Eine Frage des Wettbewerbs

Klage von Wort & Bild gegen BMG: Gericht hebt Urteil auf

Berlin - 07.02.2024, 17:50 Uhr

Staatspresse im Wettbewerb mit privater Gesundheitspresse: Das Nationale Gesundheitsportal. (Foto: Screenshot gesund.bund.de)

Staatspresse im Wettbewerb mit privater Gesundheitspresse: Das Nationale Gesundheitsportal. (Foto: Screenshot gesund.bund.de)


Im Juni 2023 entschied das Landgericht Bonn, dass das vom Bundesgesundheitsministerium betriebene Nationale Gesundheitsportal die Grenzen des staatlichen Informationshandelns überschreitet. Geklagt hatte der Wort & Bild Verlag, der in dem Portal unzulässige staatliche Konkurrenz sieht. Nun wurde das Urteil vom Oberlandesgericht Köln aufgehoben – und an das Verwaltungsgericht Köln verwiesen.

Das Oberlandesgericht Köln hat an diesem Mittwoch auf die Berufung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) das Urteil des Landgerichts Bonn vom 28. Juni 2023 im Klageverfahren des Wort & Bild Verlags gegen das Nationale Gesundheitsportal (NGP) aufgehoben und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Köln verwiesen. Das geht aus einer Pressemitteilung des Verlags hervor. Damit wird die Klage nun beim Verwaltungsgericht Köln weiter geprüft und verhandelt. 

Laut Wort & Bild Verlag setzt sich das Gericht mit seiner Entscheidung „in Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der weiteren Zivilgerichte in vergleichbaren Fällen, in denen sich der Staat auf dem Markt der privatwirtschaftlichen Presse betätigte“, heißt es in der Pressemitteilung.

Der Wettbewerb durch staatliche Publikationen und die Verletzung des Gebots der Staatsferne der Presse seien bislang vor den Zivilgerichten verhandelt worden. Es führe für die Verlage in künftigen Fällen zu einer „erheblichen Unsicherheit“, dass das OLG Köln dies in diesem Fall anders sieht. „Diese Rechtsunsicherheit führt zu einer Beschneidung des effektiven Rechtsschutzes“, so der Wort & Bild Verlag, der unter anderem die „Apotheken Umschau“ herausgibt.

Seit September 2020 betreibt das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) das Gesundheitsportal gesund.bund.de. Dort finden sich zahlreiche pressemäßig aufbereitete Artikel in den Rubriken „Krankheiten“ und „gesund leben“ sowie „Pflege“ und „Gesundheit Digital“.

Staat im Wettbewerb mit Privatwirtschaft

Der Verlag hatte Anfang 2021 vor dem Landgericht Klage gegen die Bundesrepublik – vertreten durch das BMG – erhoben und einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch geltend gemacht. Das staatlich finanzierte und unmittelbar vom BMG veröffentlichte NGP trete aufgrund seiner inhaltlichen Gestaltung in unzulässiger Weise mit vergleichbaren Angeboten der privaten Gesundheitspresse in den Wettbewerb, so der Vorwurf.

Zugleich wollte der Verlag feststellen lassen, dass der Bund schadensersatzpflichtig ist. Unterstützung erhielt er dabei vom Verband Deutscher Zeitschriftenverleger – an dessen Stelle im April 2022 der Medienverband der freien Presse (MVFP) getreten ist – sowie dem Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger.

Wort & Bild bleibt zuversichtlich

Der Wort & Bild Verlag sieht durch die Verweisung zum Verwaltungsgericht drei Jahre nach Klageerhebung nun sein „Recht auf effektiven Rechtsschutz zur Durchsetzung der Pressefreiheit“ beschnitten. Das sagte der Vorsitzende der Geschäftsführung, Andreas Arntzen, laut Pressemitteilung. „Fälle, in denen sich der Staat zur privaten Presse in den Wettbewerb begibt, müssen auch weiterhin vor den Wettbewerbsgerichten im Zivilrechtsweg entschieden werden. Wir sind aber zuversichtlich, dass im Ergebnis das überzeugend begründete Urteil des Landgerichts Bonn bestätigt werden wird“, so Arntzen.

„Unser Medienhaus erstellt als unabhängiges Presseunternehmen seriösen und qualitativ hochwertigen Gesundheitsjournalismus und trägt so seit fast 70 Jahren zur Gesundheitsaufklärung weiter Bevölkerungskreise bei“, so Arntzen weiter. Das könne aber nur gelingen, wenn „die Aufgabenverteilung zwischen Staat und Presse klar getrennt bleibt, wir und alle anderen Presseverlage wirtschaftlich arbeiten können“.

MVFP: Rechtsschutz gegen „verfassungswidrige Staatspresse unkalkulierbar“

Ähnlich sieht das auch der MVFP. Es sei „sehr enttäuschend, dass das Oberlandesgericht ohne nachvollziehbare Gründe den Zivilrechtsweg für nicht gegeben hält“, erklärte Christoph Fiedler, Geschäftsführer Europa- und Medienpolitik im MVFP und Chairman Legal Affairs EMMA - European Magazine Media Association. Damit werde der Rechtsschutz gegen „verfassungswidrige Staatspresse unkalkulierbar und in unzumutbarer Weise erschwert“.


Deutsche Apotheker Zeitung
redaktion@daz.online


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