FDP-Antrag abgelehnt

Vorerst kein Export von „Cannabis made in Germany“

Berlin - 09.05.2019, 14:40 Uhr

Die Liberalen sehen im Medizinalhanf-Export miliardenschweres Potenzial. Doch der FDP-Antrag wurde am gestrigen Mittwoch im Gesundheitsausschuss abgelehnt. ( r / Foto: imago images / Panthermedia)

Die Liberalen sehen im Medizinalhanf-Export miliardenschweres Potenzial. Doch der FDP-Antrag wurde am gestrigen Mittwoch im Gesundheitsausschuss abgelehnt. ( r / Foto: imago images / Panthermedia)


Lange bevor das BfArM die ersten Zuschläge für den deutschen Cannabisanbau erteilte, hatte die FDP-Bundestagsfraktion gefordert, den Export zu ermöglichen. Einer Pressemitteilung zufolge wurde der Antrag der Freien Demokraten am gestrigen Mittwoch im Gesundheitsausschuss von Union und SPD nun abgelehnt. 

Der milliardenschwere Medizinalhanf-Markt ist immer noch auf Wachstumskurs. Wer medizinisches Cannabis in reproduzierbarer GMP-Qualität produzieren und dann auch noch zuverlässig liefern kann, braucht sich um Abnehmer nicht zu sorgen. Sollte auch Deutschland mit „Cannabis made in Germany“ auf den Zug aufspringen?

FDP: Regierungsfraktionen verhindern Erschließung neuer Märkte

Das dachte sich die FDP-Bundestagsfraktion und forderte im Oktober 2018, den Export von medizinischem Cannabis, das künftig in Deutschland angebaut werden soll, zu ermöglichen. Außerdem solle die Bundesregierung eine „wissenschaftlich fundierte und belastbare Prognose über den Bedarf an Medizinalcannabis“ erstellen. Anhand dieses Forecasts ließe sich die geplante Anbaumenge bedarfsgerecht erhöhen. Am gestrigen Mittwoch wurde der Antrag der Liberalen im Gesundheitsausschuss von Union und SPD abgelehnt.

Hauptantragssteller und drogenpolitischer Sprecher der FDP -Bundestagsfraktion, Dr. Wieland Schinnenburg, kritisiert diese Entscheidung in einer Pressemitteilung: „Der Bedarf an Medizinalcannabis steigt weltweit, aber Deutschland produziert nicht einmal genügend Medizinalcannabis für die Versorgung der eigenen Bevölkerung. Die Regierungsfraktionen beweisen wieder einmal, dass sie die Erschließung neuer Märkte behindern.“ Der FDP-Gesundheitspolitiker betonte, dass sich seine Fraktion weiterhin für Cannabis made in Germany stark machen wolle.

SPD: „Unsichere Entwicklungen“

Was hat eigentlich zu der Ablehnung geführt? DAZ.online hat stellvertretend dazu Dirk Heidenblut, den drogenpolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, befragt. Zum einen sei eine wissenschaftlich fundierte Prognose für den Bedarf in Deutschland kaum machbar, erklärte der SPD-Gesundheitspolitiker. „Die massiven Fehleinschätzungen, die dem Gesetz zur medizinischen Nutzung voraus gingen, sind dafür sicher ein Beleg, zudem arbeiten wir ja auch gerade mit dem GSAV an weiteren Verbesserungen hinsichtlich der Genehmigungspraxis, auch deren Auswirkungen sind aktuell kaum solide vorherzusagen“, so Heidenblut.

Auch bei der Idee, die Anbaumengen zu erhöhen und für den Export freizugeben, hat der Fachpolitiker Bedenken: „Das halten wir in der derzeitigen, von sehr unsicheren Entwicklungen geprägten, Weltmarktlage für wenig sinnvoll. Zudem macht es grundsätzlich Sinn zunächst die Versorgung im Inland in den Fokus zu nehmen und abzusichern. Das Ziel ist die vernünftige und sichere Versorgung der Patientinnen und Patienten.“

Wie motiviert ist das BfArM?

Als die Liberalen den Antrag gestellt hatten, lag der Cannabisanbau noch in weiter Ferne. Inzwischen, im zweiten Anlauf und nach einigen Hürden, hat das BfArM kurz vor Ostern einen Teil der Lizenzen vergeben, nämlich an die deutschen Dependancen der kanadischen Konzerne Aphria und Aurora. Es scheint allerdings, als hätte die Versorgung mit Cannabisblüten für die Bundesbehörde nicht gerade höchste Priorität. So erklärte BfArM-Präsident Professor Karl Broich wenige Tage nach der Zuschlagsvergabe gegenüber dem Handelsblatt, dass der regulatorische „Sonderweg“ der Blütentherapie eine Überganslösung sei. Das BfArM werde Unternehmen, die cannabisbasierte Fertigarzneimittel zulassen wollen, „unterstützen“ – in welcher Form, thematisierte er nicht.

Wie hoch ist der Bedarf tatsächlich?

Eine Bedarfsprognose für medizinisches Cannabis gibt es derzeit nicht. Auch bei der Auswertung retrospektiver Statistiken gibt es Limitationen. So befinden sich Behandler und Kostenträger immer noch in einer Art Lernkurve bei der Umsetzung des Cannabisgesetzes. Dies zeigt sich darin, dass die Zahl der Kassenrezepte, die im vergangenen Jahr bei rund 145.000 lag, immer noch steigt. Die Zahl der Privatverordnungen ist unbekannt.

Im vergangenen Jahr wurden laut BfArM für die direkte Patientenversorgung über die Apotheken aus Kanada und den Niederlanden 3.130 kg Cannabisblüten importiert. Auch hier könnten Lieferschwierigkeiten die Importmengen begrenzt haben. Das BfArM sieht für den geplanten deutschen Anbau eine jährliche Anbaumenge von 2.600 kg vor.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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