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Jubiläumsfest: 50 Jahre Pharmazieschule in Leipzig

Welch ein Moment! Gerührt begrüßte die Leiterin der Pharmazieschule, Frau Krieger, in Leipzig die zahlreichen Gäste zum 50-jährigen Jubiläum, die sich am Morgen des 25. Novembers im heutigen Berufsschulzentrum 9 eingefunden hatten. Mehr als 750 ehemalige Schülerinnen (und nur wenige Schüler), Lehrkräfte und der Schule sonst Verbundene trafen sich, um mit einem Festakt, einer Podiumsdiskussion und Fortbildungsveranstaltungen das einmalige Jubiläum in der Bundesrepublik zu begehen. Der Bundesverband der Angestellten in Apotheken (BVA) war dabei Mitveranstalter und Mitorganisator des großen Jubiläumstreffens.

Nach der Begrüßung zahlreicher Ehrengäste und dem Dank an den BVA und die anderen Sponsoren, ohne die dieser Tag nicht zustande gekommen wäre, stellte Frau Krieger ihr Haus kurz vor. Dann übergab sie für die Grußworte das Wort an Herrn Sprengel (Regionalschulamt Leipzig) und Frau Neusetzer (BVA, Fortbildung und Messen). Ein Grußwort der Stadt Leipzig wurde verlesen, und Herr Knoll, Präsident der Sächsischen Apothekerkammer und selbst früher in der Pharmazieschule tätig, riss das Publikum mit seinen Worten zu Begeisterungsstürmen hin. Hier eine Anekdote, dort eine Erinnerung, die Pharmazieschule Leipzig kannten alle Leipziger, vor allem die männlichen ... und erst die Sportfeste und Zeltlager!

Ein fröhliches Jubiläum

Die Atmosphäre in der gesamten Pharmazieschule ähnelte plötzlich einem riesigen Klassentreffen und verlor alles Steife, das sonst Jubiläen ziemlich trocken machen kann. In den Pausen zwischen den Veranstaltungen standen überall Grüppchen und erzählten und lachten, Erinnerungen wurden ausgetauscht, Fotos geknipst, und ... "weißt du noch?" ... "was machst du denn so?"

Geburtsort

eines neuen Berufes Den ersten Teil der Festrede hielt Gerhardt Taube, ehemaliger langjähriger Leiter der Pharmazieschule. Er stellte den Werdegang der Schule und der in ihr gelehrten Berufe vor. Genau am 26. November 1951 wurden die ersten Schülerinnen zur Ausbildung des Apothekenassistenten aufgenommen. Dieser neue Beruf war aufgrund des Mangels an pharmazeutischem Fachpersonal nach dem Zweiten Weltkrieg ins Leben gerufen worden. Mehr Apotheker auszubilden war wegen mangelnder Kapazitäten damals nicht möglich. Die auch in der DDR noch vorhandenen Vorexaminierten wurden durch eine Reform des Studiums nicht mehr ausgebildet, und so verband man die gute praktische Ausbildung der Vorexaminierten mit einem wissenschaftlichen Fundament. Der Beruf des Apothekenassistenten war geboren. Er konnte selbstständig und eigenverantwortlich tätig sein, ohne die Aufsicht eines Apothekers.

Nur ein einziger Standort

Die Länder der DDR einigten sich auf einen einzigen Standort in Leipzig und bauten dort ein Schulgebäude, einen Wohntrakt und eine Sporthalle mit Sportplatz. Mit 101 Schülern und zwei Lehrern wurde 1951 begonnen, Apotheker aus Leipzig kamen als Gastlehrer. Damalige Lehrer waren "Universalgenies" und unterrichteten so außergewöhnliche Fächerkombinationen wie Rezeptur und Leibesübungen.

Nach fünf Jahren gab es über 600 Absolventen, die dem neuen Beruf zur Anerkennung verhalfen und die Skepsis mancher Apothekenleiter überwanden. Mit den Erfahrungen der ersten Jahre wurden die Ausbildung und die Lehrmaterialien ständig verbessert. 1957 erschien das erste Lehrbuch, dessen hohes Niveau dazu führte, dass es bei Einführung der PTA-Ausbildung in den alten Bundesländern 1969 mit als Grundlage herangezogen wurde.

Zugelassen zur Ausbildung wurden alle, die eine zweijährige Lehrzeit in der Apotheke mit anschließender Facharbeiterprüfung hatten. Außerdem mussten sie bereits ein Jahr in der Apotheke als Facharbeiter tätig gewesen sein, um über die nötige Berufspraxis zu verfügen. Es folgten zwei Jahre Schule in Leipzig und ein weiteres Jahr Praktikum, dann konnten die Absolventen die Anerkennung als Apothekenassistenten erhalten.

Weiterentwicklung zum Pharmazieingenieur

Nach 20 Jahren (1971) hatten sich die Apothekenassistenten zur zweitgrößten Berufsgruppe in Apotheken entwickelt. Das Berufsbild wurde reformiert, weitere Lehrgebiete dazugenommen. Die Ausbildungszeit wurde auf drei Jahre verlängert, aus Schülern wurden Studenten. Während des Studiums, mit dem die Fachhochschulreife erworben werden konnte, wurde ein Praxissemester durchgeführt sowie eine Studienarbeit integriert. Außerdem erhielt der Beruf die Bezeichnung "Pharmazieingenieur". Zuerst etwas misstrauisch beäugt von den Apothekenassistenten, nutzten in der Folge mehr als die Hälfte der Assistenten die Möglichkeit, per zweijährigem Zusatzfernstudium den Ingenieur-Abschluss nachzuholen.

Da die Kapazitäten im Direktstudium nicht ausreichten, wurde zusätzlich die Möglichkeit eines viereinhalbjährigen Fernstudium geschaffen. Dies erwies sich als besonders günstig für diejenigen mit Familie. Über ein Netz von Außenstellen wurde der Kontakt der Uni zu den Fernstudenten gehalten.

Pharmazieingenieur-Ausbildung noch in der DDR abgeschafft

Dennoch wurde bereits zehn Jahre später, 1982, das Berufsbild erneut überarbeitet. Drei Jahre später wurde im Rahmen einer grundlegenden Neuordnung des Ausbildungssystems beschlossen, die Pharmazieingenieur-Ausbildung nicht weiter zu führen; statt dessen wurde eine neue Fachschulstufe eingerichtet und die Bezeichnung Ingenieur für Hochschulabsolventen reserviert.

So trat 1987 ein neuer Beruf ins Leben, der Beruf des Pharmazeutischen Assistenten, der eine Fachschulausbildung hatte. Auch die Ausbildung zum Apothekenfacharbeiter sollte in diesem neuen Berufsbild aufgehen. Diese Ausbildung wurde kurz vor der Wende noch begonnen, es gibt aber nicht sehr viele Pharmazeutische Assistenten, die ihre Ausbildung beendet haben.

Der Große Einschnitt

Hier wechselte der Festredner, und Friedhelm Schlüter, Leiter des Fachbereichs Pharmazie, konnte nahtlos an den Vortrag von Gerhardt Taube anknüpfen.

Der eigentliche große Einschnitt war die Wende im Jahre 1990, die für die pharmazeutischen Assistenten die Konsequenz hatte, dass ihre Ausbildung an die der PTA angeglichen wurde und die APOPTA galt. Die bis 1989 begonnenen Pharmazieingenieurstudien wurden unverändert fortgeführt, sodass die letzten Pharmazieingenieure ihre Ausbildung im Jahre 1994 beendeten. Im Gegensatz zur landläufigen Meinung ist die Ausbildung der Pharmazieingenieure also nicht der Wende zum Opfer gefallen, betonte Friedhelm Schlüter, sondern wurde aufgrund eines Beschlusses der DDR beendet.

PTA-Ausbildung folgt der Tradition

1992 schließlich wurde die Pharmazieschule in das Berufsschulzentrum (BSZ) 9 umgewandelt und zahlreiche andere Ausbildungs- und Fachschulberufe dazugenommen. Etliche Lehrkräfte mussten die Schule verlassen. Die Stadt Leipzig übernahm die Gebäude und leitete umfangreiche Umbaumaßnahmen ein, die noch längst nicht abgeschlossen sind. Außerdem sorgt sie für die sächlichen Mittel und Lehr- und Lernmittel. Die Berufsfachschule für PTA führt dabei die Tradition der Pharmazieschule in der Schönauer Strasse fort.

Derzeit gibt es knapp hundert Schüler in drei Klassen. Für viel Diskussion sorgt derzeit das Fach Apothekenpraxis, das Schlüter als Bindeglied zwischen Theorie und Praxis sieht. Das Niveau der Ausbildung ist nach Auskunft von Friedhelm Schlüter nach wie vor hoch, und bisher haben alle Schüler der vergangenen 50 Jahre ihren Platz in der Apotheke gefunden.

Abrundung durch Fortbildung

Der Festtag wurde nach der Podiumsdiskussion und einem kleinen Imbiss von drei Fortbildungsveranstaltungen in bewährter BVA-Qualität abgerundet: "Kommunikation in der Apotheke" mit den Referenten Sigrid Salziger und Claus Gerhold, "Erkältungskrankheiten im Kindesalter" mit dem Referenten Ernst-Albert Meyer und "Sodbrennen" mit der Referentin Kathrin Bosse-Bringewatt. Dabei kam auf dem harten Hörsaalgestühl noch einmal das richtig nostalgische Gefühl auf ...

Kastentext: Einteilung der Lehrer in Leipzig*

Stinos = Stinknormale Lehrer Bivies = Lehrer bis Vierzig

  • hus = Lehrer unter Hundert
  • Vorgenommen durch die heutigen SchülerInnen

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