Misoprostol in der Frauenheilkunde

Cytotec ist weg – was bleibt?

Stuttgart - 19.04.2021, 07:00 Uhr

Die DGGG meint, es sei falsch, dass durch den erschwerten Zugang zu Cytotec keine Versorgungslücke entstehe. Insgesamt 16 Organisationen haben sich in einem offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und den Präsidenten des BfArM, Professor Karl Broich, gewandt. (Foto: nataliaderiabina / stock.adobe.com)

Die DGGG meint, es sei falsch, dass durch den erschwerten Zugang zu Cytotec keine Versorgungslücke entstehe. Insgesamt 16 Organisationen haben sich in einem offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und den Präsidenten des BfArM, Professor Karl Broich, gewandt. (Foto: nataliaderiabina / stock.adobe.com)


Kein Problem der Geburtseinleitung sondern anderer gynäkologischer Behandlungsfelder

Die DGGG bemängelt also nicht, dass Misoprostol nun in der Geburtseinleitung fehlen wird. Diese Lücke lässt sich (mit Angusta®) offenbar ausreichend schließen. Die Entwicklung wird als „besorgniserregend“ bezeichnet, weil Cytotec® weltweit und auch in Deutschland

  • zur Vorbereitung von Eingriffen an der Gebärmutter, 
  • zur Behandlung von Fehlgeburten und 
  • bei starken Blutungen nach einer Geburt

eingesetzt werde.

Es sei falsch zu behaupten, dass durch den erschwerten Zugang zu Cytotec® keine Versorgungslücke entstehe. Zwar sei mittlerweile zur Geburtseinleitung am Termin ein Misoprostol-Präparat (Angusta®, nicht namentlich genannt) zugelassen, dieses sei aber für andere Indikationen (Blutungen und Fehlgeburten) zu niedrig dosiert: „Für diese Indikationen gibt es keinen adäquaten Ersatz, wenn Cytotec® nicht mehr zur Verfügung stünde“, so die DGGG. Es gelte außerdem zu bedenken, dass die zunehmend in Deutschland von den Frauen gewünschte und im Ausland sehr übliche medikamentöse Alternative zur operativen Ausschabung bei Fehlgeburten oder auch Schwangerschaftsabbrüchen nicht mehr in gleicher Breite wie bisher angeboten werden könne.

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Nun ist es aber so, dass „nach umfassender Abwägung und Entscheidung im Einvernehmen mit der Zulassungsbehörde“, wie Kohlpharma auf Anfrage des Bayerischen Rundfunks und BuzzFeed News Deutschland schrieb, man „gänzlich“ auf die Zulassung von Cytotec® verzichtet habe. Auch das Unternehmen EurimPharm Arzneimittel werde Cytotec® in Deutschland nicht mehr verkaufen, hieß es. Man habe die „kontroverse Diskussion“ verfolgt. Das bedeutet laut den Berichten, dass Kohlpharma ab sofort keine Ware mehr importiert, während EmraMed angab, nur noch die vorhandenen Bestände im Laufe des Aprils zu verkaufen. EurimPharm erklärte, dass bereits in Deutschland befindliche Ware noch abverkauft werden dürfe.

Plante Spahn den Widerruf der Zulassung schon 2020?

Aus dem BR-Bericht geht auch hervor, dass sich sogar Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nach der Berichterstattung im Februar 2020 persönlich eingeschaltet habe. Er habe schon damals den Widerruf der Importzulassung für Cytotec® geplant. Erst jetzt hätten sich die Importunternehmen und das BfArM aber geeinigt. 

Von all diesen Vorgängen wusste die DGGG offenbar nichts, wie DAZ.online erfuhr. Aufgrund der von der DGGG angemahnten Versorgungslücke hat sich DAZ.online selbst an das BfArM gewandt und um Erläuterung der Hintergründe gebeten. Dort wurde betont, dass es sich um keinen „Importstopp im eigentlichen Sinne handle“. Vielmehr hätten die Parallelimporteure auf Anregung des BfArM auf ihre Parallelimport-Zulassungen verzichtet.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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