Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

20.06.2021, 07:45 Uhr

Es ist schon ein starkes Stück, wie Spahn mit uns Apothekers umgeht... (Foto: Alex Schelbert)

Es ist schon ein starkes Stück, wie Spahn mit uns Apothekers umgeht... (Foto: Alex Schelbert)


17. Juni 2021

Die DocMorris-Mutter Zur Rose tanzt vor Freude und ist außer sich vor Glück: Die Einführung des E-Rezepts ist die Chance für eine massive Marktoffensive, eine Gelegenheit, die sich nur „einmal im Leben“ biete, es ist die einmalige Chance, um der Arzneimittelversorgung über eine Online-Plattform zum Durchbruch und damit Zur Rose zu einer herausragenden Marktstellung zu verhelfen. Mein Gott, ich kann es kaum fassen, mein liebes Tagebuch, so viel überschäumende Freude, die Zur Rose da auf einer Veranstaltung für Kapitalanlageorganisationen und die Finanzpresse versprühte. Freude, die darin gipfelt, dass sich das Unternehmen sogar mit Google, Netflix, Amazon und Zalando vergleicht. Ja, mein liebes Tagebuch, dann haben wir doch nichts dagegen, wenn Amazon-Chef Jeff Bezos, der bekanntlich gerne mal zum Mond fliegen würde, beim Zur Rose-Chef Walter Oberhänsli anfragt, ob er nicht mitkommen möchte. Nun ja, bleiben wir auf dem Boden: Die Zur-Rose-Gruppe sieht ihre 9,8 Millionen OTC-Kunden jedenfalls als Ausgangsbasis für eine deutschlandweite Marketingkampagne, war auf der Veranstaltung zu vernehmen. Die Zur-Rose-Vision in etwa: Jeder soll seine Gesundheit mit nur einem Klick managen können, will heißen: Das Unternehmen ist nicht nur Arzneiversender, sondern bietet auch Telemedizin, Online-Pharmazie und hat Kooperationspartner wie Novo Nordisk mit im Boot. Zur Rose setzt voll aufs E-Rezept, es sei entscheidend, um die mittelfristigen Finanzziele zu erreichen und rechnet vor: Der Deckungsbeitrag betrage bei Papierrezepten 9 Prozent, bei E-Rezepten aber 14 Prozent vom Umsatz. Und man erwarte einen Marktanteil am Rx-Versand in Deutschland von etwa 10 Prozent, klar, mit Potenzial nach oben. Na, mein liebes Tagebuch, welch glorreiche Aussichten sich Zur Rose erträumt. Müssen wir uns in unseren kleinen deutschen Apotheken warm anziehen? Kriegt der Deutsche Apothekerverband da Muffensausen angesichts seines kleinen Portals, das gerade in die Knie gegangen ist? Und welche Freude versprüht die ABDA nicht nur bei uns Apothekers, sondern auch in der Bevölkerung übers E-Rezept und seine ungeahnten Möglichkeiten? Nein im Ernst, mein liebes Tagebuch, wir kennen sie, die vollmundigen Zur-Rose-Sprüche – und da fallen uns die alten Sprichworte ein: Übermut tut selten gut und Hochmut kommt vor dem Fall. Und so manche Großspurigkeit von Unternehmen endete in den vergangenen Jahren in der Pleite.

 

Nun kommt sie doch nicht so schnell, die neue Coronavirus-Testverordnung. Bremser sind nicht die Apotheken, die mit der auf 12,50 Euro reduzierten Vergütung kaum zurechtkommen und die  Spahn auf die Stufe von sonstigen „Dritte“ stellt, deren Zuverlässigkeit erst überprüft werden müsse. Bremser ist die Kassenärztliche Bundesvereinigung, die sagt, der Entwurf der neuen Testverordnung verlange Unmögliches von den Kassenärztlichen Vereinigungen (Abrechnungen der Teststellen prüfen und das Geld auszahlen). Das Kabinett wird sich nun erst am kommenden Mittwoch mit einer wohl überarbeiteten Verordnung befassen. Mal sehen, was dabei herauskommt.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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7 Kommentare

Honorarkürzung

von Stefan Meinhardt am 20.06.2021 um 23:25 Uhr

Bei der Aufzählung der unlauteren Maßnahmen des BMG wir vergessen, dass er das gleiche Spiel auch bei der Erstattung der Impfstoffe macht. Ich verstehe hier auch nicht, wo der Aufwand für die Apotheken geringer wurde, die Erstattung wird und wurde wieder gekürzt

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.

von Anita Peter am 20.06.2021 um 16:49 Uhr

Wer kontrolliert bei den aktuellen Temperaturen eigentlich den Versand? Die Bundesregierung wollte hier doch ganz genau hinschauen. Wenn Herr Hennrich mit dem Beobachten des AVP Skandals fertig ist, könnte er hier nahtlos in die nächste Beaobachtung übergehen. ( Etwaiges konsequentes Handeln erwartet natürlich keiner )

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Betriebswirtschaftliche Lösung?

von Christiane Patzelt am 20.06.2021 um 16:40 Uhr

Ich erhalte vom BMG 6€ für das Impfzertifikat und die restlichen 12€ zahlt der Patient. Wird nicht jeder prall finden, aber wenn es meinem Betrieb nicht gut geht, hat auch keiner was gewonnen. Dafür gibt es dann begleitetes App-Installieren und Nachkontrolle kostenlos.

Da das Testen eingestellt wurde, freue ich mich auf einen schönen pharmazeutischen Sommer und finde es toll, dass so viele Menschen in Deutschland erleben (durften), was die alte Tante Apotheke so alles flink auf die Beine stellen konnte. Ich für meinen Teil nehme das als Pfund mit, was in künftigen (politischen) Diskussionen was wiegen darf. Sehr viele Kollegen und Kolleginnen haben gezeigt, warum kleine Strukturen wie die Apotheke in Deutschland einen riesen Vorteil bietet -- wir sind affenzahnschnell. Während DM im März etwas von Testzentren brabbelte, hatten wir seit Dezember schon Stäbchen in anderer Leute Nasen. JETZT baut DM Testzentren auf, wo wir unsere schließen wg beschissener Bezahlung - und das finde ich auch ganz konsequent richtig so! Wir haben unseren Preis und den sollten wir auch möglichst halten, denn sonst leidet die Qualität, die Schnelligkeit oder die Zuverlässigkeit. Denn wir können nicht gleichzeitig billig, zuverlässig und schnell sein. Eines der 3 Kriterien tritt immer ins Hintertreffen.

Und Herr Spahn ist bald Geschichte und dann kommt die nächste Nase, die uns das Leben schwer macht, von daher -- lassen wir ihn ziehen. Immerhin brachte er mehr Menschen wieder in die Apotheke vor Ort als ne Nackttänzerin mit Federboa im Schaufenster.

PS: Hört mal auf, kostenlose Kalender zu verteilen, macht der Arzt auch nicht.

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AW: Betriebswirtschaftliche Lösung

von Conny am 20.06.2021 um 17:35 Uhr

Werde meine Nichte mal für die Zukunft fragen, gar nicht so schlecht die Idee mit der Nackttänzerin

Preisfindung

von Lutz Engelen am 20.06.2021 um 15:00 Uhr

Ich benötigte in der letzten Zeit ein Zertifikat der Städteregion Aachen . Dieses war mit einer Rechnung über 15.-€ versehen . Hier wird ein Betrag für eine aus Steuermitteln finanzierte Dienstleistung erhoben und von uns allen akzeptiert. Solange aber viele Kolleginnen und Kollegen der Meinung sind, dass 6.-€ für zusätzliche Dienstleistung für einen heilberuflichen Betrieb ausreichend sind , weil der Image-Gewinn nicht zu verachten ist, macht Politik mit uns was sie will. Es fehlt an Einigkeit , Kollegialität und an einer Führungsperson, die genau das bewirkt.

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Kein Boykott

von Radman am 20.06.2021 um 9:26 Uhr

Die Gewinner unseres Widerstandes wären die Sozis und die Grünen. Ob wir das so wollen, vage ich zu bezweifeln. Klar, muss man protestieren, aber drohen mit Boykott der Impfzertifikate oder „Tacheles reden“, halte ich z. Z. für nicht zielführend. Außerdem sind wir wirklich nicht in der Lage „Tacheles“ zu reden. Das haben wir beim letzten DAT bewiesen. Übrigens: Frau Overwiening war damals auch da!. Also; lassen Sie uns bitte die letzten 2 Monaten vor der Wahl durchhalten.

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AW: Kein Boykott

von Karl Friedrich Müller am 20.06.2021 um 12:12 Uhr

So wie es aussieht, wird sich nichts ändern. Also nur zum Nochschlimmeren. Weil mit Laschet Spahn bleibt.
Bleibt die Frage, ob man sich ernsthaft mit Spahn anlegen will. Noch mehr hassen kann er uns eigentlich nicht. Vielleicht hasst er uns auch nicht, nur mag der halt DocMorris und macht alles für den Konzern.
Wir dürfen nur die Kastanien für ihn aus dem Feuer holen. Dankbarkeit kennt er nicht. Im Gegenteil, wenn es die öffentliche Meinung verlangt, tritt er uns.
Freunde kann der Mann nicht haben. Loyal ist er nur zu sich selbst. Es ist schon erschreckend, mit welchen Charakterzügen man Politiker sein kann und darf, dazu auch noch an der Spitze.

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