Reaktion auf Spahns Pläne

Belgardt schlägt vor: Zusätzliche Abschläge für Versender

Berlin - 21.12.2018, 09:00 Uhr

Berlins Kammerpräsident Dr. Christian Belgardt schlägt vor, dass die EU-Versender zusätzliche Abschläge zahlen sollten, wenn sie weiterhin Rx-Boni anbieten wollen. (Foto: Schelbert)

Berlins Kammerpräsident Dr. Christian Belgardt schlägt vor, dass die EU-Versender zusätzliche Abschläge zahlen sollten, wenn sie weiterhin Rx-Boni anbieten wollen. (Foto: Schelbert)


Zusätzliche Abschläge für Versender zugunsten eines Fonds für pharmazeutische Dienstleistungen von Vor-Ort-Apotheken wären eine geeignete Alternative zu den jüngsten Plänen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, meint Dr. Christian Belgardt, Präsident der Apothekerkammer Berlin. Damit würden Boni nicht im deutschen Recht verankert, aber den Versendern würde es wirtschaftlich erschwert, Boni an Patienten zu gewähren.

Dr. Christian Belgardt, Präsident der Apothekerkammer Berlin, geht in seinem Editorial zum aktuellen Rundschreiben der Kammer auf die jüngsten Vorschläge von Bundesgesundheitsminister Spahn ein. Darin bekräftigt Belgardt, dass die Apotheker weitere Vergütungselemente für ihre Honorierung brauchen. „Der Fonds wäre da ein erster wichtiger Schritt“, aber er reiche nicht als Ersatz für verlorenen Umsatz und Ertrag. Zugleich beklagt Belgardt, dass der Minister nun Boni ausländischer Versender im deutschen Recht regeln will. Damit „adelt er den jahrelangen Rechtsbruch ‚Boni für Rx‘ durch ausländische Versender“, folgert Belgardt.

Gleich lange Spieße auf der Kostenseite

Stattdessen macht Belgardt einen anderen Vorschlag, der im Einklang mit dem EuGH-Urteil stehe. Dazu erklärt er: „Wenn denn die Gleichpreisigkeit durch ein vollständiges Verbot von Boni oder ein Verbot des Versandhandels für Rx-Arzneimittel rechtlich und politisch nach Willen und Meinung des Ministers nicht durchsetzbar ist, müssen gleich lange Spieße eben auf der Kostenseite hergestellt werden.“ Dazu sollten abhängig vom Arzneimittelpreis 2,50, 5 oder 10 Euro als zusätzlicher Abschlag erhoben werden. Die Versender würden solche Beträge derzeit als Boni an die Patienten gewähren und könnten diese durch ihre besseren Kostenstrukturen finanzieren.

Da die Versender viele Gemeinwohlpflichten nicht erbringen, würden sie Kosten sparen, aber dies rechtfertige zugleich einen Abschlag vom Preis, weil sie nur ein eingeschränktes Leistungsangebot bieten. Die zusätzlichen Abschläge sollten zum Kassenabschlag von 1,77 Euro hinzukommen. Im Gegensatz zu diesem sollten sie aber nicht an die Krankenkassen fließen, sondern in den Fonds, den Spahn für die Finanzierung neuer pharmazeutischer Dienstleistungen der Vor-Ort-Apotheken vorgeschlagen hat.

Keine Anerkennung von Boni im deutschen Recht

Wenn Versandapotheken aufgrund des EuGH-Urteils dann weiter Boni gewähren wollten, müssten die deutschen Apotheker das bis zu einem anderslautenden Urteil des EuGH dulden, erklärt Belgardt. Doch „eine von Spahn ins Auge gefasste Regelung von Boni im deutschen Recht würde den Zustand zementieren und deshalb darf es eine solche Regelung nicht geben“, so Belgardt weiter.

Abschläge an der Realität orientiert

Gegenüber DAZ.online erläuterte Belgardt seinen Vorschlag. Er verwies darauf, dass der EuGH das andere Leistungsspektrum der Versender betont habe. Darum seien Abschläge vom Preis gerechtfertigt. Dazu erklärte Belgardt: „Die Höhe der Abschläge orientiert sich an der Realität“, also an den von Versendern gewährten Boni. Weiter erklärte Belgardt, damit würden Boni im deutschen Recht nicht anerkannt und könnten doch im Ausland weiter gewährt werden. Doch die wirtschaftlichen Möglichkeiten der Versender für solche Nachlässe würden eingeschränkt, weil sie auch die zusätzlichen Abschläge leisten müssten. Belgardt ließ offen, ob der vorgeschlagene zusätzliche Abschlag auch für deutsche Versender gelten solle. Diese würden zwar ihre Gemeinwohlpflichten nur am Ort der Offizin erbringen, aber das EuGH-Urteil beziehe sich gerade auf ausländische Anbieter.

Anreizverträgliches Konzept

Aus ökonomischer Sicht erscheint an dem Vorschlag die Anreizverträglichkeit bemerkenswert. Zusätzliche Abschläge zugunsten der Krankenkassen könnten Anreize schaffen, Patienten zu Versendern zu steuern. Doch dies entfällt, wenn die Abschläge in einen Fonds zur Vor-Ort-Versorgung fließen.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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4 Kommentare

Abschäge zugünsten Vor-Ort-Apotheke

von Dr. Radman am 21.12.2018 um 10:52 Uhr

Guter Vorschlag.

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AW: Abschläge zugunsten Vor-Ort-Apotheke

von Dr. Radman am 21.12.2018 um 10:56 Uhr

Korrektur!

nutzt nix

von Karl Friedrich Müller am 21.12.2018 um 9:10 Uhr

ich bin überzeugt, dass die Versender wie im OTC Bereich auch im Rx Bereich notfalls keine Gewinne bzw Verluste in Kauf nehmen, um auf Biegen und Brechen Marktanteile zu erlangen und die Konkurrenz vor Ort zu vernichten.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: nutzt nix

von Hermann Eiken am 21.12.2018 um 11:05 Uhr

-- Vielleicht nutzt das auf Dauer nichts, aber es sind Maßnahmen, die den Auslands-Versendern das Geschäft nicht leichter machen. Man muss es anscheinend wirklich auf eine Wiederaufnahme ankommen lassen, um das EUGH- Urteil nochmal zu revidieren. Dafür darf man Wildwest im Ausland nicht mit Wildwest im Inland bekämpfen!!-- Das muß auch Spahn einsehen, wenn er es ehrlich meint, und dem Koalitionsvertrag gerecht werden will!-- Also seine guten Vorschläge annehmen und ausfüllen, und das GIFT der BONI und der unkontrollierbaren Versand-Grenze eliminieren. Nur das kann die Lösung sein!

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