NDR-Fernsehbeitrag, IGES-Studie und Forderungen des Virchowbundes

Finanzinvestoren kaufen immer mehr Arztpraxen

Süsel - 12.04.2022, 10:45 Uhr

Eingangs- und Wartebereich einer modernen Arztpraxis (Foto: photowahn / AdobeStock)

Eingangs- und Wartebereich einer modernen Arztpraxis (Foto: photowahn / AdobeStock)


Neues IGES-Gutachten für die KV Bayern

Weiteres Material für die Diskussion bietet ein Gutachten des IGES-Instituts vom Dezember 2021 im Auftrag der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) über „Versorgungsanalysen zu MVZ im Bereich der KV Bayerns“. 

Darin geht es um die Frage, ob systematische Unterschiede im Leistungs- und Versorgungsgeschehen zwischen MVZ und anderen Praxisformen zu finden sind, die eine stärker ökonomisch getriebene Vorgehensweise der MVZ nahelegen. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf MVZ gerichtet, die im Eigentum von Private-Equity-Gesellschaften stehen (PEG-MVZ). 

Gemäß der Studie haben MVZ in Bayern bei mehreren Facharztgruppen, beispielsweise bei fachärztlichen Internisten und Orthopäden, bereits eine erhebliche Versorgungsrelevanz. In der Studie wird untersucht, ob bei vergleichbaren soziodemografischen Merkmalen der Patienten und vergleichbarer Morbidität in MVZ höhere Honorarvolumina als in anderen Praxisformen abgerechnet wurden. 

Für verschiedene Fachrichtungen ergibt sich dabei ein uneinheitliches Bild. Im Mittel würden die MVZ morbiditätsbereinigt 5,7 Prozent mehr Honorar pro Fall als Einzelpraxen abrechnen, wobei der Anstieg auf Gynäkologen, Augenärzte und Internisten zurückzuführen sei. Bei den PEG-MVZ läge das Honorar pro Fall sogar um 10,4 Prozent über dem Vergleichswert für Einzelpraxen. Auch die Gesamtbehandlungskosten pro Patient seien höher, wenn der Hausarzt in einem MVZ tätig sei. 

Diese Betrachtung zielt auf das Überweisungsverhalten. Insgesamt kommt das Gutachten zu dem Schluss, dass eine Versorgung im MVZ „höhere Honorarumsätze nach sich zieht, was die These einer stärkeren Ausrichtung an ökonomischen Motiven stützt“.

Investoren auch bei Zahnärzten und Tierärzten

In dieser Debatte hatten bisher die Zahnärzte im Mittelpunkt gestanden. Wegen der investorengeführten MVZ warnt die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung schon länger vor einem „zerstörerischen Systemumbau“ mit Versorgungsengpässen in strukturschwachen Gebieten. Außerdem dehnen sich Tierarztketten aus, zumal dort kaum regulatorische Hürden bestehen. 

Bei Tierkliniken und Tierarztpraxen treten die Kettenbetreiber offen nach außen auf. Aus der Entwicklung bei den Ärzten ergibt sich die für Apotheken beachtenswerte Erkenntnis, dass offenbar die kleinste Lücke im Fremdbesitzverbot ausreicht, um dieses Prinzip auszuhöhlen.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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