BAK zu SARS-CoV-2

Welche Schutzmaßnahmen empfiehlt die Bundesapothekerkammer?

Stuttgart - 17.03.2020, 10:59 Uhr

Welche Empfehlungen der Bundesapothekerkammer (BAK) zu Arbeitsschutzmaßnahmen bei Tätigkeiten in der Apotheke während einer Covid-19-Pandemie setzen die Apotheken um? (t/Foto: imago images / Ralph Peters)

Welche Empfehlungen der Bundesapothekerkammer (BAK) zu Arbeitsschutzmaßnahmen bei Tätigkeiten in der Apotheke während einer Covid-19-Pandemie setzen die Apotheken um? (t/Foto: imago images / Ralph Peters)


Die allgemein notwendigen Hygienemaßnahmen im Rahmen der COVID-19-Pandemie sind mittlerweile (hoffentlich) auch der Allgemeinbevölkerung gut bekannt. Auch dass Sozialkontakte so weit wie möglich vermieden werden sollen, gilt für jeden. Welche Schutzmaßnahmen können und sollten jetzt aber speziell Apotheker treffen? Die Bundesapothekerkammer hat Empfehlungen veröffentlicht.

Seit vergangenem Donnerstag gibt es offizielle Empfehlungen der Bundesapothekerkammer (BAK) zu Arbeitsschutzmaßnahmen bei Tätigkeiten in der Apotheke während einer Covid-19-Pandemie. DAZ.online hat sich diese genauer angeschaut. 

Grundsätzlich gilt die Infektionsgefahr für die Apothekenmitarbeiter in der Offizin laut dem Dokument als erhöht – „aufgrund des Kontaktes zu erkrankten Patienten“.

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Nach dem Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS) wurde die Tätigkeit in der Apotheke in Risikogruppe 3 eingeteilt. Das bedeutet laut „Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit Biologischen Arbeitsstoffen“ (BioStoffV):


Risikogruppe 3: Biostoffe, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen und eine ernste Gefahr für Beschäftigte darstellen können; die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung kann bestehen, doch ist normalerweise eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung möglich.“ 

BioStoffV


Gemäß der Technischen Regel für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA 250, Anhang zur BioStoffV) wurde die Schutzstufe 2 abgeleitet:


Tätigkeiten, bei denen 
 – es regelmäßig und nicht nur in geringfügigem Umfang zum Kontakt mit potenziell infektiösem Material, wie Körperflüssigkeiten, -ausscheidungen oder -gewebe kommen kann,
 
oder 
 
– eine offensichtliche sonstige Ansteckungsgefahr, etwa durch eine luftübertragene Infektion oder durch Stich- und Schnittverletzungen besteht, sind in der Regel der Schutzstufe 2 zuzuordnen.“

TRBA 250


Darauf basierend empfiehlt die BAK entsprechende Schutzmaßnahmen, die DAZ.online auf den folgenden Seiten zusammengefasst hat. Darüber hinaus sollen im Pandemiefall aber auch aktuelle Handlungsempfehlungen der örtlich zuständigen Gesundheits- und Katastrophenschutzbehörde berücksichtigt werden.

Regeln für die Offizin – keine Schutzhandschuhe

1. Entscheidung über Beschäftigungsverbot für Schwangere und Stillende gemäß MuSchG sowie für Jugendliche gemäß JArbSchG treffen.

Bislang gibt es laut Robert Koch-Institut keine Hinweise auf ein besonderes Risiko für Schwangere. Allerdings heißt es auch, dass aufgrund der physiologischen Anpassung und immunologischen Änderungen während der Schwangerschaft eine erhöhte Empfänglichkeit für Infektionen durch SARS-CoV-2 nicht ausgeschlossen werden könne. Zu den Verläufen bei Kindern gibt es ebenfalls nur sehr wenige Daten. Die Verläufe scheinen bei Kindern aber eher mild und unspezifisch zu sein.

2. Mitarbeiter mit Krankheitszeichen, wie z. B. Fieber, Husten und/oder Atemnot, Schüttelfrost, haben die Tätigkeit abzubrechen und sollen die Symptome ärztlich abklären lassen.

3. Mitarbeiter in der Offizin auf die notwendige Zahl beschränken.

4. Räumlichen Abstand zwischen Mitarbeitern und Patienten wahren; ggf. einfache Barrieren auf Gesicht- oder Körperhöhe, z. B. Plexiglasscheiben, sofern die räumlichen Gegebenheiten das zulassen.

5. Ggf. nur eine begrenzte Anzahl Patienten gleichzeitig in die Offizin lassen.

6. Allgemeine Maßnahmen zur Hygiene und zum Arbeitsschutz beachten.

Hier sollen die Regeln angewendet werden, die im Nationalen Pandemieplan für die gesamte Bevölkerung empfohlen werden – wie „Husten und Niesen in die Ellenbeuge“, regelmäßige intensive Raumbelüftung, Vermeidung von Menschenansammlungen (Kino, Märkte, Kaufhäuser ...) usw..

7. Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen (ergänzende Maßnahmen festlegen).

Zur Flächendesinfektion wird die „regelmäßige Desinfektion (mindestens arbeitstäglich und nach Bedarf) von Flächen“ empfohlen, die besonders häufig in Kontakt mit Patienten kommen bzw. durch Aerosolbildung kontaminiert werden: Türgriffe, Nachtdienstklingel und -schalter, HV-Tisch, Broschürenständer im HV-Bereich.

Für Flächendesinfektion kleinerer Bereiche, die durch Patientenkontakt kontaminiert sein könnten sollen gebrauchsfertige alkoholische Schnelldesinfektionsmittel angewendet werden: Dazu soll ein sauberes Tuch mit alkoholischem Desinfektionsmittel satt getränkt werden. Die zu desinfizierenden Flächen oder Gegenstände sollen dann in schneller Folge gründlich benetzt und abgewischt werden. Anschließend muss man alles vollständig abtrocknen lassen – HV-Tische also vorübergehend gesperrt werden. Für die Flächendesinfektion sollen Schutzhandschuhe getragen werden.

8. Hautschutz- und Händehygienemaßnahmen (ergänzende Maßnahmen festlegen).

Schmuck, Uhren und ähnliches müssen abgelegt werden. Zur Händedesinfektion wird geraten, wenn direkter Kontakt mit erkrankten Patienten oder Verdachtsfällen, direkter Kontakt mit kontaminierten Gegenständen (z.B. Geld, Rezept, Taschentücher) bestand oder nicht auszuschließen ist – und vor der Nahrungsaufnahme.

Für die kontinuierliche Händedesinfektion im HV-Bereich sollen ein persönliches Händedesinfektionsmittel oder Direktspender bereitgehalten werden (mit Ellenbogen bedienbar, ohne Handkontakt).

Das Tragen von Schutzhandschuhen aus hygienischen Gründen wird in der Offizin ausdrücklich nicht empfohlen. Ansonsten sollen bei Tragezeiten über 10 Minuten möglichst Baumvollhandschuhe untergezogen werden oder Schutzhandschuhe mit eine Innenbeschichtung aus Baumwolle zum Einsatz kommen. Das durchgehende Tragen von Schutzhandschuhen sollte auf max. 2 Stunden täglich begrenzt werden. Nach Ablegen der Handschuhe sollten die Hände desinfiziert werden.

9. Geeigneten Arbeitskittel und Mund-Nasen-Schutz tragen.

Der Arbeitskittel soll so viel unbedeckte Haut und Privatkleidung der Beschäftigten bedecken wie möglich. Gegebenenfalls werden Schutzkittel zum Einmalgebrauch empfohlen. Arbeitskittel müssen bei mindestens 60°C gewaschen werden. Es sollte einen Bereich geben, in dem die gebrauchte Schutzausrüstung gewechselt und abgelegt wird. Pausen- und Sozialraum dürfen nicht mit Arbeits-/Schutzkleidung betreten werden.

Das Tragen eines Atemschutzes wird bei Tätigkeiten mit Patientenkontakt empfohlen. Dabei wird auf den ressourcenschonenden Einsatz gemäß RKI verwiesen – also auch die Notmaßnahmen zur Wiederverwendung von Schutzmasken bei Lieferengpässen. Grundsätzlich soll der Mundschutz bei Durchfeuchtung gewechselt werden und ansonsten nicht länger als einen Arbeitstag von acht Stunden getragen werden. Laut BAK gibt es keine Evidenz „für wirksameren Schutz partikelfiltrierender Halbmasken (FFP2) gegenüber Mund-Nasen-Schutz“.

Infektionsgefahr im Botendienst

Manche Apotheken bieten als risikoreduzierende Maßnahme bereits verstärkt den Botendienst an. Hier gilt jedoch zu beachten, dass „eine potenzielle Infektionsgefahr“ durch den direkten Kontakt mit dem Erkrankten auch für „Apothekenmitarbeiter, die im Rahmen des Botendienstes (Home Service) Arzneimittel an Covid-19-erkrankte Patienten nach Hause liefern“ besteht.

Im schlimmsten Fall, werden die Arzneimittel dabei direkt an Patienten in Quarantäne oder tatsächlich an Covid-19 erkrankte Patienten geliefert. „Nach Möglichkeit sollten jedoch nichtbetroffene Menschen aus dem Umfeld der Erkrankten bzw. der Verdachtsfälle die Arzneimittel in der Apotheke abholen“, heißt es in der Empfehlung der BAK.

Abweichend zu den bereits genannten Punkten für die Offizin werden dort folgende Schutzmaßnahmen empfohlen:

  • Möglichst den direkten Kontakt mit dem Patienten vermeiden; Wohnung nicht betreten; räumlichen Abstand zum Patienten wahren; dem Patienten nicht die Hand geben.
  • Evtl. entgegengenommene Rezepte in verschließbare Plastiktüten verpacken.

Infektionsgefahr für das Reinigungspersonal

Durch „den Kontakt mit kontaminierten Flächen und ggf. kontaminiertem Abfall“ sieht die BAK-Empfehlung während der Covid-19-Pandemie auch für das Reinigungspersonal eine potenzielle Infektionsgefahr.

Abweichend zu den bereits genannten Punkten für die Offizin werden dort folgende Schutzmaßnahmen empfohlen:

  • Abfallbehältnisse sollten verschlossen und flüssigkeitsdicht sein.
  • Abfall geschlossen entsorgen; keine nachträgliche Trennung vornehmen.
  • Geeigneten Arbeitskittel und Schutzhandschuhe tragen.


Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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4 Kommentare

Empfehlungen

von Christian Reinfeld am 17.03.2020 um 21:59 Uhr

Es ist doch immer wieder beruhigend kluge Köpfe im Hintergrund zu wissen, die uns sagen, wie wir zu arbeiten haben. Da ist von Atemschutzmasken die Rede, von Desinfektionslösungen und HV-Barrieren. Doch verfügbar ist nichts. Täglich riskieren wir unsere Gesundheit, arbeiten im Ausnahmezustand, ständig im Laufschritt, kompensieren die Arbeit fehlender (kranker?) Kollegen, drehen und wenden uns, um all den bürokratischen Vorschriften halbwegs gerecht zu werden und haben dabei kaum Zeit, um auf die Toilette zu gehen und uns den Hintern abzuwischen.
Deshalb meine Aufforderung: Entlastet uns von allem bürokratischen Sch… und sorgt für Material, damit wir wenigstens zügig unserem Versorgungsvertrag nachkommen können! Zum Wohle der Volksgesundheit.
Denn wer soll die Bevölkerung versorgen, wenn wir reihenweise umkippen?

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Genau

von N.E am 21.03.2020 um 7:01 Uhr

Genauso ist es! Es ist vieles nicht lieferbar zum Beispiel Mundschutz und Desinfektionsmittel!! Eigentlich können wir ohne Mundschutz auch keine Rezeturen mehr anfertigen!!! Dann die vielen Dauerdefekte die täglich mehr werden. Die Rabattverträge müssen komplett ausgesetzt werden. Oder muss erst ein Chef der AOK Bayern erkranken oder ein Herr Spahn!

Mitarbeiterschutzmasken

von Conny am 17.03.2020 um 12:09 Uhr

So ein Pech, habe meine 20000 Masken vor zwei Wochen verkauft :)). Ps: eine schöne Geschichte: eine Kundin sagte ihr Doc Morris Päckchen wäre noch nicht da, was sie machen sollte ? Sie wurde von anderen Kunden beschimpft und sollte uns nicht aufhalten.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Danke Kollegen und Kolleginnen

von Jan Kusterer am 17.03.2020 um 11:53 Uhr

Liebe Kollegen und Kolleginnen,
Wir sind GROßARTIG und leisten Unglaubliches VOR ORT in der aktuellen Situation. Habe noch nie so oft wie in den letzten Tagen von Kunden gehört: "Danke, dass sie vor Ort sind und bitte bleiben sie gesund!". Bleibt fit und gesund!
Erst Selbstschutz!

Ob das von von der Politik oder eigenen Vertretern gewürdigt wird, ist mir aktuell pupsegal.

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