Gastkommentar von ABDA-Präsidentin Overwiening

Ein Jahr pharmazeutische Dienstleistungen: Wo stehen wir?

08.06.2023, 17:30 Uhr

ABDA-Präsidentin Overwiening ruft die Apotheken auf, die pharmazeutischen Dienstleistungen weiter zu pushen. (Foto: ABDA)

ABDA-Präsidentin Overwiening ruft die Apotheken auf, die pharmazeutischen Dienstleistungen weiter zu pushen. (Foto: ABDA)


Am 10. Juni feiern die pharmazeutischen Dienstleistungen ihren ersten Geburtstag: Dann jährt sich die Entscheidung der Schiedsstelle zu dem neuen Angebot der Apotheken erstmals. In einem DAZ-Gastkommentar wagt ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening jetzt eine Standortbestimmung.

Die pharmazeutischen Dienstleistungen sind nun seit rund einem Jahr Teil der Versorgungspraxis. Mit ihnen haben die Apotheken die Option, mit ihrer pharmazeutischen Expertise die Versorgung ihrer Patientinnen und Patienten zu verbessern. Mit den zum Teil sehr komplexen Leistungen hat jede Apothekenleiterin, jeder Apothekenleiter die Möglichkeit, seine oder ihre Patientinnen und Patienten effektiver, sicherer und damit noch deutlich besser zu versorgen und den Mitarbeitenden einen pharmazeutisch interessanteren Berufsalltag zu ermöglichen. Deshalb fordere ich alle Apothekenteams auf: Bieten Sie die pharmazeutischen Dienstleistungen an!

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Am 10. Juni 2022 stand die Entscheidung der Schiedsstelle – und die ersten fünf honorierten pharmazeutischen Dienstleistungen erblickten das Licht der Welt. Der Schiedsspruch war das Ergebnis eines langen Prozesses, der mehr als ein Jahrzehnt zuvor von der ABDA angestoßen wurde. Darauf können wir stolz sein! Das besondere an diesen Dienstleistungen ist, dass es die ersten Leistungen sind, die die Apotheken zulasten der GKV selbst auslösen können. Ein Quantensprung für unseren Heilberuf! Hier liegt die Entscheidungskompetenz zurecht bei uns!

Wir wollen!

Beim Deutschen Apothekertag 2022 stellte die ABDA eine Blitzumfrage vor: Kurz nach der Einführung der pharmazeutischen Dienstleistungen waren schon viele Apotheken hoch motiviert, diese anzubieten, waren aber oft noch mit den Vorbereitungen beschäftigt. Die zentrale Botschaft schon damals: Wir wollen!

Wie jedes neue Projekt müssen auch die pharmazeutischen Dienstleistungen stetig wachsen – und gepflegt werden. Heute, ein Jahr später, kann ich stolz sagen: Sie wachsen stetig. Dafür danke ich allen Apothekenteams. Wir bieten auf der ABDA-Homepage umfassende und barrierefrei zugängliche Informationen und Hilfestellungen wie auch Lehrvideos an. Zusätzlich gibt es Info-Veranstaltungen online und vor Ort. Alle Angebote werden fleißig genutzt. Das Interesse der Apothekenteams an den Dienstleistungen ist riesig, immer mehr Apotheken bieten sie aktiv an.

Dienstleistungen nicht anzubieten, wäre unterlassene Hilfeleistung

Ich bin überzeugt: Die pharmazeutischen Dienstleistungen nicht anzubieten, käme einer unterlassenen Hilfeleistung gleich. Das sehen unsere Apothekenteams im Wohle ihrer Patientinnen und Patienten ebenso und erkennen die große Erfolgschance für die Apotheken. Selbstredend erleben wir auch Anlaufschwierigkeiten. Die Belastungen der Apotheken sind derzeit groß: Die Bewältigung von Lieferengpässen frisst viel Zeit und Energie, der Personalmangel kommt hinzu. 

Aus Gesprächen mit Studierenden und jungen Apothekerinnen und Apothekern weiß ich: Unser Berufsnachwuchs will die pharmazeutischen Dienstleistungen und setzt sich mit größtem Engagement für mehr Pharmazie ein. Die pharmazeutischen Dienstleistungen machen die Apotheke zu einem attraktiveren Arbeitsplatz. In Zeiten des Fachkräftemangels haben junge Berufstätige die freie Auswahl unter vielen Arbeitgebern. Deshalb werden vor allem die Apotheken eine langfristige Perspektive haben, die sich noch deutlicher pharmazeutisch ausrichten und die Dienstleistungen anbieten.

Budget wird noch nicht ausgeschöpft

Die Abrechnungszahlen des Nacht- und Notdienstfonds zu den Dienstleistungen zeigen: Es ist noch Luft nach oben. Das Budget der 150 Millionen Euro pro Jahr wird noch nicht ausgeschöpft. Das muss sich ändern! Wenn Sie noch keine Dienstleistungen anbieten: Steigen Sie jetzt ein!

Die ABDA arbeitet derzeit auch daran, die Nachfrage der Patientinnen und Patienten zu steigern. Im Juni werden wir Anzeigen schalten in auflagenstarken Publikumsmedien und die Dienstleistungen auch in den Fokus der Presse- und Kampagnenarbeit rücken. Das ist parallel zu unseren Protestaktionen eine Herausforderung. Wir werden über die Öffentlichkeitsarbeit Patientinnen und Patienten motivieren, in der Apotheke vor Ort nach den Dienstleistungen zu fragen. Meine Bitte an jedes Apothekenteam: Ergreifen Sie diese Chance! Tragen Sie dazu bei, dass Ihre Patientinnen und Patienten von den pharmazeutischen Dienstleistungen profitieren und die pharmazeutischen Dienstleistungen auch für die Apotheke vor Ort langfristig erfolgreich sind.


Gabriele Regina Overwiening, ABDA-Präsidentin
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

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Es ist eigentlich logisch, dass gerade die jüngeren Generationen, grob diejenigen, die KliPha in der Uni hatten, nach PDL schreien. Ursache ist aber nicht die Möglichkeit "Leben zu retten" bzw wie es hier heißt "Unterlassene Hilfeleistung zu unterlassen", sondern wenn wir uns mal ganz ehrlich machen ist die Ursache eine tiefe Störung unseres beruflichen Selbstbewusstseins. Wir schämen uns nämlich für die Abgabe einer kaufmännisch erworbenen Packung ein Honorar zu bekommen. Ibabam Pfui. Deswegen wollen wir so dringend da weg. Doch was wir gerne vergessen: Wir haben uns unsere berufliche Darseinsberechtigung nie eigenständig erworben - wir wurden zur Sicherstellung der Arzneimittelversorgung beauftragt - von der Solidargemeinschaft, weil schlaue Menschen beschlossen haben, dass es einen Fachhandel für Arzneimittel geben soll, möglichst geführt von Leuten, die sich mit dem was sie verkaufen auch etwas auskennen. Soweit so gut. Doch nun beauftragen wir uns selbst, weil wir uns wichtig fühlen wollen, endlich das anwenden möchten, was wir so mühelvoll in der UNI gelernt haben. Aber sind die PDL ein volksgesundlicher Gamechanger? ARMIN ist da eher skeptisch und ATHINA auch. Aber sagen wir mal PDL bringen dem Patienten einen leichten Zusatznutzen. Ich kassiere 90€ für 3-4 Stunden inclusive 2-3 Terminen mit dem Patienten für Hochleistungspharmazie, denn weise Kollegen sagen mir ja, dieses Geld läge einfach so auf der Straße.... Nun mir stellt sich die Huhn/Ei Frage. Was war zuerst? Die Hartgeldnutte oder der zecheprellende Freier? Will sagen eh man sich versieht, hat man sich selbst prostituiert und die Hochleistungspharmazie wird in der Zukunft von uns als Pflichtleistung verlangt (das mit der unterlassenen Hilfeleistung führt ja in die Richtung), aber eben für ein in Stein gemeißeltes winziges Honorärchen. Die PDL-Enthusiasten würden es - so bin ich sicher - auch für 50 Cent tun - Hauptsache ist wie gesagt, dass das Geld auf der Straße liegt. Damit der Apotheker das machen kann, was ihm das liebste, ja heiligste ist: sich bücken!

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