Fünf Fragen an … Markus Oelze

„Wünsche mir mehr informelle und ungezwungene Ideenräume“

Berlin - 30.01.2023, 06:59 Uhr

Markus Oelze (Foto: privat)

Markus Oelze (Foto: privat)


Die apothekerliche Berufspolitik ist komplex. Die DAZ will von jungen Kammer- und Verbandsvorständen wissen, weshalb es sich trotzdem lohnt, sich einzubringen und welche Einstiegshürden sie sehen. Unsere fünf Fragen stellen wir heute Markus Oelze vom Apothekerverband Mecklenburg-Vorpommern.

STECKBRIEF
 

Name

Markus Oelze

Alter 

34

Approbiert seit

2013

Ich arbeite als 

Inhaber von zwei öffentlichen Apotheken in Mecklenburg-Vorpommern

Berufsorganisation und Position 

  • Apothekerverband Mecklenburg-Vorpommern, Vorstandsmitglied
  • Gewähltes Mitglied der IX. Kammerversammlung der Apothekerkammer Mecklenburg-Vorpommern

DAZ: Herr Oelze, warum engagieren Sie sich standespolitisch?

Oelze: Von klein auf haben meine Eltern mir vorgelebt, wie wichtig es ist, sich einzubringen und an der Gestaltung des gesellschaftlichen Zusammenspiels teilzunehmen. Die beiden sind keine Apotheker*innen, sind bzw. waren in ihren jeweiligen Tätigkeitsfeldern aber immer sehr engagiert. Während des Studiums war ich im Fachschaftsrat tätig und wurde Mitglied bei Apotheker ohne Grenzen. Als PhiP durfte ich in Thüringen eine Schulklasse zum Tag der Pharmazie in Jena begleiten. Das waren jeweils wichtige Erfahrungen. Es ist so viel möglich, wenn man zusammenarbeitet und den Raum für unterschiedliche Meinungen konstruktiv nutzt. Für mich ist es sehr wichtig, ein Teil des Meinungsbildungsprozesses zu sein und in den bescheidenen eigenen Grenzen an Entscheidungen mitzuwirken. Die aktive Mitarbeit war für mich oft eine Chance, Hintergründe zu verstehen und Möglichkeiten zu erkennen.

Wie sind Sie erstmals mit der Berufspolitik in Kontakt gekommen?

Das war 2014. Damals wurde ich in die Kammerversammlung in Mecklenburg-Vorpommern gewählt.

Welche Hürden mussten Sie überwinden, um in der Standespolitik Fuß zu fassen?

In dem Punkt ist Mecklenburg-Vorpommern ein besonderes und besonders schönes Bundesland. Die Kammerversammlung wird beispielsweise in Personenwahl gewählt und es geht bei Kammer und Verband insgesamt verhältnismäßig direkt und basisdemokratisch zu. Marco Bubnick, Herr Dr. Dr. Engel und die hauptamtlichen Mitarbeiter der Kammer haben mich damals sehr unterstützt und so hatte ich das große Glück, als Neuling einen Ausschuss zu leiten und in eine Arbeitsgruppe der ABDA entsendet zu werden. Aus persönlichen Gründen war ich im Anschluss in Darmstadt tätig und habe dort auch in die hessische Standespolitik „schnuppern“ dürfen. Damals habe ich knapp den Einzug in die hessische KV auf der Liste von Frau Funke verpasst. Als Inhaber habe ich dann zurück im Norden den Verband als starken Partner erlebt, der mir gerade im ersten Jahr geholfen hat, den Überblick z. B. im Hilfsmitteldschungel nicht (komplett) zu verlieren.

Wie könnte man jungen Kolleginnen und Kollegen den Einstieg erleichtern?

Ich sehe ein Defizit in der Darstellung der Bedeutung der Selbstverwaltung und unserer Standesorganisationen. Während des Studiums sind die Kammern und Verbände naturgemäß wenig präsent. Im praxisbegleitenden Unterricht gab es einen Teil zur Organisation der Apothekerschaft, welcher aber für mich im dichtgepackten Inhalt unterging. Die auf verschiedenen Apothekertagen angesprochene Transparenz zum Zusammenspiel der Gremien bzw. deren (zumindest gefühlte) Abwesenheit war anfangs für mich auch etwas abschreckend. Ich denke, dass Kammern und Verbände über den gesamten Zeitraum bis zum dritten Staatsexamen präsenter sein sollten. Darüber hinaus wünsche ich mir mehr informelle und ungezwungene Ideenräume, in denen berufspolitische Themen frei und offen diskutiert werden können. Der Bedarf ist da – das spiegeln mir die angehenden Kollegen im Kammerunterricht regelmäßig. Dem entgegen steht oft die hohe Arbeitslast und regionale Besonderheiten (wie bei uns die langen Wege).

Was ist Ihr persönliches Ziel in der Berufspolitik?

In unserem Verband hat ein Generationenwechsel begonnen. Da heißt es erstmal, den Staffelstab nicht fallenzulassen.

Die Apotheken sind für mich als dezentral organisierte, regional fokussierte Betriebe, die effizienteste nationale Arzneimittelreserve, die ich mir vorstellen kann. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass unser spezielles Set an Fähigkeiten in Krisenzeiten eine starke Säule und sicherer Fels in der Versorgung der Bevölkerung war. Die Bedingungen, unter denen wir Apotheker*innen aktuell unseren Versorgungsauftrag erfüllen, überschreiten für alle Mitarbeiter*innen beinahe täglich das gesunde und erträgliche Maß. Es braucht positive Veränderungen bei der Präqualifizierung, beim Bürokratieabbau sowie bei der flexibleren, an regionale Besonderheiten angepassten Sicherstellung von Notdiensten.

Darüber hinaus gibt es massiven Aufholbedarf bei der Digitalisierung. Obwohl das Backoffice jeder Apotheke recht gut aufgestellt und die Bestellvorgänge und internen Abläufe digital sind, läuft beim Patientenkontakt und auch bei der Arbeit mit den Kammern und Verbänden noch zu viel analog. Dadurch gehen oft Ressourcen für die wirklich wichtige Aufgabe verloren: für unsere Patienten den größtmöglichen Nutzen bei der Arzneimitteltherapie herauszuholen.

Als Heilberufler stoße ich gerade in klinischen Fragestellungen oft an die Grenzen meines Studiums. Die universitären Inhalte und der Zuschnitt der Fachbereiche sollten sich stärker an das sich verändernde Berufsbild und die Welt, in der wir leben, anpassen.

Natürlich sehe ich, dass sich diese großen Steine nicht einfach wegrollen lassen. Da braucht es den Einsatz vieler motivierter, kreativer und gelegentlich auch lautstarker Kolleginnen und Kollegen. Dabei möchte ich meinen kleinen Beitrag leisten.


Christina Grünberg, Apothekerin, Redakteurin DAZ (gbg)
cgruenberg@daz.online


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