DAZ aktuell

Randnotiz

1 Jahr nach dem Werbeurteil

Vor knapp einem Jahr, am 8. August 1996, veröffentlichte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einen in Fachkreisen spektakulären Beschluß zur Apothekenwerbung und zu den Berufsordnungen. Dieser Beschluß, der damals mitten ins Sommerloch platzte, forderte liberalere Bestimmungen in den Berufsordnungen hinsichtlich der Werbemöglichkeiten. Die restriktiven Formulierungen in den Berufsordnungen mußten ausgemerzt bzw. umgeschrieben werden. Und schon wurde ein Ausufern von Werbeaktivitäten vom konservativen Flügel der Apotheker prognostiziert, der Untergang der Seriosität der deutschen Apotheke vorhergesagt, das Drugstore-Gespenst tauchte wieder auf. Rund ein Jahr ist vergangen – wie hat sich die Werbelandschaft der Apotheken seit damals verändert? Wurde dem gewerblichen Charakter der Apotheke tatsächlich Vorschub geleistet, wie es seinerzeit der Präsident der Bundesapothekerkammer prophezeite? Wurde das Vertrauen des Patienten in den Apotheker beschädigt? Nach einer anfänglichen zum Teil euphorischen Aufbruchstimmung von werbeaktiven Apothekerinnen und Apothekern, von Apothekerberatern und Marketingunternehmen, ist die Euphorie der Realität gewichen. Ja, natürlich, es gibt sie, die Apothekennamen und die Apothekenwerbung auf Sporttrikots, Bierfilzen oder auf den Einkaufswägen des nahegelegenen Supermarkts. Es gibt sie auch, die Anzeigen von Apotheken in Tageszeitungen und die Flugblattaktionen der Offizinen, die sich gerne progressiv und aktiv gerieren. Und jetzt – wie bereits früher – stehen bei einigen die leidigen Schütten vor der Tür. Ausgeufert ist das Werbegebaren der deutschen Apotheke insgesamt allerdings bisher nicht. Werbung kostet zunächst einmal Geld. Und das ist knapp. Ein Blick auf die Apothekenschaufenster, Werbefläche Nr. 1 einer Apotheke, zeigt mir, daß Geld für eine attraktive Gestaltung zu fehlen scheint. Oft vernachlässigt, oft lieblos gestaltet, vollgestellt mit uniformer Industrie-Pappe, dümpeln die Schaufenster traurig dahin. Was das Werbeurteil der Karlsruher Richter bewirkt, ist eine Neufassung der zum Teil angestaubten Berufsordnungen. Wie unterschiedlich hier die Kammern vorgehen, zeigt ein Vergleich der beiden in diesem Jahr überarbeiteten und in Kraft getretenen Berufsordnungen von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Während Sachsen eine schlanke, von Ballast befreite und auf das wesentliche reduzierte Berufsordnung kreierte, wollte die Kammer im nördlichen jungen Bundesland von der enumerativen Darstellung der Verbote nicht ganz lassen. Man darf gespannt sein, welcher Lösung die anderen Kammern zuneigen und wie die Berufsordnungen in der Praxis handhabbar sind. 1 Jahr nach dem Werbeurteil – Deutschlands Apotheken sind nicht in eine Werbemanie verfallen. Jetzt hoffe ich noch auf eine Anpassung der Apothekenbetriebsordnung. Ich meine, eine Entrümpelung, Straffung und gemäßigte Liberalisierung (insbesondere von § 25, apothekenübliche Waren), stände diesem Werk gut an. Keine Angst, denn auch danach wird die Apotheke kein Drugstore, aber vielleicht zeitgemäßer. Peter Ditze

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