Vitamine

Folsäure – nicht nur für das ungeborene Kind

Münchingen - 02.06.2022, 17:50 Uhr

Folsäure wird auch als Vitamin B9 bezeichnet. (s / Foto: Gowtham / AdobeStock) 

Folsäure wird auch als Vitamin B9 bezeichnet. (s / Foto: Gowtham / AdobeStock) 


Welche Teamarbeit leisten Folsäure und Vitamin B12? 

Über die Nahrung nehmen wir die essenzielle Aminosäure Methionin auf. Methionin wird im Körper Homocystein, es entsteht Homocystein. Ein Zuviel an Homocystein kann Gefäßwände schädigen und gilt daher als Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen. Der Körper befreit sich selbst von zu viel Homocystein, indem er dem Molekül die Methylgruppe wieder anhängt. An diesem biochemischen Schritt sind Vitamin B12 und der im Körper aktive Folsäure-Metabolit 5-Methyl-THF entscheidend beteiligt. 

5-Methyl-THF stellt die notwendige Methylgruppe zur Verfügung, kann sie jedoch nicht direkt übertragen, sondern braucht dazu als Helfer das Vitamin B12. Dieses übernimmt die Methylgruppe, hängt es dem Homocystein an und verwandelt es damit zurück in Methionin. Das von der Methylgruppe befreite 5-Methyl-THF wird zu THF.  

Besteht im Körper ein Vitamin-B12-Mangel, so kann diese Umwandlung nicht stattfinden. Stattdessen kommt es zu einer Anhäufung von 5-Methyl-THF, während die Verfügbarkeit freier THF sinkt. Dieses Phänomen wird als „Methyl-Falle“ bezeichnet. Es erklärt, warum ein Vitamin-B12-Mangel die gleichen Beeinträchtigungen bei der Blutbildung zur Folge haben kann wie ein Folatmangel.

Folsäure als Stimmungsaufheller? 

Ein Zuviel an Homocystein begünstigt nicht nur unerwünschte kardiovaskuläre Ereignisse, sondern kann auch Nervenzellen schädigen, was die Entwicklung von Depressionen fördern kann. Außerdem vermindert ein Folsäuremangel (Serumwerte, die niedriger liegen als 3,5 ng/ml) die Neurotransmitter-Synthese, was zur Folge hat, dass im ZNS weniger Serotonin zur Verfügung steht.

Damit sinkt auch das Ansprechen einer Therapie mit selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI). Deshalb sollte unter einer SSRI-Therapie, am besten gleich bei der Diagnose, der Folsäure- und auch der Vitamin B12-Status sowie der Homocystein-Plasmaspiegel bestimmt werden. Bei Vorliegen einer Mangelsituation kann die regelmäßige Gabe von Folsäure und Vitamin B12  die Ansprechrate von SSRI erhöhen.



Reinhild Berger, Apothekerin
redaktion@daz.online


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