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Gründung der European Association of Pharma Biotechnology (EAPB)

Am 2. April 2000, am Vorabend des großen Pharmaziekongresses der APV/APGI, wurde im Hotel Hilton in Berlin die Europäische Arbeitsgemeinschaft für Pharma-Biotechnologie (EAPB) gegründet. Rund 60 Wissenschaftler aus akademischen Forschungsinstituten und der Industrie sowie Vertreter wissenschaftlicher Organisationen trafen sich, um die EAPB aus der Taufe zu heben und den ersten Vorstand zu wählen.

Die Biotechnologie im allgemeinen und insbesondere die Pharmazeutische Biotechnologie gehören neben der Kommunikationstechnik zu den großen Wachstumsbranchen der Zukunft. Dies spiegelt sich für alle sichtbar in den Wachstumsraten des "Neuen Marktes" an der Börse wider. Wichtige Arzneistoffe wie z.B. Insulin, Epoetin oder Faktor VII werden bereits biotechnologisch produziert, ein wesentlich größerer Beitrag dieser Technologie zu modernen Arzneimitteln ist für die Zukunft prognostiziert. Somit wird die Pharmazeutische Biotechnologie eine zunehmende Rolle in der Pharmazie und bei pharmazeutischen Produkten spielen [1, 2].

Multidisziplinäre Gesellschaft

Umso bedauerlicher ist es, dass nur noch ein Teil der Pharmazeutischen Biotechnologie von Pharmazeuten abgedeckt wird. Sehr große Bereiche der Pharmazeutischen Biotechnologie werden von Kollegen aus anderen Disziplinen durchgeführt. Für optimale Produkte wäre sicherlich das spezielle Wissen des Apothekers über Arzneimittel sehr nützlich. Somit ergibt sich als ein Ziel der Gesellschaft, sich für einen größeren Beitrag der Pharmazie in der Pharmazeutischen Biotechnologie einzusetzen, zusätzlich sollten natürlich die Ausbildungsinhalte in den pharmazeutischen Berufen mehr diesen neuen Erfordernissen angepasst werden, damit auch zukünftig z.B. Apotheker hier konkurrenzfähig sind und ihr spezielles Arzneimittelwissen einbringen können. Das spezielle Fachwissen der Kollegen aus den anderen Disziplinen ist jedoch unerlässlich, hier will sich die EAPB bemühen, die Zusammenarbeit zwischen den Kollegen aus den verschiedenen Disziplinen einschließlich der Pharmazeuten zu fördern. Die EAPB versteht sich nicht als eine spezifisch pharmazeutische, sondern als eine multidisziplinäre Gesellschaft zur Förderung der "Pharma-Biotechnologie".

Dies wird bereits in der Namensgebung deutlich. Mit Absicht wurde der Begriff "Pharmazeutische Biotechnologie" vermieden und der Begriff "Pharma-Biotechnologie" gewählt, um nach außen zu demonstrieren, dass es eine Gesellschaft für alle in diesem Bereich tätigen Wissenschaftler ist. Hinzu kommt, dass man sich in einem zusammenwachsenden Europa nicht auf die nationale Ebene beschränken kann, somit ergab sich automatisch die Gründung einer "European Association of Pharma Biotechnology". Auf der Gründungsversammlung waren Mitglieder aus 15 europäischen Ländern vertreten.

Unterstützung durch die Industrie

Ein wichtiger Faktor für den Erfolg einer solchen Gesellschaft ist die Beteiligung der Industrie, aber auch die breite Unterstützung von wissenschaftlichen Organisationen. Somit beruht die EAPB auf drei Säulen. Zum Gründungszeitpunkt besaß die EAPB rund 80 Mitglieder, darunter elf Firmen sowie vier wissenschaftliche Organisationen. Im Laufe des April und Mai ist die EAPB weiter gewachsen.

Neben Firmen wie der Schering AG und metaGen aus Berlin sind auch Ferring Pharmaceuticals International sowie Boehringer Ingelheim als der größte Produzent pharmazeutisch-biotechnologischer Produkte in Europa vertreten. Aber auch neue, aufstrebende Unternehmen wie z.B. Alpha Bioverfahrenstechnik und die Firma Remedia aus Italien sind Mitglieder.

Seitens der wissenschaftlichen Organisationen ist aus dem Bereich der Pharmazeutischen Technologie die APGI (Association Pharmaceutique Galénique Industrielle) als Mitglied vertreten und dokumentiert damit ihre Unterstützung für die EAPB. Bei den europäischen pharmazeutischen Gesellschaften ist die Polnische Pharmazeutische Gesellschaft Mitglied, die bei der Gründungsveranstaltung durch ihren Präsidenten Dr. Umbreit und Vizepräsidenten Prof. Janiec repräsentiert war.

Vorgeschichte der EAPB-Gründung

Nach Genehmigung der Tagungsordnung gab Prof. Dr. Rainer H. Müller von der Freien Universität Berlin einen kurzen Überblick über die Vorgeschichte der EAPB. Die Idee zur Gründung entstand in Boston/Massachusetts am 21. Juni 1999. Im Haus Nr. 302 der Newbury Street saßen Dr. Gesine Hildebrand von der Schering AG sowie Dr. Oliver Kayser und Müller von der FU zusammen und diskutierten die Problematik, dass leider immer größere Bereiche der Pharmazeutischen Biotechnologie von der Pharmazie abwandern, die Erfordernisse der Industrie bezüglich pharmazeutisch-biotechnologischer Inhalte in den Ausbildungen nicht genügend berücksichtigt werden und leider ein Kooperationsdefizit zwischen Pharmazeuten und Kollegen aus den anderen Fachdisziplinen mit Aktivitäten im Bereich der Pharma-Biotechnologie vorhanden ist. Um dem entgegen zu wirken, entstand so die Idee zur Gründung einer Gesellschaft zur Förderung der Pharma-Biotechnologie.

Am Rande des in Boston stattfindenden Jahreskongresses der Controlled Release Society (CRS) wurde diese Idee mit vielen Kollegen aus verschiedenen europäischen Ländern diskutiert und fand sehr positive Resonanz. Daraufhin traf sich eine um Professor Lehr aus Saarbrücken und Professor Borchard aus Leiden erweiterte Gruppe im Herbst in Berlin, um die Struktur der Gesellschaft und das weitere Vorgehen zu besprechen. Die Werbung um Mitglieder startete Mitte Januar 2000, zum Gründungstag hatte die Gesellschaft innerhalb von nur gut 2 Monaten bereits rund 80 Mitglieder.

Schwerpunkt in Europa

Der europäische Charakter der EAPB zeigt sich darin, dass sie in 20 europäischen Ländern Mitglieder hat. Hinzu kommen auch Mitglieder aus anderen Ländern der Welt (USA, Japan, Indien, Neuseeland), die durch ihre Mitgliedschaft die prinzipielle Unterstützung für die Idee demonstrieren wollen. Ein Anlass zur Gründung der EAPB war auch die fehlende Aktivität von pharmazeutischen Organisationen auf den nationalen Ebenen. Selbst bei der EUFEPS gibt es bisher noch keine "special interest group pharmaceutical biotechnology".

Die EAPB versteht sich jedoch in keiner Weise als Konkurrenz zu den nationalen Organisationen. Ziel der EAPB ist eine enge Zusammenarbeit mit entsprechenden Organisationen auf der nationalen Ebene, z.B. bei Fortbildungskursen und Vortragsveranstaltungen, sowie eine enge Kooperation bei Fragen auf nationaler Ebene (z.B. Ausbildungsinhalte, Gesetzgebungsvorhaben).

Zugleich versteht sich die EAPB als Interessenvertretung der Pharma-Biotechnologie auf europäischer Ebene und nicht z.B. bei Rahmenprogrammen bei der EU in Brüssel sowie in Gesetzgebungsdingen mitwirken. Dies kann sicherlich nicht von den einzelnen nationalen Gesellschaften ohne entsprechende Koordination (über welche Einrichtung auch immer) geleistet werden.

Das von den Gründungsorganisatoren ausgearbeitete Grundkonzept der Satzung wurde sofort einstimmig gebilligt. Einige Änderungen wurden zwar intensiv diskutiert, anschließend jedoch nahezu einstimmig verabschiedet, was die Diskussionsbereitschaft, aber auch die Konsensfähigkeit innerhalb dieser neuen Gesellschaft sehr schön zeigte. Intensiv wurde auch eine mögliche Kooperation bzw. Mitgliedschaft der EAPB in z. B. EUFEPS diskutiert. Hier sprach sich die Mehrheit dafür aus, zunächst primär die eigene Gesellschaft EAPB aufzubauen und auf europäischer Ebene breit zu etablieren. Mit großer Mehrheit sprachen sich die Gründungsmitglieder weiter dafür aus, über eine derartige Mitgliedschaft zu einem späteren Zeitpunkt durch Abstimmung der Mitglieder zu entscheiden.

Vorstand

Nach Verabschiedung der Satzung wurde der Vorstand (Board of Governors) gewählt. Für die neuen Vorstandssitze gab es elf Kandidaten. Gewählt wurden: Prof. Dr. Maria-Jose Alonso (Santiago de Compostela), Prof. Dr. Jean-Pierre Benoit (Angers), Prof. Dr. Gerrit Borchard (Leiden), Dr. Wolfram Carius (Boehringer Ingelheim), Dr. Fabio Carli (Remedia/Triest), Dr. Gesine Hildebrand (Schering AG), Dr. Oliver Kayser (Freie Universität Berlin), Dr. Hans Lindner (Ferring Pharmaceuticals International) und Prof. Dr. Rainer H. Müller (Freie Universität Berlin). Der Vorstand repräsentiert erfreulicher Weise ein nahezu ausgeglichenes Verhältnis zwischen Industrie und akademischen Forschungseinrichtungen.

Am selben Abend traf sich das Board of Governors noch zu einer kurzen Sitzung, um das Executive Committee zu wählen. Es besteht aus fünf Mitgliedern, gewählt wurden: Präsident: Prof. Dr. Rainer H. Müller 1. Vizepräsident: Dr. Fabio Carli 2. Vizepräsident: Dr. Hans Lindner Schatzmeister: Dr. Oliver Kayser Wissenschaftlicher Sekretär: Prof. Dr. Gerrit Borchard Erfreulich ist die starke Repräsentanz der Industrie im Executive Committee über die beiden Vizepräsidenten.

Vorreiterrolle der FU Berlin

Der Sitz der EAPB ist am Fachbereich Biologie, Chemie, Pharmazie der Freien Universität Berlin. Gerade für die erste Zeit ist es sicherlich günstig, dass in Berlin mit Kayser und Müller von der FU sowie mit Hildebrand von der Schering AG ein "harter Kern" vorhanden ist, der über kurze Wege die Gesellschaft gezielt aufbauen kann.

Der im Rahmen der Neustrukturierung der Freien Universität geschaffene Fachbereich Biologie, Chemie, Pharmazie bietet aufgrund seiner Multidisziplinarität und seiner Mitglieder mit Beziehung zur Pharmazeutischen Biotechnologie das ideale Umfeld für die EAPB. Gleichzeitig eröffnet sich durch die Kooperation mit der EAPB sowie durch die potenzielle Ansiedlung von Firmen aus dem Biotech-Sektor für die FU die Möglichkeit, die Vorreiterrolle im Bereich der Pharma-Biotechnologie in Berlin weiter auszubauen.

Weitere Informationen über die EAPB sind zu erhalten über die homepage www.eapb.de. Kontaktadresse ist: European Association of Pharma Biotechnology (EAPB), Kelchstraße 31, 12169 Berlin, Tel. (030) 77308380, Fax (030) 77000416, E-Mail: info@eapb.de

Literatur

Kayser, O., R. H. Müller: Pharmazeutische Biotechnologie - eine neue Disziplin in der Pharmazie. Dtsch. Apoth. Ztg. 139, 4339-4343 (1999). Kreis, W., G. Stoll: Biotechnologie für Pharmazeuten. Dtsch. Apoth. Ztg. 140, 1300-1307 (2000).

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