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Metoprololsuccinat AL riecht komisch – warum?

Stuttgart - 31.08.2021, 16:45 Uhr

Woran liegt es, dass Metoprololsuccinat AL 95 mg Retardtabletten neuerdings teilweise komisch riechen? (Foto: Aliud)

Woran liegt es, dass Metoprololsuccinat AL 95 mg Retardtabletten neuerdings teilweise komisch riechen? (Foto: Aliud)


Die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker berichtet über einen „unangenehmen Geruch“ von mehreren Chargen Metoprololsuccinat Retardtabletten. Vor allem die Stärke mit 95 mg der Firma Al soll betroffen sein. Nun fürchtet die AMK, dass Patient:innen wegen des komischen Geruchs ihre Tabletten absetzen könnten. Woher könnte der Geruch kommen?

Zwischen 2013 und 2020 erreichte die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) gerade einmal eine Meldung, dass Metoprololsuccinat Al 95 mg auffällig rieche. Seit Mai dieses Jahres steigt die Zahl dieser Meldungen jedoch „stark“, heißt es nun bei der AMK: 17 Apotheken meldeten 18 Fälle unangenehmen Geruchs, aber auch über damit im Zusammenhang beobachtete Nebenwirkungen bei Patienten. In der überwiegenden Zahl der Fälle (17) betraf dies den Betablocker von Aliud in der Stärke von 95 mg. Der Geruch sei stets direkt nach Ausblistern einer Tablette aufgetreten. Die Tabletten rochen „chemisch, ranzig, cannabis- oder knoblauchartig“ sowie unspezifisch „unangenehm“. Die berichteten Nebenwirkungen umfassten unter anderem Übelkeit, Schwindel, eigenmächtiges Absetzen sowie erhöhten Blutdruck. Seit Juni ist die Zahl der Meldungen weiter deutlich gestiegen und es kamen bis zum 30. August 2021 nun weitere 36 Meldungen zu diesem Sachverhalt hinzu. Die AMK räumt ein, die Bearbeitung dieser Fälle noch nicht abgeschlossen zu haben.

Herstellerseitiges Problem wahrscheinlich

„Die Wahrnehmung des Geruchs ist subjektiv und wird durch das Alter (z. B. bitter-süß-Wahrnehmung bei Kindern), Erfahrungswerte sowie die genetische Disposition der Geschmacksknospen beeinflusst“, erklärt die AMK. Auch Arzneistoffe könnten den Geruchs- und Geschmackssinn beeinflussen oder wiesen selbst einen charakteristischen Geruch auf (z. B. Biguanide oder viele Antibiotika). Der AMK scheint im Falle des Metoprololsuccinats ein „herstellerseitiges Problem als Ursache wahrscheinlich“, da bei Herstellerwechsel kein auffälliger Geruch beobachtet wurde. Gleichzeitig betont die AMK auch, dass ein „unangenehmer Geruch oder Geschmack“ nicht „zwingend auf einen Qualitätsmangel eines Arzneimittels hinweisen“ müsse, auch wenn den Patienten der veränderte Geruch/ Geschmack im Vergleich zu früheren Chargen auffiel.

ZL bestätigt sonderbaren Geruch

Auch das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker e. V. (ZL) bestätigt den unangenehmen Geruch, nachdem es im genannten Zeitraum Muster aus drei der neun gemeldeten Chargen untersucht hatte. „Die Geruchsprüfung nach Ph. Eur. 2.3.4 ergab in allen Fällen auch nach 15 Minuten einen deutlich wahrnehmbaren Geruch der Retardtabletten im Vergleich zum entleerten Aluminium/Aluminium-Blister“, schreibt die AMK.

Kunststoffanteil der Blisterfolie

Allerdings hatte auch der Hersteller die Bulkchargen überprüft und konnte hier keinen vergleichbaren Geruch wie in den verblisterten Tabletten feststellen. „Als mögliche Ursache wird die Kunststoff-Aluminium-Formfolie für die Verblisterung genannt, da diese bei allen betroffenen Chargen des Fertigarzneimittels identisch ist“, lautet nun die Erklärung. Ein sensorischer Test des Folienherstellers habe ergeben, dass der Geruch vom Kunststoffanteil der Folie ausgeht. Und weiter: „Es wird vermutet, dass die aus der Folie freigesetzten Geruchsmoleküle von der mikrokristallinen Cellulose, einem Hauptbestandteil der Retardtabletten, angenommen wird“. Das könnte erklären, warum der Geruch auch nach der Entnahme von den Tabletten ausgeht.

Unangenehme Gerüche melden

Die AMK bittet daher Apotheker:innen Patienten und Patientinnen, die einen unangenehmen Geruch bei Metoprololsuccinat 95 mg Retardtabletten der Firma AL beklagen, angemessen zu beraten und auf die Risiken, die von einem eigenmächtigen Absetzen ausgehen können, hinzuweisen. Wenn ein „Auslüften“ der Tablette nach dem Ausblistern oder die Einnahme zum Essen nicht zur Besserung der Einnahmetreue beitragen, sollte eine engmaschige Blutduckkontrolle und ein Herstellerwechsel erwogen werden. Zu diesem Zweck sind gegebenenfalls pharmazeutische Bedenken mit dem Hinweis „Geruch/Non-Adhärenz“ geltend zu machen.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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