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Urteil des Bundesverfassungsgerichtes
60-jähriges Jubiläum der Niederlassungsfreiheit
Heute vor 60 Jahren verkündete das Bundesverfassungsgericht ein Urteil, das auch in den heutigen Diskussionen rund um den Apothekenmarkt immer wieder zitiert wird. Es geht um die Niederlassungsfreiheit im deutschen Apothekenwesen. Das „Apotheken-Urteil“ definierte erstmals, inwiefern der Staat in die Berufsfreiheit seiner Bürger eingreifen darf. Doch ist die Niederlassungsfreiheit noch zeitgemäß? Oder sollten Apotheken wieder nach Bedarf zwischen Stadt und Land verteilt werden?
Als sich Karl-Heinz Röber mit knapp 40 Jahren entschließt, seine persönliche und berufliche Freiheit in der Bundesrepublik zu finden, hat er bereits ein bewegtes Leben hinter sich: Geboren 1915 im Ersten Weltkrieg, muss er als Kind und Jugendlicher die turbulenten Zeiten der 1920er-Jahren und des Dritten Reiches miterleben. Nach dem Pharmaziestudium und der Approbation 1940 arbeitet er als angestellter Apotheker in Sachsen. Ab 1945 verwaltet er für fast zehn Jahre die Markt-Apotheke in Oelsnitz. Doch mit der „verstaatlichten Pharmazie“ in der DDR kann und will sich Röber nicht anfreunden. Er flüchtet nach Bayern. „Und da haben wir uns aufs Fahrrad gesetzt, um uns einen schönen Ort auszusuchen“, erzählt er später. „Und in Traunstein haben wir auch ein Haus gefunden, da wollten wir unsere Apotheke eröffnen, mit dem Eigentümer des Hauses waren wir schon handelseinig.“
Bedürfnisplanung in Bayern
Doch die oberbayerischen Behörden durchkreuzen die ambitionierten Pläne des Sachsen. Das damals geltende Bayerische Apothekengesetz sieht nämlich vor, dass eine neue Apotheke nur errichtet werden darf, wenn ihre wirtschaftliche Grundlage gesichert ist und die benachbarten Apotheken in ihrem Betrieb nicht beeinträchtigt werden. Man fürchtet die Konkurrenz und den Wettbewerb zwischen Apotheken – und das nicht nur in Bayern, sondern zur damaligen Zeit in vielen deutschen Städten und Kommunen. Es könne nicht im öffentlichen Interesse liegen, wenn wirtschaftlich schlecht fundierte Apotheken die Bevölkerung zu einem leichtfertigen Medikamentenverkauf verleiten. Konkret sieht das Gesetz vor, dass im Umfeld einer Apotheke etwa 7.000 Einwohner leben müssen. Und im Stadtteil Traunreut, wo Röber seine Apotheke eröffnen will, gibt es 6.000 Menschen und bereits eine Apotheke.
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Das strenge und jahrhundertealte System der Personalkonzessionen hat sich nach Ansicht des Gesetzgebers und der Behörden bewährt und soll die „Volksgesundheit“ schützen. Darüber hinaus sind die Approbation und eine Apothekenbetriebserlaubnis nötig. Karl-Heinz Röber ist skeptisch und fühlt sich in seinem Grundrecht auf freie Berufswahl zu sehr eingeschränkt: „Und da hab‘ ich mir das Grundgesetz gekauft – so ein kleines rotes Bändchen – und hab den Artikel 12 über die Berufsfreiheit gelesen und mir gesagt: Das kann man aber auch ganz anders verstehen.“
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