David gegen Goliath

Modekette „New Yorker“ geht gegen Amazon vor

München - 27.08.2019, 17:44 Uhr

Friedrich Knapp, Chef der Modekette New Yorker, geht gerichtlich gegen Amazon vor. (Foto: dpa)

Friedrich Knapp, Chef der Modekette New Yorker, geht gerichtlich gegen Amazon vor. (Foto: dpa)


Dem Onlinekonzern Amazon droht Ärger durch einen kleineren Wettbewerber: Der Chef des deutschen Modeunternehmens New Yorker, Friedrich Knapp, wirft dem Versandhändler vor, dass ein Großteil der über die Online-Plattform verkauften Kleidung nicht dem Textilkennzeichnungsgesetz entspricht. Schon 2018 hatte sich New Yorker in einer einstweiligen Verfügung wegen Plagiatsverkauf gegenüber Amazon durchgesetzt. Die Verfahren könnten Zeichen setzen im Umgang mit dem Versandriesen – auch auf dem Apothekenmarkt, den Amazon vor allem in den USA im Blick hat.

Amazon verändert durch seine Online-Plattform bereits seit Jahren das Einkaufsverhalten der Menschen. Systematisch besetzt der Konzern eine Produktgruppe nach der anderen und bringt damit den Einzelhandel in Bedrängnis. Inzwischen ist auch die Textilbranche davon betroffen. Dies will sich der Inhaber der Braunschweiger Modekette New Yorker nicht gefallen lassen. Friedrich Knapp plant, gegen den Online-Riesen juristisch vorzugehen. 

Als Grund nennt er in einem Interview mit der „TextilWirtschaft“, dass ein Großteil der Ware bei Amazon nicht dem Textilkennzeichnungsgesetz entspreche. Zu diesem Ergebnis sei er gekommen, nachdem er Testware, vor allem Marktplatzware aus China, begutachtet habe. Unter den 20 bestellten Teilen solle kein einziges verkehrsfähig gewesen sein. „Einstweilige Verfügung, Abmahnung, alles, was das Rechtssystem so hergibt“, droht er nach Angaben des Fachmagazins dem Konzern nun an.

Knapp: Unfairer Wettbewerb

Dabei geht es Knapp um viel mehr. Er kritisiert den nach seiner Ansicht unfairen Wettbewerb, dem der Einzelhandel gegenüber dem Online-Handel ausgesetzt sei. Zudem bemängelt er, dass die Politik und die Verbände nichts dagegen tun würden. Viele Unternehmen fühlten sich seiner Ansicht nach ohnmächtig und dächten, sie hätten keine Chance gegen den übermächtigen Goliath Amazon. 

Doch dass kleine Chancen bestehen, den Online-Riesen zumindest an der ein oder anderen Stelle in seine Schranken zu weisen, zeigte der Modeanbieter schon in der Vergangenheit: Knapp zog 2017 gegen Amazon vor Gericht. Dabei ging es um T-Shirts einer Eigenmarke von New Yorker, die von einem polnischen Händler gefälscht und auf Amazon verkauft wurden. Wie die Braunschweiger Zeitung im August berichtete, gewann Knapp das Verfahren. Das Oberlandesgericht Braunschweig habe zudem in einer weiteren Instanz eine Rechtsbeschwerde des US-Konzerns abgewiesen. Das Modeunternehmen habe damit eine einstweilige Verfügung durchsetzen können, die Amazon dazu zwang, sowohl Informationen über den polnischen Händler als auch über interne Prozesse offen zu legen.

Amazon in den USA schon im Apothekenmarkt aktiv

Was die Textilindustrie gerade erlebt, droht auch der Arzneimittelbranche. Nachdem Amazon die US-Online-Apotheke PillPack vor rund einem Jahr übernommen hat, steht der Online-Gigant in den USA mit einem Bein schon im Apothekenmarkt. Im April dieses Jahres wurde bekannt, dass Amazon in den USA mit der Vermarktung des Arzneimittel-Versandhandels beginnt. Immer wieder berichten US-Medien über Amazons Pläne in der Arzneimittelversorgung. Zuletzt war darüber spekuliert worden, ob Amazon/PillPack bereits direkte Gespräche mit Blue Cross Blue Shield begonnen hat, einem Verbund von 36 Krankenversicherern, bei denen insgesamt 100 Millionen Amerikaner versichert sind.

Auch in Deutschland hat Amazon bereits erste Schritte im Apothekenmarkt unternommen: Zahlreiche Pharmazeuten kooperieren hierzulande mit dem US-Konzern und bieten über die Plattform OTC-Arzneimittel an. Die Angebote sind auch Gegenstand von Gerichtsverfahren. Die Apotheker sorgen sich um Datenmissbrauch und davor, dass innerstädtische Strukturen verloren gehen könnten.

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Ein ähnliches Argument führt auch der Modeunternehmer Friedrich Knapp ins Feld. Er befürchtet erodierte Innenstädte, die seiner Ansicht nach auch nicht durch die dann nur noch vorhandenen „Dönerbuden, Handyläden und Coffee-Shops“ am Leben gehalten werden können.

„New Yorker“, 1971 gegründet, ist nach eigenen Angaben eine der größten international agierenden Modemarken mit über 1000 Filialen in 44 Ländern.18.000 Mitarbeiter arbeiten für das Unternehmen, das seine Mode zwar online präsentiert, jedoch konsequent nur in stationären Shops verkauft. Offenbar derzeit noch mit Erfolg: Nach eigenen Angaben befindet sich das Unternehmen kontinuierlich auf Wachstumskurs.



Mareike Spielhofen, Autorin, DAZ.online
daz-online@deutscher-apotheker-verlag.de


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