AvP-Gruppe

Mit weiteren Insolvenzanträgen ist zu rechnen

Stuttgart - 25.09.2020, 10:30 Uhr

Der Insolvenzexperte und Rechtsanwalt Dr. Rainer Eckert präsentierte im gestrigen DAZ-Webcast interessante Einblicke in die Konzernstruktur des angeschlagenen Düsseldorfer Rechenzentrums AvP. .(Foto: DAZ.online / eda)

Der Insolvenzexperte und Rechtsanwalt Dr. Rainer Eckert präsentierte im gestrigen DAZ-Webcast interessante Einblicke in die Konzernstruktur des angeschlagenen Düsseldorfer Rechenzentrums AvP. .(Foto: DAZ.online / eda)


Wie setzt sich AvP zusammen? 

Die AvP-Unternehmensgruppe besteht aus der AvP Service AG, deren alleiniger Anteilseigner Mathias Wettstein ist, mit einem eingebrachten Stammkapital von 600.000 Euro. Der AG untergeordnet sind vier hundertprozentige Tochterunternehmen: 

  • Die AvP Deutschland GmbH wird in der Unternehmensdatenbank der Bankenaufsicht BaFin als Finanzdienstleistungsinstitut geführt. Über sie wickelt AvP die Finanztransaktionen mit den Leistungserbringern ab. Historisch gesehen ist die AvP Deutschland GmbH aus vielen einzelnen Gesellschaften entstanden, die regional organisiert waren. In der AvP Deutschland GmbH werden die Fremdmittel verwaltet und der Abrechnungsprozess koordiniert. Außerdem finden hier der Vertrieb, die Kundenbetreuung sowie das Vertragsmanagement mit den Offizinapotheken statt.
     
  • Über die AvP Dienstleistung GmbH wird die Rezeptabholung organisiert und findet die Datenerfassung der Rezepte im Rahmen des Abrechnungsprozesses statt. Außerdem ist in diesem Tochterunternehmen die Informations- und Belegbereitstellung an Rechnungsempfänger lokalisiert. Das Vertragsmanagement mit den Krankenhausapotheken ist Aufgabe dieser GmbH. Insolvenzrechtler Eckert erwartet „händeringend“ den Insolvenzantrag der AvP Dienstleistung GmbH. So könne sichergestellt werden, dass dort keine Rezepte abfließen.
     
  • In der AvP IT GmbH geht es um Softwareentwicklung und -support, Datenbankmanagement sowie IT-Beschaffung. Außerdem findet hier der Support für die IT-Infrastruktur der AvP-Unternehmensgruppe statt und der technische Support für die Erstellung von Rezept- und Herstellerrabattabrechnung. Geschäftsführer ist AvP-AG-Vorstand Mathias Wettstein.
     
  • Die Dialog im Gesundheitswesen GmbH verwaltet den Zahlungsverkehr mit den Kostenträgern und das Mahnwesen gegenüber Herstellern. Außerdem rechnet sie die pharmazeutischen Herstellerrabatte ab.
     

Dr. Rainer Eckert rechnet damit, dass kurzfristig weitere Insolvenzanträge innerhalb der AvP-Unternehmensgruppe folgen könnten. Denn die anderen Unternehmen der Gruppe seien auf Zahlungen der AvP Deutschland GmbH angewiesen. Darüber hinaus weist er darauf hin, dass Mathias Wettstein eine weitere Firma in Polen hält, mit der eine Software entwickelt und vertrieben wird, die Krankenhausambulanzen in der Abrechnung von Zytostatika unterstützt.

Abrechnungsgelder fehlen in den Bilanzen

Insgesamt zählt die AvP-Unternehmensgruppe 277 Mitarbeiter. Davon sind 57 in der Unternehmenstochter AvP Deutschland GmbH beschäftigt, die 2019 Umsatzerlöse in Höhe von 26,5 Millionen Euro erzielte. In den Büchern befindet sich eine Bilanzsumme von 11 Millionen Euro. Markant: Nicht in den Bilanzen aufgeführt ist das Abrechnungsvolumen von über sieben Milliarden Euro für das vergangene Jahr. Insolvenzrechtler Eckert wertet dies als Indiz dafür, wie diese Beträge nach dem Willen von AvP zu behandeln seien – nämlich nicht als eigene Betriebsmittel, sondern als Fremdgeld.



Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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3 Kommentare

277

von Armin Edalat am 25.09.2020 um 12:11 Uhr

Sehr geehrte Frau Peter,

Achtung: 277 Mitarbeiter sind in der gesamten Unternehmensgruppe beschäftigt. Die Umsatzerlöse beziehen sich auf die insolvente Unternehmenstochter AvP Deutschland GmbH.
Wir grenzen das im Artikel nochmal etwas besser ab.

Viele Grüße
A.Edalat

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AW: 277

von Anita Peter am 25.09.2020 um 12:29 Uhr

OK vielen Dank, dann habe ich das nicht ricchtig rausgelesen.

..

von Anita Peter am 25.09.2020 um 11:49 Uhr

Wenn ich für die 277 MA 70.000 Euro Lohnkosten inkl. AG Anteil p.M. ansetze ( Wahrscheinlich zu niedrig wg. IT Spezialisten, Führungskräften etc etc ) dann ergibt alleine das einen Kostenblock von knapp 20 Mio. Bei 27 Mio Umsatzerlösen hätte jemand eher erkennen können, das hier was schief läuft.

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