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Zwischen Job und Privatleben – flexibles Arbeiten in der Apotheke

07.07.2023, 07:00 Uhr

Auch Apothekenmitarbeitende wünschen sich mitunter flexible Arbeitszeitmodelle, um Job und Privatleben unter einen Hut zu bekommen. (Foto: DAZ/Schelbert)

Auch Apothekenmitarbeitende wünschen sich mitunter flexible Arbeitszeitmodelle, um Job und Privatleben unter einen Hut zu bekommen. (Foto: DAZ/Schelbert)


Auch in Apotheken sind flexible Arbeitszeitmodelle zunehmend gefragt. Wer sich in dieser Hinsicht gut um seine Angestellten kümmert, steht auf dem Arbeitsmarkt hoch im Kurs. Doch welche Konzepte können dabei helfen?

Zufriedene Mitarbeiter sind wichtig. Viele Inhaber legen darum großen Wert auf deren Bedürfnisse und möchten sich auch in der Zukunft noch besser auf sie konzentrieren und persönliche Freiheiten einräumen. Im idealisierten Fall bedeutet das: Selbstverwirklichung, eine passende Work-Life-Balance und eine daraus resultierende Sinnbildung, von der beide Seiten profitieren.

Das tarifliche Jahreszeitkonto

Allgemein wurde der Weg hin zu flexiblerem Arbeiten in den Apotheken bereits geebnet: in Form des tariflichen Jahreszeitkontos, geregelt im § 4 Bundesrahmen­Tarifvertrag/Rahmentarifvertrag Nordrhein. Es ermöglicht bei Vollzeit wöchentliche Arbeitszeiten von 29 bis 48 Stunden. Im Ausgleichszeitraum eines Jahres soll die durchschnittliche Wochenstundenzahl dann 40 Stunden betragen. Bei Teilzeitmitarbeitern können 75 bis 130 Prozent vereinbart werden. Und auch die Aufteilung von Notdiensten ist in den Tarifverträgen geregelt und ein Schritt in Richtung neuer Arbeitszeit­modelle in der Apotheke: Sie sollen im Verhältnis zur jeweiligen Wochenarbeitszeit geteilt werden.

Auslaufmodell 40-Stunden-Woche?

Viele junge Approbierte wünschen sich neben der Flexibilität zudem reduzierte Arbeitszeiten. Die Tarifkommission der ADEXA hat darauf bereits reagiert und fordert eine Absenkung der wöchent­lichen Arbeitszeit. Sie hält die 40-Stunden-Woche für nicht mehr zeitgemäß und nennt den Einzelhandel als passendes Beispiel, in dem 37,5-Stunden-Wochen gut funktionieren. Eine solche Reduktion der Arbeitszeit wäre sicherlich für viele in Vollzeit arbeitende Apothekenmitarbeiter ein willkommener Ausgleich für ihr Privatleben. Kürzere Arbeitszeiten wirken sich zudem positiv auf die Stresslevel der Mitarbeiter aus, in der Folge gibt es weniger Krankmeldungen.

Mehr Zeit fürs Private

Braucht jemand mehr Zeit für sein Privatleben, war das bisher auch schon möglich. In Apotheken arbeiten bekanntlich viele im beliebten Arbeitszeitmodell Teilzeit. Es hat in der Offizin Tradition: Apotheken gehören in gewisser Weise zu den Vorreitern auf diesem Gebiet, während sich viele andere Branchen dem Thema noch verschließen.

All diese Modelle sind gut, um die Flexibilität im Leben der Mitarbeitenden zu erhöhen und ihre Selbstbestimmtheit zu fördern. Was aber, wenn jemand Lebenspläne hat, die auch mit Teilzeit oder flexibleren Arbeitszeiten nicht realisierbar sind?

Um sich von der Konkurrenz ab­zuheben, müssen Inhaber neue Wege gehen, denn eine mögliche Absenkung der Vollarbeitszeit würde alle Apotheken betreffen und auch die Möglichkeit zur Teilzeit gibt es quasi überall.

Zeit für ein Sabbatical

Die Gründe für ein Sabbatical sind vielschichtig: eine Weltreise, mehr Zeit für die Familie oder ein Hobby, eine ehrenamtliche Mitarbeit im Ausland oder eine berufliche Weiterbildung. Auch in Apotheken träumt so mancher Mitarbeiter von einer längeren Auszeit. Viele haben jedoch Bedenken, einen ansonsten sicheren Arbeitsplatz für ihr Vorhaben aufzugeben – einige tun es trotzdem. Für die Attraktivität einer Apotheke auf dem Arbeitsmarkt kann es sich lohnen, eines der unterschied­lichen Zeitmodelle anzubieten, die eine gewisse Auszeit vom Job ermöglichen. Durch eine genaue Absprache und Planung bleibt ein guter Mitarbeiter gebunden und kehrt entspannt und zufrieden zurück in die Apotheke. Im Vorfeld muss nur noch entschieden werden, welches Modell für den jeweiligen Mitarbeiter geeignet ist.

Das Teilzeitmodell

Beim sogenannten Teilzeitmodell arbeitet der Mitarbeiter in Vollzeit, bekommt aber für den vereinbarten Zeitraum nur ein Teilzeitgehalt ausbezahlt. So arbeitet er beispielsweise ein Jahr lang 40 Stunden pro Woche bei einem Gehalt einer 20-Stunden-Woche. Somit spart er Guthaben an, das er während seiner Auszeit als Gehalt ausbezahlt bekommt. Der Vorteil ist, dass er bei diesem Modell weiterhin angestellt bleibt und somit kranken- und rentenversichert ist. Im Gegenzug muss er dafür während der gesamten Anspar- und Abbauphase mit einem halben (oder zumindest verminderten) Gehalt haushalten.

Das Blockmodell

Wer das nicht schafft, für den ist möglicherweise das Blockmodell besser geeignet. Dabei werden während einer Vollzeittätigkeit noch 75 Prozent des Gehalts ausbezahlt und 25 Prozent angespart. Der Verzicht beschränkt sich dann auf einen Teil des Gehalts. Bei den gleichen Vorteilen wie im ersten Modell verlängert sich allerdings auch die Ansparphase entsprechend.

Zeitguthaben

Etwas anstrengender ist das Sammeln von Überstunden auf dem Arbeitszeitkonto bei Vollzeittätigkeit und vollem Gehalt. Das kann mitunter sehr lange dauern. Darum ist es sinnvoll, dieses Modell für eine nicht zu ausgedehnte Abwesenheit vom Arbeitsplatz zu verwenden. Hat man die nötigen Stunden für die geplante Auszeit beisammen, werden sie einfach abgebaut. Je weniger Überstunden man auf­gebaut hat, desto kürzer fällt auch die Auszeit aus und umgekehrt.

Fondssparmodell

Eine Sonderform des vorhergehenden Modells ist das Fondsspar­modell. Hierbei wird der Wert der gesammelten Überstunden zusammen mit eventuellen nicht ausbezahlten und somit gesparten Sonderzahlungen oder ungenutzten Urlaubstagen während der Ansparphase auf einem Konto gesammelt und verzinst. Kann der Mitarbeiter es sich leisten, ist es möglich, einen gewissen vereinbarten Gehaltsverzicht mit anzusammeln. So kann sich die Ansparphase verkürzen. Der gesammelte Wert wird dann während des Sabbaticals sukzessive als Gehalt ausbezahlt. Beim derzeit niedrigen Zinsniveau gilt es allerdings genau abzuwägen, auf welche Weise das Geld angelegt werden soll. Entscheidet man sich für einen Fonds oder Aktien, ist das Risiko von Kursschwankungen zu beachten und zu überlegen, ob sich eine mittelfristige Anlage überhaupt lohnen kann. Das Fondsmodell oder das Ansparen eines Zeitguthabens ist nicht jedermanns Sache, da über einen längeren Zeitraum viele Über­stunden gemacht werden müssen.

Unbezahlter Urlaub

Den geringsten organisatorischen Aufwand für den Arbeitgeber stellt eine Auszeit in Form eines unbezahlten Urlaubs dar. Der Mitarbeiter bekommt hierbei während des Sabbaticals kein Geld vom Arbeitgeber ausbezahlt und spart sich im Vorfeld einfach selbstständig Geld für seine Auszeit an. Dabei ist er am unabhängigsten in seinem Vorhaben: Der Zeitraum des Sabbaticals kann unterschiedlich lang sein und individuell abgesprochen werden. Der Nachteil für den Arbeitnehmer ist, dass er für seine Versicherungen während des unbezahlten Urlaubs selbst aufkommen muss. Das Arbeitsverhältnis ruht in dieser Zeit, vertraglich geregelt werden das Datum des Ausscheidens und des Wiedereintritts ins Unternehmen.

Welche Fragen gibt es noch zu klären?

Neben der Klärung und Entscheidung, wer für die Sozialversicherungen aufkommt, muss sich der Mitarbeiter selbst weitergehende Gedanken machen: Ist er während des Sabbaticals außerhalb Europas unterwegs, muss er sich um seine Auslandskrankenversicherung kümmern. Weiterhin lohnt es sich, einen fachkundigen Anwalt für Arbeitsrecht zur schriftlichen Fixierung der Vertragsmodalitäten hinzuzuziehen. Offene Fragen wie „Wie verhält es sich mit dem Kündigungsschutz während des Sabbaticals? Was passiert, wenn das Unternehmen zahlungsunfähig wird? Wie kann dann diese Gefahr versichert werden, um eine Weiterzahlung des Gehalts zu gewährleisten?“ müssen angesprochen werden.

Nachteile für kleine Apotheken

Je kleiner die Apotheke und je länger die Auszeit, desto schwieriger ist es, diese zu ermöglichen. Die Arbeitszeit und -kraft des Mitarbeiters muss schließlich ersetzt werden. Wer soll ihn vertreten? Die verbleibenden Angestellten sollen nicht durch vermehrten Arbeitsaufwand unter dem Sabbatical ihres Kollegen leiden dürfen. All das gibt es zusätzlich zu bedenken.

Neben dem Planungsaufwand hat ein Sabbatical aber auch viele Vorteile für die Beteiligten. So kann sich die gewonnene Erfahrung positiv auf den Apothekenalltag auswirken, sei es fachlich, nach einer erfolgreichen Weiterbildung, oder durch gesteigerte soziale Kompetenzen.

Einen gesetzlichen Anspruch auf ein Sabbatical haben in Deutschland derzeit nur sehr wenige Berufsgruppen wie Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst. Darüber hinaus öffnen sich mittlerweile aber immer mehr Arbeitgeber dem Thema. Darum kann es sich für interessierte Apothekenmitarbeiter oder auch Filial­leitungen lohnen, das Thema aktiv anzusprechen, um gemeinsam mit dem Inhaber nach kreativen Lösungen und Kompromissen zu suchen. Denkbar wäre hierbei ein Sonderurlaub von bis zu vier Wochen. Der Mitarbeiter bleibt sozialversichert, ist nur eine begrenzte Zeit abwesend, bekommt aber kein Gehalt. Kombiniert mit seinem gesamten Jahresurlaub, kommt für ihn so immerhin eine circa zweimonatige Auszeit zustande.


Michaela Theresia Schwarz, Apothekerin, PTA, DAZ-Autorin
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Traumwelt für wen?

von Karl Friedrich Müller am 07.07.2023 um 15:55 Uhr

Es wäre auch mal schön, wenn der Inhaber und Apothekenleiter, vulgo Chef, die gleichen Freiheiten hätte. Den letzten beißen die Hunde.,
Aber der hat kein Privatleben (zu haben) oder flexibel frei.

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