Fachliteratur

Strasburger - Lehrbuch der Botanik für Hochschulen

Von Peter Sitte, Hubert Ziegler, Friedrich Ehrendorfer, Andreas Bresinsky, 34., neu bearb. Aufl., 1032 Seiten, 1053 zweifarbige Abb., 1 vierfarb. Ausklapptafel, Gustav Fischer Verlag, Jena 1998. DM 138,-. ISBN 3-437-25500-2

Sieben Jahre nach Herausgabe der Vorgängerauflage ist nun der neue Strasburger da! - Und wenn ein Buch in seiner 34. Auflage erscheint, das 100. Jubiläum feiern kann (1994), sollte eine Rezension hauptsächlich in der Vorstellung der Veränderungen, der Neuerungen bestehen. Demzufolge zum Inhalt hier nur Grundlegendes: Wie seine Vorgänger gliedert sich die 34. Auflage in die vier Teile Morphologie (incl. Cytologie), Physiologie, Evolution und Systematik sowie Geobotanik, in denen sämtliche Teilgebiete der Botanik dargestellt werden. Dabei ist es schlichtweg umfassend, so daß sich detaillierte Angaben zum Inhalt erübrigen. Bleiben also die Neuerungen. Diese ließen sich fast in einem Satz zusammenfassen: Durch Einbeziehung neuester Erkenntnisse wurde der Inhalt grundlegend aktualisiert und repräsentiert damit den gegenwärtigen Stand der botanischen Wissenschaft. Konkret wurden neue molekularbiologische Aspekte bei der Gestaltung des Morphologie- und Physiologie-Teiles berücksichtigt, wobei die molekularen Grundlagen jetzt am Beginn des Morphologie-Teiles zusammengefaßt sind. Deutlich zugenommen hat der Umfang des Physiologie-Teiles, wobei molekularbiologische Aspekte verstärkt berücksichtigt wurden. Besonders schwerwiegend wirkten sich die in den letzten Jahren vor allem mit DNA-analytischen Methoden erzielten Ergebnisse auf den dritten Teil (Evolution und Systematik) des Lehrbuchs aus. Die grundlegenden neuen Einsichten in Evolution und Systematik führten zu gravierenden Veränderungen sowohl bei den niederen Organismen, als auch bei den Samenpflanzen. Herausragend ist hierbei die Aufhebung der klassischen Zweiteilung der Angiospermen in Ein- und Zweikeimblättrige in nunmehr drei Klassen. Inwieweit die dort vorgenommene Zusammenfassung der Familien zu Ordnungen und Überordnungen Bestand haben wird, bleibt abzuwarten. Die Unterteilung der Bedecktsamer in die Klassen Magnoliopsida, Rosopsida und Liliopsida erscheint jedenfalls auch unter Berücksichtigung des Wissens der zurückliegenden Jahrzehnte überzeugend, werden doch nunmehr die Magnoliopsida als phylogenetische Vorstufe sowohl von Rosopsida als auch Liliopsida vorangestellt und damit die bislang stets diskutierte, jedoch nie in der Systematik ausgedrückte Beziehung zwischen Ein- und Zweikeimblättrigen auf eine solide systematische Basis gestellt. Weiterhin hervorzuheben ist, daß einzelne Ordnungen nicht mehr in das "Korsett der Systematik" gepreßt und Unterklassen zugeordnet werden, sondern daß man diese nunmehr als "Diverse isolierte Ordnungen" in den Klassen Magnoliopsida und Rosopsida separat bestehen läßt. Bleiben die Neuerungen im vierten Teil (Geobotanik). Hier wurden neue Forschungsansätze zur Populationsgenetik, -ökologie und -biologie berücksichtigt und vor allem das Biodiversitätsproblem klar herausgestellt. Dementsprechend findet sich jetzt auf der Rückseite der traditionellen Vegetationszonenkarte eine ebenfalls farbige Karte mit den Diversitätszonen der Erde. Einige wenige wünschenswerte (möglicherweise auch nur aus der Sicht des Apothekers) "Neuerungen" wurden leider auch in die 34. Auflage nicht eingeführt. So finden sich auch diesmal zum Sekundärstoffwechsel der Pflanzen nur knappe Ausführungen. Ein eigenständiges Kapitel fehlt völlig. Im kurzen Abschnitt "Biosynthesen einiger typischer sekundärer Pflanzenstoffe" liegt die Betonung wahrlich auf "einige typische", worunter die Autoren hauptsächlich Phenylpropanderivate verstehen. Alkaloiden sind nur 14 Zeilen (!) gewidmet, obwohl man kurz zuvor darauf hinweist, daß ein Drittel aller bekannten Sekundärstoffe dieser Stoffgruppe angehört, Polyketiden ebenfalls nur etwa 20 Zeilen und Terpenoide wurden in den gleichfalls sehr kurzen Abschnitt "Stoffwechsel der Lipide" integriert. Auch fiel hier negativ auf, daß die Autoren Steroide als Triterpene definieren, demzufolge die "herzwirksamen Cardia-Glykoside zu den Triterpenen gehören", "die weit verbreiteten Saponine" (ausschließlich) "Steroidglykoside" sind. Obwohl es sich bei sämtlichen genannten Beispielen biogenetisch selbstverständlich um Triterpenabkömmlinge handelt, wäre etwas mehr Sorgfalt bei der Gestaltung des Abschnittes wünschenswert gewesen. Auch ist es wieder ausgeblieben, einen vollständigen Überblick über das System der bedecktsamigen Samenpflanzen zu geben. Zweifelsohne ist es richtig, auf die Beschreibung kleiner und relativ unbedeutender Pflanzenfamilien zu verzichten. Ihre schlichte Nennung und Einordnung in das System würde jedoch einen lediglich zu vernachlässigenden Einfluß auf den Umfang des Buches haben, andererseits dem Leser aber gelegentlich das frustierende Erlebnis ersparen, nichts über die systematische Einordnung einer beispielsweise auf einer Fernreise kennengelernten Pflanze zu erfahren. Auch bei der Gestaltung des Registers wurde in bewährter Weise verfahren. Dieses ist einerseits lobenswert umfassend. Andererseits ergibt sich daraus, daß bei zahlreichen Suchbegriffen zwangsläufig mehrere Seiten genannt werden. Seiten mit Begriffsdefinitionen sind zwar durch Fettdruck hervorgehoben, Verweise auf Stichwörter in Abbildungen und Tabellen durch Kursivdruck, jedoch fehlt dies auch öfters bzw. finden sich teilweise mehrere (Kursiv-) Hervorhebungen, so daß ein schnelles Auffinden der gesuchten Information gelegentlich nicht einfach ist. Diese kritischen Anmerkungen sollen aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß der Strasburger ein in seiner Qualität schwer zu übertreffendes Buch und damit weiterhin "das" Lehrbuch der Botanik darstellt. Besonders hervorzuheben ist, daß neueste wissenschaftliche Erkenntnisse umgehend in das Lehrbuch eingearbeitet wurden. Demzufolge bleibt abschließend festzuhalten, daß das Buch nicht nur in seiner Vollständigkeit, sondern auch in seiner Aktualität den gegenwärtigen Stand der Botanik in didaktisch gelungener, hervorragend illustrierter (um zahlreiche rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen ergänzter) und mit einem übersichtlichen Layout versehener Weise zusammenfaßt. PD Dr. Thomas Schöpke, Greifswald

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