Ende der Präqualifizierung für Apotheken

Stolle-Chef will Verfassungsbeschwerde zum 1. April einreichen

Berlin - 01.03.2024, 07:00 Uhr

Detlef Möller, Geschäftsführer der Stolle Sanitätshäuser. (Foto: Detlef Möller)

Detlef Möller, Geschäftsführer der Stolle Sanitätshäuser. (Foto: Detlef Möller)


Für die Abgabe apothekenüblicher Hilfsmittel müssen sich Apotheken ab dem 1. April nicht mehr qualifizieren. Schon als der Gesetzgeber hierfür die Weichen stellte, regte sich Unmut bei den Sanitätshäusern – denn für sie ist eine solche Entlastung nicht vorgesehen. Der Geschäftsführer des Sanitätshauses Stolle erklärt nun gegenüber der DAZ, warum er deshalb sogar vor das Bundesverfassungsgericht ziehen will.

Im Rahmen des Arzneimittellieferengpassgesetzes (ALBVVG) hat der Gesetzgeber eine seit langem erhobene Forderung der Apotheken umgesetzt: Für die Abgabe apothekenüblicher Hilfsmittel müssen sich diese künftig nicht mehr präqualifizieren. Welche Hilfsmittel es genau sein sollten, darauf sollten sich Deutscher Apothekerverband und GKV-Spitzenverband bis Ende Januar dieses Jahres einigen – was ihnen auch gelang.

Die Stolle Sanitätshaus GmbH & Co KG hatte bereits im Dezember 2023 angekündigt im Falle einer Einigung Verfassungsbeschwerde einzulegen. Die DAZ hat nachgefragt, ob das Unternehmen an diesem Plan festhält. Stolle-Geschäftsführer Detlev Möller hat ausführlich geantwortet und möchte den Apothekerinnen und Apothekern die Sichtweise der Sanitätshäuser verdeutlichen.

Sein Unternehmen plane weiterhin gegen die Regelung des § 126 Abs. 1b SGB V eine Verfassungsbeschwerde einzureichen, sobald die beschlossenen Änderungen am 1. April in Kraft treten, so Geschäftsführer Möller. Er sieht hier elementare Rechtsgrundsätze verletzt. Er betont aber auch: „Unsere Bemühungen richten sich keineswegs gegen die für die Gesundheitsversorgung wichtige und notwendige Berufsgruppe der Apotheker. Sie richtet sich gegen ein unserer Ansicht nach rechtswidriges Handeln unseres Gesetzgebers.“

Dass die Sanitätshäuser weiterhin Zeit und Geld für Präqualifizierungsmaßnahmen aufwenden müssen, während Apotheken für dieselben medizinischen Hilfsmittel davon befreit werden, hält Möller für einen „Akt der Willkür“. Konkret sieht er das in Artikel 3 Grundgesetz verankerte Gleichheitsgebot verletzt: „Es geht bei unserer Verfassungsbeschwerde auch nicht darum, die Qualifikation der Apotheker als solche in Frage zu stellen, sondern darum, dass Gleiches – hier die Abgabe von Hilfsmitteln zu Lasten der gesetzlichen Versicherungen durch Leistungserbringer – nicht ungleich behandelt werden darf, denn genau dies verbietet unser Grundgesetz ausdrücklich.“ Und er betonte in diesem Zusammenhang, dass in einem Rechtsstaat Willkür unter keinen Umständen gerechtfertigt sein könne – auch nicht, wenn es um den notwendigen Abbau von überbordender Bürokratie geht.

Um eine einheitliche Qualität in der Versorgung mit Hilfsmitteln zu gewährleisten, sei es deshalb notwendig, dass die Präqualifizierungsmaßnahmen für alle Leistungserbringer gelten müssten, so Möller. Genauso wie die Apothekerinnen und Apotheker litten die Sanitätshäuser unter einem Übermaß an Bürokratie, das die eigentlichen Kernaufgaben der Patientenversorgung erschwere. Jedoch dürften administrative Erleichterungen nicht zu einer Gefahr für die Patientinnen und Patienten werden. Möller zweifelt daran, dass die pharmazeutisch ausgerichtete Ausbildung der Apotheker per se ausreiche, um die in der Vereinbarung aufgelisteten Hilfsmittel sachgerecht zu versorgen: „Und wirksam ist ein Hilfsmittel nur dann, wenn es auch fachgerecht versorgt worden ist, denn selbst eine falsch versorgte Bandage hat bestenfalls nur keinen Effekt und lindert damit keinerlei Beschwerden, sie mag aber im schlimmsten Fall den pathologischen Zustand des Versicherten sogar verschlimmern und gefährdet damit nicht nur die Versorgungsqualität, sondern letztlich auch die Volksgesundheit.“

Mit dem Inkrafttreten der Neuregelung ab dem 1. April wären die Grundlagen für eine Verfassungsbeschwerde gegeben, erklärt Stolle-Chef Möller. Und er ist entschlossen diesen Weg zu beschreiten. Er zeigte sich aber auch offen für einen Dialog mit den Apotheken, zumal beide Leistungserbringergruppen durch unsinnige Bürokratie gleichermaßen unnötig belastet seien.


Michael Zantke, Redakteur, DAZ
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Qualifiziertes Personal

von Beteubungsmittelkaufmann am 01.03.2024 um 8:57 Uhr

Gibt es ein Sanitätshausgesetz und eine Sanitätshausbetriebsordnung, die u.a. streng die Qualifikation der Mitarbeitenden vorschreibt? Falls ja, hat er Stolle einen validen Punkt. Falls nicht, soll er froh sein, dass er sich nur (!) mit der PQ rumschlagen muss.

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Ach Herr Stolle....

von Michael Weigand am 01.03.2024 um 8:27 Uhr

...dann schauen wir als erstes Mal welche Kammer bei den Sanitätshäusern das QMS abgenommen hat und welches "Augenmaß" hier in Bezug auf Bürokratie gewahrt wird. Und dann schau mer nochmal, welcher Pharmazierat bei Herrn Stolle zuständig ist. Ich finde gegen die entsprechende Kammergebühr könnten die Sanitätshäuser doch auch von den Apothekenkammern mitbetreut werden. Auf die nichtangekündigten Besuche und Kontrollen der Qualifikation des anwesenden Personals freuen sich die Kollegen von Herrn Stolle sicherlich schon (mir geht es um den bürokratischen Aufwand).... Und ja Herr Stolle ...Apotheken haben diese Doppel-/Dreifachbelastung, die Sanitätshäuser nicht haben...deswegen Sie haben Recht Herr Stolle...gleiche Belastung für beide Seiten. Das heißt Präquali weiterhin für Apotheken und Sanitätshäuser, die große Hilfsmittel anbieten....und in Zukunft zusätzlich unagemeldete Kontrollen bei Sanitätshäusern und wie bei Apotheken doppelte Belsatung durch zusätzliche Kammerbeiträge...Herr Stolles Ziel ist also ein gleiches Maß an Bürokratie, was ein deutliches "Mehr" für Sanitätshäuser bedeuten würde mit der gleichzeitigen Verpflichtung, z.B. sich an Zuweisungsverbote durch Ärzte oder Kliniken zu halten (also wie es jetzt auch von den Sanitätshäusern gehandhabt wird)

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