Wirkstoff-Lexikon

Budesonid

01.10.2021, 09:15 Uhr

Budesonid (x / Quelle: DAZ)

Budesonid (x / Quelle: DAZ)


Jüngst erlangte der Wirkstoff Budesonid Aufmerksamkeit durch die Diskussion eines möglichen Off-Label-Einsatzesbei der COVID-19 Therapie. Auch wenn dessen Nutzen für diese Indikation noch nicht abschließend durch Studien2 belegt werden konnte, handelt es sich bei Budesonid um einen Wirkstoff, der schon seit geraumer Zeit bei anderen Indikationen zum Goldstandard zählt. 

Budesonid zählt zur Wirkstoffgruppe der synthetischen Glucocorticoide, deren Wirkung weitgehend lokal erfolgt. Es wirkt antientzündlich, antiallergisch, antiexsudativ und antiödematös. Eingesetzt wird Budesonid bei verschiedenen Indikationen in unterschiedlichen Darreichungsformen.

Eine wichtige Rolle spielt der Wirkstoff in der Therapie von Asthma. Hierbei wird das Glucocorticoid inhalativ angewendet und dient als sogenannter Controller zur Prophylaxe, indem es entzündliche Reaktionen vermindert. Der Einsatz zur Langzeittherapie erfolgt standardmäßig bereits ab Stufe zwei des Stufenschemas bei Asthma. Zum Einsatz kommt Budesonid dabei entweder in Form eines Pulverinhalats oder eines Dosieraerosols.

Auch bei COPD-Patient:innen findet das inhalative Glucocorticoid Budesonid Einsatz. Prinzipiell ist das Ansprechen bei COPD schlechter als bei Asthma. Der Einsatz von Budesonid oder anderen inhalativen Glucocorticoiden erfolgt daher erst bei Patient:innen in fortgeschrittenem Stadium (Gruppe C und Gruppe D im Therapiealgorithmus) und nur nach individuell nachgewiesenem Therapieeffekt, sowie nie als Monotherapie.

Budesonid-Nasensprays werden auch bei allergischer Rhinits angewendet. Budesonid wird hier wegen seines entzündungshemmenden Effekts auf die Nasenschleimhaut eingesetzt. Ebenso zählen Nasenpolypen zu den Indikationen eines Budesonid-Nasensprays.

Auch bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa und Morbus Crohn wird der Wirkstoff angewendet. Hierbei kommt Budesonid in Form von Klistieren, Rektalschäumen und Suppositorien zum Einsatz.

Darüber hinaus wird Budesonid in Form von Schmelztabletten zur Behandlung der eosinophilen Ösophagitis eingesetzt.

Wirkmechanismus

Budesonid zählt zur Gruppe der Glucocorticoide und weist einen hohen lokalen antientzündlichen Effekt auf. Wie auch alle anderen Glucocorticoide wirkt Budesonid durch die Bindung an Glucocorticoid-Rezeptoren, die im ganzen Körper verteilt vorkommen, unter anderem in den Bronchien und im Darm. Der Komplex aus Glucocorticoid und Rezeptor dissoziiert in den Zellkern und bindet dort an spezifische Regulationselemente in der DNA, was verschiedene Folgen hat.

Wirkmechanismus Budesonid (Quelle: DAZ)

Der immunsupprimierende Effekt des Budesonids beruht dabei zum einen auf der Beeinflussung zahlreicher Zelltypen, wie zum Beispiel Mastzellen, Granulozyten, Makrophagen und Lymphozyten, und zum anderen auf der verminderten Bildung und Wirkung von Zytokinen.

Der genaue Mechanismus von Budesonid ist jedoch sowohl bei der Behandlung von Patienten mit Asthma als auch bei jenen mit entzündlichen Darmerkrankungen noch nicht vollständig geklärt.

Pharmakokinetik

Die Pharmakokinetik von Budesonid ist abhängig von der Applikationsart. Bei Budesonid handelt es sich um eine Mischung aus zwei Epimeren, wobei die eine Form hinsichtlich der Affinität zum Rezeptor eine doppelt so hohe Wirksamkeit aufweist wie die andere.

Budesonid bindet in hohem Maß an Plasmaproteine und wird gut im Gewebe verteilt. Die systemische Verfügbarkeit liegt bei oraler Applikation bei etwa 10 Prozent. Die Metabolisierung erfolgt hauptsächlich über CYP3A4. Die Eliminationshalbwertszeit beträgt bei oraler Applikation circa drei bis vier Stunden.

Nebenwirkungen

Auch die Nebenwirkungen sind abhängig von der Applikationsart. Wird das Glucocorticoid oral, inhalativ oder nasal angewendet, sind systemische Nebenwirkungen eher selten.

Selbst wenn der Wirkstoff bei falscher Inhalationstechnik versehentlich verschluckt wird, ist die Bioverfügbarkeit aufgrund des relativ hohen First-Pass-Effekts gering und somit auch das systemische Nebenwirkungsrisiko. Im Mund- und Rachenraum hingegen kann Budesonid durch die lokale Immunsuppression zu oralen Candidosen führen. Dieses Risiko lässt sich jedoch minimieren, indem die Inhalation des Budesonids vor einer Mahlzeit erfolgt. Auch die mögliche Nebenwirkung einer auftretenden Heiserkeit kann so vermieden werden.

Zu den weiteren Nebenwirkungen, die insbesondere bei systemischer Anwendung auftreten, zählen beispielsweise Osteoporose, Suppression der Nebennierenrinde, ein erhöhtes Infektionsrisiko sowie das Cushing-Syndrom.

Eine weitere mögliche Nebenwirkung des Budesonids, die sowohl bei der systemischen als auch bei der topischen Anwendung auftreten kann, sind Sehstörungen. Wenn Patient:innen von Symptomen wie verschwommenes Sehen oder anderen Sehstörungen berichten, sollte diesen angeraten werden, einen Augenarzt aufzusuchen.

Wechselwirkungen (Auszug)

Da Budesonid in erster Linie über CYP3A4 verstoffwechselt wird, muss auf die gleichzeitige Einnahme von Inhibitoren sowie Induktoren dieses Enzyms geachtet werden. Inhibitoren dieses Enzyms, wie Ketoconazol, Cobicistat, Ritonavir, Clarithromycin sowie Ciclosporin, können die systemische Verfügbarkeit von Budesonid erhöhen. Eine gleichzeitige Anwendung ist deshalb zu vermeiden.

Auch bei gleichzeitiger Einnahme mit CYP3A4-Induktoren, wie beispielsweise Carbamazepin und Rifampicin, ist Vorsicht geboten, da diese die Verfügbarkeit von Budesonid verringern.

Darüber hinaus sind Wechselwirkungen mit Colestyramin und mit Antazida nicht ausgeschlossen.

Auch die gleichzeitige Einnahme von Östrogenen sowie von oralen Kontrazeptiva kann zu erhöhten Spiegeln und somit zu einer verstärkten Wirkung von Budesonid führen.

Kontraindikationen

Generell ist die Anwendung von Budesonid bei Überempfindlichkeit gegen diesen Wirkstoff kontraindiziert. Abhängig von der Applikationsform kann auch die Anwendung bei bestehenden Leberfunktionsstörungen wie zum Beispiel Leberzirrhose kontraindiziert sein.

Dosierung

Die Dosierung von Budesonid richtet sich nach der Darreichungsform sowie dem Anwendungsgebiet und ist je nach Indikation auch individuell anzupassen.

Insbesondere bei inhalativer Applikation spielt die richtige Handhabung des Inhalationsgeräts eine zentrale Rolle beim Therapieerfolg und sollte daher mit den Patient:innen geübt werden. Hierfür stehen von den jeweiligen Herstellern meist gute Schulungsmaterialien zur Verfügung. Eine Übersicht über die Anwendung verschiedener Inhalationsgeräte und anschauliche Videos zur Anwendung bietet die Homepage der Deutschen Atemwegsliga.

Schwangerschaft und Stillzeit

Budesonid darf laut Embryotox auch in der Schwangerschaft eingesetzt werden – sowohl inhalativ im Rahmen einer Asthmatherapie als auch in Form eines Nasensprays bei allergischer Rhinitis sowie oral bzw. rektal zur Behandlung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen.

Zur Anwendung in der Stillzeit liegen derzeit publizierte Erfahrungen von acht Mutter-Kind-Paaren vor. Der Serumspiegel der gestillten Säuglinge lag nach inhalativer Budesonid-Therapie der Mutter unter der Nachweisgrenze. Laut Embryotox kann Budesonid daher in der Stillzeit inhalativ, nasal, rektal und oral angewendet werden.


Annika Piepenburg, Apothekerin
redaktion@daz.online


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