Neue Leitlinie

Migräne-Antikörper können auch bei Schmerzmittel-Übergebrauch helfen

Stuttgart - 06.04.2022, 07:00 Uhr

Bei Patient:innen mit Migräne und Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln soll nach Aufklärung auch eine medikamentöse Prophylaxe initiiert werden. (c / Symbolfoto: Maridav / AdobeStock)

Bei Patient:innen mit Migräne und Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln soll nach Aufklärung auch eine medikamentöse Prophylaxe initiiert werden. (c / Symbolfoto: Maridav / AdobeStock)


Keine Studien zu Betablocker, Flunarizin und Amitriptylin

In der neuen Leitlinie heißt es nun, dass die prophylaktische Wirkung trotz fortbestehendem Medikamentenübergebrauch für Topiramat, Onabotulinumtoxin A, Erenumab, Galcanezumab, Fremanezumab und Eptinezumab gezeigt wurde. Speziell die monoklonalen Antikörper gegen CGRP (Eptinezumab, Fremanezumab, Galcanezumab) und gegen den CGRP-Rezeptor (Erenumab) sind laut Leitlinie bei Patienten mit chronischer, teilweise auch episodischer Migräne, mit und ohne MOH, in großen randomisierten placebokontrollierten Studien bezüglich ihrer prophylaktischen Wirksamkeit untersucht worden. In allen Studien sei die Verträglichkeit der monoklonalen CGRP-(Rezeptor-)Antikörper sehr gut gewesen. 

Eigentlich seien zwar Betablocker, Flunarizin und Amitriptylin bei hochfrequenter und chronischer Migräne die Prophylaxen der ersten Wahl. Valide Studien, ob zuvor eine Medikamentenpause bei MOH durchgeführt werden muss, bevor diese Arzneimittel eingesetzt werden, gebe es jedoch nicht. Die Empfehlung der Leitlinie zur medikamentösen Prophylaxe lautet wörtlich: 


Migränepatienten mit MOH, bei denen eine medikamentöse Prophylaxe mit Topiramat oder Onabotulinumtoxin A nicht wirksam ist, nicht vertragen wird oder kontraindiziert ist, sollten mit einem monoklonalen Antikörper gegen CGRP oder den CGRP-Rezeptor behandelt werden. Hierbei sind unabhängig von der Zulassung die aktuellen Vorgaben zur Erstattungsfähigkeit zu beachten.“

Leitlinie „Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln “, online seit: 05. April 2022


Als Sicherheitshinweis heißt es in der Leitlinie außerdem, dass der Einsatz der monoklonalen Antikörper unter folgenden Umständen nur im Einzelfall nach ausführlicher Abwägung von potenziellen Risiken und dem möglichen Nutzen erwogen werden soll: 

  • Schwangerschaft und Stillzeit, 
  • Subarachnoidalblutung, 
  • familiäre Aneurysmen, 
  • entzündliche Darmerkrankungen, 
  • Magen-Darm-Ulcera, 
  • Schlaganfall, 
  • TIA, 
  • koronare Herzkrankheit, 
  • schlecht kontrollierte Hypertonie, 
  • M. Raynaud, 
  • COPD, 
  • pulmonale Hypertension, 
  • Wundheilungsstörungen 
  • und Psoriasis.

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Die weltweite Prävalenz des MOH liegt laut Leitlinie zwischen 0,7 und 1 Prozent, wobei die Behandlung zu gesellschaftlichen Kosten führen soll, die dreimal höher sind als die der episodischen Migräne. Es lohnt sich also nicht nur für die Patient:innen, sondern auch wirtschaftlich, wenn der Arzneimittelübergebrauch beendet oder zumindest reduziert wird.

„Man spricht von MOH, wenn an über 15 Tagen pro Monat Kopfschmerzen auftreten und diese über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten mit einem oder mehreren Schmerzmedikamenten behandelt werden. Für Triptane ist die Einnahme an mehr als 10 Tagen im Monat zur Diagnosestellung Voraussetzung.“ 

(Quelle: DGN)



Deutsche Apotheker Zeitung / dm
redaktion@daz.online


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