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Paul-Ehrlich-Institut: Konsequenzen nach Gentherapietodesfall in den USA

LANGEN. Nach dem Bekanntwerden eines Gentherapie-Todesfalls in den USA wurden am 28. Oktober 1999 im Paul-Ehrlich-Institut in Langen die möglichen Konsequenzen für Deutschland diskutiert.

Ein junger Patient mit der Erbkrankheit OTC-Defizienz, einer Stoffwechselerkrankung, die auch die Leber betrifft, war bei einer klinischen Prüfung kurze Zeit nach der Behandlung mit einer hohen Dosis von Adenovirus-Genfähren gestorben. Adenoviren, die beim Menschen z.B. Atemwegserkrankungen auslösen, werden für ihren Einsatz als Genfähren so abgeschwächt, dass sie vermehrungsunfähig werden und somit keine Infektionskrankheit auslösen können. Mit Hilfe der Genfähren werden bei der Gentherapie Gene in menschliche Körperzellen zur Behandlung von Krankheiten übertragen, um die natürlichen Stoffwechselvorgänge des Organismus anzuregen.

Schädigender Effekt der Genfähren nicht auszuschließen

Um die Risiken der Behandlung mit Adenovirus-Genfähren vor dem Hintergrund des oben genannten Vorfalls neu einzuschätzen, trafen sich die mit diesen Genfähren arbeitenden Leiter klinischer Prüfungen in Deutschland, Behördenvertreter, medizinische Fachleute und Pharmaunternehmen. Eingeladen hatten die "Kommission Somatische Gentherapie" der Bundesärztekammer, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte und das Paul-Ehrlich-Institut.

Obwohl die Grunderkrankung des Patienten in den USA wahrscheinlich zum Behandlungsausgang beitrug und die genauen medizinischen Befunde derzeit noch nicht bekannt sind, konnte ein schädigender Effekt der verwendeten Adenovirus-Genfähren nach direkter Gabe in die Leber von den US-amerikanischen Forschern als Ursache für den Todesfall vorerst nicht ausgeschlossen werden.

Deutsche Studien sind nicht mit US-Studien vergleichbar

"Nur bei einer der neun deutschen klinischen Prü fungen mit Adenovirus-Genfähren, die ein positives Votum der 'Kommission Somatische Gentherapie' erhielten, werden Adenovirus-Genfähren direkt in die Leber verabreicht. Insgesamt sind jedoch die in Deutschland gemeldeten Studien mit der US-Studie nicht direkt zu vergleichen", bemerkte Prof. Dr. Klaus Cichutek, Leiter der Abteilung Medizinische Biotechnologie am Paul-Ehrlich-Institut.

Positiv wurde aufgenommen, dass der Leiter der klinischen Prüfung, bei der Adenovirus-Vektoren direkt in die Leber gegeben werden sollen, vor der Weiterführung der Studie eine Änderung seines Studiendesigns vorschlagen wird. Gemeinsam zog man daher den Schluss, derzeit laufende klinische Prüfungen, bei denen Adenovirus-Genfähren verabreicht werden, nicht zu unterbrechen. Die Leiter der drei derzeit laufenden klinischen Prüfungen werden jedoch aufgefordert, einen Bericht zur Einschätzung der medizinisch-ethischen Vertretbarkeit ihrer Studien an die zuständigen Ethikkommissionen der Länder und die "Kommission Somatische Gentherapie" abzugeben.

Nicht generell gefährlich

Der bedauerliche Todesfall gab den Fachleuten keinen Anlass, die Gentherapie generell als gefährlich einzuschätzen. "Der Schutz der Patienten ist auch nach der neuerlichen Bewertung der laufenden Prüfungen weiterhin gewährleistet", äußerte sich Prof. Dr. Claus Bartram, der stellvertretende Vorsitzende der "Kommission Somatische Gentherapie" der Bundesärztekammer und Direktor des Instituts für Humangenetik der Universität Heidelberg. "Daher sollte die Entwicklung der Gentherapie weitergehen, um neue Behandlungsansätze für unsere schwerkranken Patienten in der Klinik zu finden."

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