der pharmazeutischen Beratung und der Arzneimittelsicherheit: So könne Arzneimittelsicherheit in Krankenhäusern weder durch den Besuch eines Apothekers einmal im Monat oder – in dringlichen Einzelfällen – innerhalb von 24 Stunden sichergestellt werden. Bauer verwies darauf, dass der Gesundheitsausschuss des Bundesrates bereits seine mehrheitliche Ablehnung des Gesetzentwurfs signalisiert habe. "Und zwar nicht nur mit den Stimmen der B-Länder, sondern auch mit der Mehrheit der SPD-geführten Bundesländer".

Grüne: Trennung von Logistik und Beratung sinnvoll

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Biggi Bender, stellte in ihrer zu Protokoll gegebenen Rede klar, dass die Regierung eine "Verurteilung im Vertragsverletzungsverfahren" nicht abwarten wolle. "Auch in der Sache spricht nichts dafür, wettbewerbsfeindliche Regelungen in der Arzneimittelversorgung zu verteidigen". Bender erklärte, die beiden Ziele einer zeitnahen Lieferung von Medikamenten und der Möglichkeit der ortsnahen Beratung im Krankenhaus seien "auch zukünftig handlungsleitend". Die im vorliegenden Gesetz gewählte Lösung, bei der die pharmazeutische Logistik und Beratung getrennt werden können, erscheine der Regierung "sinnvoll". Auch Bender räumte ein, dass über die Rahmenbedingungen des Gesetzes noch beraten werden müsse.

FDP will ebenfalls abwarten

Der FDP-Politiker Detlef Parr schloss sich der Kritik aus der Union an und sprach sich ebenfalls dafür aus, ein Verfahren vor dem EuGH abzuwarten. Auf jeden Fall sei eine Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestags zu der Thematik erforderlich. Dort müsse geklärt werden, ob zweifelsfrei belegt werden kann, dass die Arzneimittelsicherheit durch die angestrebte Regelung wie bisher gewährleistet werden kann.

Als nächstes wird sich der Gesundheitsausschuss des Bundestages mit dem Gesetzentwurf befassen. Auch der Bundesrat wird weiterhin zu Wort kommen. Denn zur Durchsetzung der ApoG-Änderung bedarf die Regierungskoalition der Zustimmung der Länder.

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