Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

20.06.2021, 07:45 Uhr

Es ist schon ein starkes Stück, wie Spahn mit uns Apothekers umgeht... (Foto: Alex Schelbert)

Es ist schon ein starkes Stück, wie Spahn mit uns Apothekers umgeht... (Foto: Alex Schelbert)


16. Juni 2021

Mein liebes Tagebuch, irgendwie haben wir es schon erwartet: Es ist die übliche Spahnsche Masche, das gekürzte Maskenhonorar und die Coronatestvergütung lassen grüßen. Zuerst werden die Apotheken geködert, sie bauen notwendige Infrastrukuren auf und dann heißt es, danke und sorry, liebe Apotheken, aber eure Dienstleistungen sind mir doch zu teuer. Ministeriale Verlässlichkeit sieht anders aus. Und so verkauft er die nachträgliche Senkung des Honorars: Die höhere Vergütung zu Beginn sollte dazu dienen, die Anlaufkosten etwa für Schulungen, IT und Registrierung zu finanzieren, was auch gelungen sei. Mein liebes Tagebuch, was ist das für ein Umgang miteinander? Man kann sich dazu ein breites höhnisches Grinsen unseres Bundesgesundheitsministers so richtig vorstellen. Mein liebes Tagebuch, ob die Honorarkürzung von Anfang an geplant war? Oder geschah sie auf Druck und wird sie uns nun mit einer Anschubfinanzierung verkauft, die in eine Regelvergütung übergeht? Wie auch immer, wir werden nie erfahren, was hier wirklich gelaufen ist. Was wir allerdings sehen: Der Umgang des Ministeriums mit den Apotheken, die Wertschätzung der Arbeit von Apothekerinnen und Apothekern, PTA und PKA ist mehr als gering. Das zerstört Vertrauen!

 

So macht auch die ABDA ihrem Ärger über die geplante Absenkung des Honorars für die Ausstellung der Impfnachweise Luft: Die Apothekerinnen und Apotheker sind verärgert  und verlieren Vertrauen in die Berliner Politik, lässt ABDA-Präsidentin Gabriele Overwiening den Bundesgesundheitsminister wissen. Und sie fügt hinzu, dass dadurch „die Bereitschaft sinkt, auch in Zukunft zusätzliche problemlösende Aufgaben zu übernehmen“. Mein liebes Tagebuch, die gekürzten Honorare sind das eine, aber was wirklich schmerzt, ist die Missachtung der Arbeit in den Apotheken – und dass wir (das passende Wort verkneife ich mir hier) für dumm verkauft werden. 

Klaus Michels, Chef des.Apothekerverbands Westfalen-Lippe, ist mit der angekündigten Honorarkürzung das Fass übergelaufen. Schon jetzt sei unter den aktuellen Bedingungen das Ausstellen der Zertifikate für die Apotheken nicht wirtschaftlich. Unter den derzeitigen technischen Bedingungen erfordere jeder erfolgreich ausgestellte Impfnachweis ungefähr 30 Minuten, „dann sind 18 Euro schon eine Unverschämtheit“, so Michels, es sei an der Zeit, Spahn ein paar Takte zu sagen. Michels ist auch überzeugt: „Der Wahlkampf wird auf dem Rücken der Apotheken vor Ort und damit letztlich auch der Patienten ausgetragen.“ Auch Nordrheins Kammerpräsident Armin Hoffmann macht seiner Verärgerung über Spahns „Hüh und hott in vielen Bereichen“ Luft: „Das kann so nicht weitergehen, wir brauchen verlässliche Rahmenbedingungen.“ Und Holger Seyfahrt, Chef des Hessischen Apothekerverbands, nennt das Spahnsche Vorgehen „ungeheuerlich“. Alles richtig, mein liebes Tagebuch, fragt sich nur, ob es reicht, seinem Ärger nach innen Luft zu machen, und ob dieser Protest im BMG ankommt, ob Spahn ihn ernst nimmt.  Auch ABDA-Präsidentin Overwiening nannte Spahns Vorstoß zwar eine „heftige Sache“ und kündigte an, dass sich die ABDA „deutlich dagegen positionieren“ werde. Und sie wolle noch ausloten, wie weit man gehen wolle: „Ich kann Spahn natürlich sagen: Wenn die Vergütung gekürzt wird, fordere ich die Apothekerschaft auf, keine digitalen Impfzertifikate mehr auszustellen.“ Ja, mein liebes Tagebuch, das könnte sie, aber ob sie es auch tut? Wohl kaum, es wäre in dieser Form auch nicht ratsam, denn – und da schwingt das perfide Vorgehen Spahns mit – in der Öffentlichkeit fiele so ein Ungehorsam auf uns Apothekers zurück: Apotheken zocken ab (Maskenpreise!), Apotheken sind Krisengewinnler mit Rekordumsätzen (unser Wirtschaftsbericht!) und wir stehen als die Raffkes da. Hat der Minister uns in der Hand? Mein liebes Tagebuch, nicht ganz, denn ganz so wehrlos sind wir doch nicht – unser Bundesgesundheitsminister ist nicht unumstritten, auch Spahn braucht Erfolge, zumal er den digitalen Impfpass so überschwenglich angekündigt hat. Und ihm dürfte schon klar sein: Ohne Apotheken wird das nichts, er braucht uns. Also, dann sollte die ABDA – ohne zu drohen – schon mal Tacheles mit ihm reden, Flötentöne hört er nicht. Und ganz klar, künftig nur noch 6 Euro fürs Zertifikatausstellen ist zu wenig – da muss ein Kompromiss her.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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7 Kommentare

Honorarkürzung

von Stefan Meinhardt am 20.06.2021 um 23:25 Uhr

Bei der Aufzählung der unlauteren Maßnahmen des BMG wir vergessen, dass er das gleiche Spiel auch bei der Erstattung der Impfstoffe macht. Ich verstehe hier auch nicht, wo der Aufwand für die Apotheken geringer wurde, die Erstattung wird und wurde wieder gekürzt

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.

von Anita Peter am 20.06.2021 um 16:49 Uhr

Wer kontrolliert bei den aktuellen Temperaturen eigentlich den Versand? Die Bundesregierung wollte hier doch ganz genau hinschauen. Wenn Herr Hennrich mit dem Beobachten des AVP Skandals fertig ist, könnte er hier nahtlos in die nächste Beaobachtung übergehen. ( Etwaiges konsequentes Handeln erwartet natürlich keiner )

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Betriebswirtschaftliche Lösung?

von Christiane Patzelt am 20.06.2021 um 16:40 Uhr

Ich erhalte vom BMG 6€ für das Impfzertifikat und die restlichen 12€ zahlt der Patient. Wird nicht jeder prall finden, aber wenn es meinem Betrieb nicht gut geht, hat auch keiner was gewonnen. Dafür gibt es dann begleitetes App-Installieren und Nachkontrolle kostenlos.

Da das Testen eingestellt wurde, freue ich mich auf einen schönen pharmazeutischen Sommer und finde es toll, dass so viele Menschen in Deutschland erleben (durften), was die alte Tante Apotheke so alles flink auf die Beine stellen konnte. Ich für meinen Teil nehme das als Pfund mit, was in künftigen (politischen) Diskussionen was wiegen darf. Sehr viele Kollegen und Kolleginnen haben gezeigt, warum kleine Strukturen wie die Apotheke in Deutschland einen riesen Vorteil bietet -- wir sind affenzahnschnell. Während DM im März etwas von Testzentren brabbelte, hatten wir seit Dezember schon Stäbchen in anderer Leute Nasen. JETZT baut DM Testzentren auf, wo wir unsere schließen wg beschissener Bezahlung - und das finde ich auch ganz konsequent richtig so! Wir haben unseren Preis und den sollten wir auch möglichst halten, denn sonst leidet die Qualität, die Schnelligkeit oder die Zuverlässigkeit. Denn wir können nicht gleichzeitig billig, zuverlässig und schnell sein. Eines der 3 Kriterien tritt immer ins Hintertreffen.

Und Herr Spahn ist bald Geschichte und dann kommt die nächste Nase, die uns das Leben schwer macht, von daher -- lassen wir ihn ziehen. Immerhin brachte er mehr Menschen wieder in die Apotheke vor Ort als ne Nackttänzerin mit Federboa im Schaufenster.

PS: Hört mal auf, kostenlose Kalender zu verteilen, macht der Arzt auch nicht.

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AW: Betriebswirtschaftliche Lösung

von Conny am 20.06.2021 um 17:35 Uhr

Werde meine Nichte mal für die Zukunft fragen, gar nicht so schlecht die Idee mit der Nackttänzerin

Preisfindung

von Lutz Engelen am 20.06.2021 um 15:00 Uhr

Ich benötigte in der letzten Zeit ein Zertifikat der Städteregion Aachen . Dieses war mit einer Rechnung über 15.-€ versehen . Hier wird ein Betrag für eine aus Steuermitteln finanzierte Dienstleistung erhoben und von uns allen akzeptiert. Solange aber viele Kolleginnen und Kollegen der Meinung sind, dass 6.-€ für zusätzliche Dienstleistung für einen heilberuflichen Betrieb ausreichend sind , weil der Image-Gewinn nicht zu verachten ist, macht Politik mit uns was sie will. Es fehlt an Einigkeit , Kollegialität und an einer Führungsperson, die genau das bewirkt.

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Kein Boykott

von Radman am 20.06.2021 um 9:26 Uhr

Die Gewinner unseres Widerstandes wären die Sozis und die Grünen. Ob wir das so wollen, vage ich zu bezweifeln. Klar, muss man protestieren, aber drohen mit Boykott der Impfzertifikate oder „Tacheles reden“, halte ich z. Z. für nicht zielführend. Außerdem sind wir wirklich nicht in der Lage „Tacheles“ zu reden. Das haben wir beim letzten DAT bewiesen. Übrigens: Frau Overwiening war damals auch da!. Also; lassen Sie uns bitte die letzten 2 Monaten vor der Wahl durchhalten.

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AW: Kein Boykott

von Karl Friedrich Müller am 20.06.2021 um 12:12 Uhr

So wie es aussieht, wird sich nichts ändern. Also nur zum Nochschlimmeren. Weil mit Laschet Spahn bleibt.
Bleibt die Frage, ob man sich ernsthaft mit Spahn anlegen will. Noch mehr hassen kann er uns eigentlich nicht. Vielleicht hasst er uns auch nicht, nur mag der halt DocMorris und macht alles für den Konzern.
Wir dürfen nur die Kastanien für ihn aus dem Feuer holen. Dankbarkeit kennt er nicht. Im Gegenteil, wenn es die öffentliche Meinung verlangt, tritt er uns.
Freunde kann der Mann nicht haben. Loyal ist er nur zu sich selbst. Es ist schon erschreckend, mit welchen Charakterzügen man Politiker sein kann und darf, dazu auch noch an der Spitze.

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